Coky Giedroycs Verfilmung des Musicals "Greatest Days" bietet mit zahlreichen Songs der britischen 1990er-Jahre Boygroup "Take That" lustvolles Sommerkino vor allem für ein weibliches Publikum, erzählt aber, getragen von unverbrauchten und spielfreudigen Schauspieler:innen, auch berührend von Kraft und Wert der Freundschaft.
In den 1990er Jahre zählte die 1989 in Manchester gegründete Pop-Band "Take That" zu den angesagtesten Boy-Groups. Mit den Studioalben "Everything Changes" (1993) und "Nobody Else" (1995) landete sie internationale Hits, ehe sich die Band 1996 auflöste, 2005 dann aber doch wieder neu formierte. Nach dem Muster von "Mamma Mia! schrieb so der Brite Tim Firth 2017 um zahlreiche Songs von "Take That" das Bühnenmusical "Greatest Days", das Coky Giedroyc nun verfilmte.
Ein Reunionkonzert der Band, die im Film "The Boys" heißt, etwa im Jahr 2017 bildet den Auslöser der Handlung. Denn die britische Krankenschwester Rachel (Aisling Bea) gewinnt beim Preisausschreiben eines Radiosenders vier Tickets für dieses Konzert. Ihren Partner will sie aber nicht mitnehmen, da dieser nicht viel von der Band hält. Viel näher liegen da als Begleiterinnen vier Freundinnen, mit denen sie vor 25 Jahren für "The Boys" schwärmte.
So mischen sich unter die Gegenwartshandlung Rückblenden an diese Jugendzeit und die leidenschaftliche Musikbegeisterung. Schwung- und lustvoll beschwört Coky Giedroyc das jugendliche Lebensgefühl, bei dem sich die Teenager immer wieder die Band mit ihren Songs in ihren Alltag hineinimaginieren. Da können plötzlich in Rachels Wohnung die Bandmitglieder aus den Küchenkästen springen und zu singen beginnen oder bei einer Busfahrt kann sich der Bus zur Bühne weiten, auf der die Band tanzt und singt.
Nicht zuletzt durch das engagierte Spiel der unverbrauchten jungen Darstellerinnen der fünf unterschiedlichen Teenager entwickelt "Greatest Days" hier Schwung, vermittelt einerseits die Begeisterung für diese Musik, ist andererseits im Blick auf diese jungen Schönlinge, die ihre nur spärlich bekleideten Körper immer gerne ausstellen, aber auch von Ironie durchzogen.
Ironie findet sich in diesen Rückblicken, die in einem englischen Mittelschichtmilieu verankert sind, aber auch in einem Blick ins Fernsehen, in dem ein Insert nach den britischen Hoffnungen in der EU fragt, oder wenn als Beleg für die modernen Zeiten ein Kassettenrekorder präsentiert wird.
Im Wechselspiel von 1990er Jahren und Gegenwart macht Giedroyc so auch beiläufig die technologisch-kulturellen Entwicklungen sichtbar, wenn beispielsweise Telefonzellen der Kommunikation per Smartphone gegenüberstehen, aber auch wenn heute gleichgeschlechtliche Beziehungen ganz offen gelebt werden können.
Geschickt offen lässt die 60-jährige britische Regisseurin lange auch, wieso die Teenager-Freundschaft einst zerbrochen ist und nur angedeutet wird lange, wieso sie nur zu viert nach Athen reisen und was mit der fünften Freundin passiert ist.
Der schwungvollen ersten Hälfte steht so mit der Athen-Reise der nun rund 40-jährigen Frauen eine langsamere zweite Hälfte gegenüber. Dürftig bleibt im Grunde der Abstecher nach Griechenland und dient vor allem dazu den Freundinnen eine Gelegenheit zu bieten, nicht nur ihre Lebensgeschichten, sondern auch das Zerbrechen der Freundschaft durch ein traumatisches Ereignis aufzuarbeiten. Doch spätestens im Finale nimmt "Greatest Days" wieder deutlich an Fahrt auf.
Vor allem ist das natürlich ein Film für Fans der Musik von "Take That" und für Frauen, denn Männer kommen jenseits der Boy-Group und Rachels Partner kaum vor. Und dennoch geht "Greatest Days" über einen bloßen Musikfilm hinaus und erzählt eben auch von Freundschaft und jugendlicher Begeisterung, von der Kraft der Musik, die hilft, bedrückenden Alltagssituationen zu entfliehen, aber auch von Verlust und der Notwendigkeit der Verarbeitung von Traumata als Grundlage für innere Befreiung und ein gelöstes Leben.
Weltbewegend ist dieser Film kaum, aber verbreitet mit seiner lustvollen Erzählweise, seinem mit sichtlichem Vergnügen spielenden Ensemble, den kräftigen Farben und der gekonnten Einbindung von Songs gute Laune und entlässt so beschwingt aus dem Kino: Ein Film wie geschaffen für einen lauen Sommerabend.
Greatest Days Großbritannien 2023 Regie: Coky Giedroyc mit: Aisling Bea, Jayde Adams, Amaka Okafor, Alice Lowe, Lara McDonnell, Jessie Mae Alonzo, Carragon Guest, Nandi Hudson Länge: 105 min.
Läuft derzeit in den deutschen und österreichischen Kinos, z.B. im Cineplexx Hohenems und ab 22.6. in den Schweizer Kinos
Trailer zu "Greatest Days"
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