Bertrand Tavernier setzt bei seiner 2009 entstandenen Verfilmung eines Krimis von James Lee Burke nicht auf klassische Spannungsdramaturgie, sondern folgt vielmehr mäandernd den Wegen des ermittelnden Detectives Dave Robicheaux. Bei Pidax Film ist das gelassen inszenierte und atmosphärisch dichte Krimidrama auf DVD und Blu-ray erschienen.
Über 20 Krimis mit Detective Dave Robicheaux als Hauptfigur hat der 1936 geborene Texaner James Lee Burke geschrieben. Sein Krimi "Im Schatten der Mangroven" erschien schon 1993, doch Bertrand Tavernier verlegt die Handlung in die Zeit nach dem Hurrikan Katrina (2005). Eine ganz eigene Stimmung entwickelt sich so, wenn man nicht nur mehrfach zerstörte Häuser sieht, sondern Robicheauxs Frau sich auch bei einem Sozialprojekt zum Wiederaufbau engagiert.
Die Erzählperspektive ist mit Robicheauxs Voice-over (Tommy Lee Jones) von Anfang an vorgegeben. Auf Schritt und Tritt folgt Tavernier dem Ex-Alkoholiker bei seinen Ermittlungen. Am Beginn steht so der Fund der Leiche eines 19-jährigen Mädchens, aber bald kommen dazu nicht nur weitere Frauenmorde, sondern mit einem Leichenfund in den Sümpfen auch ein 40-Jahre zurückliegender Mord an einem Afroamerikaner.
In zwei Richtungen muss Robicheaux so ermitteln. Dabei taucht er auch in eine Filmproduktion ein, die vom mafiösen Julie „Baby Feet“ Balboni (John Goodman), mit dem der Detective in seiner Jugend befreundet war, finanziert wird. Dieser Dreh eines Films über den Amerikanischen Bürgerkrieg löst bei Robicheaux aber auch wieder halluzinatorische Begegnungen mit dem Südstaatengeneral John Bell Hood aus, der dem Cop Tipps für seine Ermittlungen und die richtige Einstellung zu Job und Leben gibt.
Statt stringent die Handlung zu entwickeln, weicht Tavernier so immer wieder ab. Viel Raum lässt der Franzose nicht nur einem meist alkoholisierten oder eingerauchten jungen Schauspieler und dessen Geliebten, sondern auch dem Familienleben Robicheauxs mit Frau und Adoptivtochter. Gleichzeitig macht er im zurückhaltenden Verhalten von Afroamerikaner:innen, die nicht wagen dem Polizisten ihr ganzes Wissen preis zu geben, den immer noch gärenden Rassismus spürbar.
So gelassen Robicheaux ermittelt so gelassen und mäandernd inszeniert auch Tavernier. An klassischer Spannungsdramaturgie ist er nur in Ansätzen interessiert. Er entwickelt vielmehr aus vielen Details und einzelnen Szenen ein weitgefächertes Porträt dieses von Sümpfen durchzogenenen Südstaaten-Ambientes und seines von Tommy Lee Jones wunderbar trocken gespielten Protagonisten, der - um ans Ziel zu kommen - bei seinen Ermittlungen durchaus auch kräftig zuschlägt und sogar Beweise fälscht.
Eine ganz eigene Note erhält "In the Electric Mist" dabei auch dadurch, dass in den imaginierten Begegnungen Robicheauxs mit dem Südstaatengeneral Vergangenheit und Gegenwart verschwimmen und sich die Zeit förmlich aufzulösen scheint.
An Sprachversionen bieten die bei Pidax Film erschienene DVD und Blu-ray die englische Originalfassung, zu der deutsche Untertitel zugeschaltet werden können, sowie die deutsche Synchronfassung. Die Extras beschränken sich auf den Trailer, ein rund 30-minütiges Making-of mit ausführlichen Interviews mit Bertrand Tavernier, Kameramann Bruno de Keyzer und den Schauspieler:innen sowie eine Sammlung von entfallenen Szenen.
Trailer zu "In the Electric Mist"
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