Jane Austen a gâché ma vie - Jane Austen und das Chaos in meinem Leben
- Walter Gasperi

- vor 1 Tag
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Das Gefühlsleben einer eigenwilligen Pariser Mittdreißigerin, die für die Romane von Jane Austen schwärmt, gerät während eines Schreibwettbewerbs in der englischen Jane Austen Residency in Bewegung: Charmante, von einer großartigen Hauptdarstellerin getragene Komödie, die geschickt Motive der Romane Jane Austens in die Gegenwart überträgt.
Manche Filme brauchen Zeit, bis man in ihre Welt eindringt, andere haben die Zuschauer:innen schon mit der ersten Szene am Haken. "Jane Austen a gâché ma vie" gehört zweifellos zur zweiten Sorte. Wie nämlich die Mittdreißigerin Agathe (Camille Rutherford) in der ersten Szene sich vom traurigen Liebessong "Cry to Me" mitreißen lässt, ihn mitsingt und dazu durch die legendäre Pariser Buchhandlung Shakespeare and Company, in der sie arbeitet, tanzt, nimmt sofort für diese Komödie und ihre eigenwillige Protagonistin ein.
Wie Regisseurin Laura Piani, die während ihres Studiums selbst in dieser auf englischsprachige Literatur spezialisierten Buchhandlung gearbeitet hat, in ihrem Kinodebüt die Bücherregale filmt, lässt auch ihre Liebe zur Literatur spüren. Nicht nur hier beweist Piani, aber ein hervorragendes Gefühl für die Inszenierung von Schauplätzen, sondern genau fängt sie auch die Wohnung ein, in der Agathe mit ihrer Schwester und deren sechsjährigem Sohn Tom lebt. Prägnanten Gegenpol dazu wird die Französin dann aber auch mit dem englischen Herrensitz und dessen Park schaffen, in den Agathe zu einem Schreibwettbewerb eingeladen wird.
Die ersten Kapitel ihres Romans hat die Buchhändlerin, die glaubt im falschen Jahrhundert zu leben und der die Welt von Jane Austen viel näher ist als die Gegenwart, aber nicht selbst eingereicht, sondern ihr Arbeitskollege und bester Freund Felix (Pablo Pauly). So lehnt sie zunächst auch eine Reise zur Jane Austen Residency nach England ab, kann aber von Felix schließlich doch dazu gedrängt werden. Mit einem Abschiedskuss kommt dabei bei Camille, die seit Jahren keine Beziehung mehr gehabt hat, aber auch die Frage auf, ob sie vielleicht doch tiefere Gefühle für den langjährigen Bekannten hegt.
Gegenpol zu Felix ist in England Jane Austens Nachfahre Oliver (Charlie Anson), der Agathe vom Bahnhof abholt. Nicht nur England und Frankreich treffen hier aufeinander, sondern Agathes Liebe zu Jane Austen steht auch Olivers Geringschätzung der berühmten Autorin gegenüber und ihrer Schroffheit seine Versnobtheit…
Getragen von der noch unverbrauchten Camille Rutherford, die Agathe mit einer hinreißenden Mischung aus Charme und Eigensinn spielt, entwickelt Piani eine feinsinnige Komödie, bei der sie geschickt Motive der Romane Jane Austens, vor allem von "Stolz und Vorurteil", in die Gegenwart transponiert. Eingebettet ins malerische Ambiente des englischen Herrensitzes stehen auch hier nämlich Olivers Stolz und Camilles Vorurteil einer Beziehung zunächst im Wege – und zudem muss sich Camille auch noch über ihre Gefühle für Felix klar werden.
Mit sanftem und liebevoll-warmherzigem Blick nicht nur auf die Protagonistin, die sich selbst als modernes Pendant der altjüngferlichen Anne Eliot in Austens letztem Roman "Persuasion" sieht, die an ihrer Existenz vorbeilebt und wie eine Blume, die vergessen wurde, verwelkt, erzählt Piani so leichthändig von einer Selbstfindung durch Überwindung von Ängsten, Unsicherheit und Trauma.
Details wie Olivers Eltern als schon älteres Gastgeberpaar, das die Teilnehmer:innen des Schreibwettbewerbs bestens betreut, zwei Lamas, aber auch Camilles Schreibkolleg:innen sorgen dabei immer wieder für Witz. Gleichzeitig trägt auch der fließende Wechsel zwischen Französisch und Englisch sowie die in warmes Licht und Farben getauchten Bilder, bei denen Agathes tiefroter Pullover und Shirts Akzente setzen, zur stimmigen Atmosphäre bei.
Leichthändig mischt Piani aber auch Gespräche mit den anderen Schriftsteller:innen darunter, in denen die Rolle der Literatur diskutiert wird. Während Agathes Kolleg:innen dabei die politische, gesellschaftskritische und feministische Funktion in den Vordergrund stellen, betont sie selbst – und mit ihr wohl auch die Regisseurin - die Rolle von Literatur als Lebenshilfe, die – wie ihr Vater immer sagte – das einzige Mittel sei, das Ordnung in das phänomenale Chaos der Gedanken und Gefühle bringe.
Etwas sprunghaft und kurzatmig mag die Erzählweise gegen Ende hin sein, dennoch bezaubert diese feinsinnige romantische Komödie, die mit einem Kurzauftritt des legendären 95-jährigen Direct Cinema-Großmeisters Frederick Wiseman als Rezitator eines Gedichts einen ebenso markanten wie bewegenden Schlusspunkt setzt.
Jane Austen a gâché ma vie – Jane Austen und das Chaos in meinem Leben Frankreich 2024 Regie: Laura Piani mit: Camille Rutherford, Pablo Pauly, Charlie Anson, Annabelle Lengronne, Liz Crowther, Alan Fairbairn Länge: 98 min. Läuft derzeit in den Kinos, z.B. im Kino GUK in Feldkirch.
Kinothek extra in der Kinothek Lustenau: Mo 24.11., 18 Uhr + Mi 3.12., 20 Uhr LeinwandLounge in der Remise Bludenz: Mi 4.3., 19 Uhr
Trailer zu "Jane Austen a gâché ma vie - Jane Austen und das Chaos in meinem Leben"




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