Besonders bei Jugendlichen sind Filme wie „Spider-Man“, „Die Tribute von Panem“, „Der Herr der Ringe“ und „Matrix“ erfolgreich. Werner C. Barg arbeitet das „kulturelle Potential“ dieser Filme, das sich durch die Parallelen zu jugendlichen Entwicklungssituationen ergibt, heraus.
Speziell im deutschprachigen Raum wird vielfach abwertend auf das (amerikanische) Blockbuster-Kino geblickt und darin nur inhaltsleere Unterhaltung und Augenfutter gesehen. Special-Effects und spannende Geschichten, die die Zuschauer in fantastische Welten entführen, sind auch für den Autor, Produzent und Dramaturg Werner C. Barg, der an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg im Institut für Musik, Medien- und Sprechwissenschaften die Professur "Audiovisuelle Medien" vertritt, die Basis für die Faszination dieser Filme, aber er deckt auch auf, welches Potential Superhelden- und Fantasyfilme mit ihren zahlreichen Identifikationsangeboten für die Jugendlichen bei der Sozialisation haben.
Von der Herausarbeitung der Bedeutung des Mainstream-Kinos für Jugendliche und der psychosozialen Entwicklung in der Pubertät kommt Barg zur Rolle des Mainstream-Kinos als bisher nur wenig beachtete Sozialisationsinstanz. Plastisch zeigt er auf, wie die Blockbuster mit jugendlichen Hauptfiguren mit ähnlichen Problemen und Entwicklungsaufgaben wie ihre Zuschauer und mit Lösungsansätzen als Spielmaterial für die Bewältigung von Aufgaben in der Alltagswelt der Jugendlichen ihr Zielpublikum erreichen und prägen.
Faszination und Sogwirkung lösen diese Filme aber erst durch ihre Erzählweise aus, bei der sie an klassische Mythen anknüpfen. Die beiden zentralen Erzähltraditionen, die dabei von diesen Filmen variiert werden, sind die „queste“, bei der der Protagonist ein Problem lösen muss, und die von Joseph Campbell formulierte und vom Story-Analysten Christopher Vogler weiterentwickelte Heldenreise, in deren Verlauf sich der Protagonist zentralen Lebensfragen stellen und sich selbst finden muss. Werden diese Elemente allerdings schematisch und lehrhaft präsentiert, sodass das Unterhaltungsbedürfnis konterkariert wird, so wird der Film, wie Barg am Beispiel von Zack Snyders „Man of Steel“, in dem die Heldenreise prototypisch durchgespielt wird, vom Publikum nicht angenommen.
Anhand ausführlicher inhaltlicher und formaler Analysen von „Spider-Man“, „Die Tribute von Panem“, „Der Herr der Ringe“ und „Matrix“ zeigt Barg, wie in diesen Filmen Heldenreise und Fantasywelten mit der persönlichen Lebenswelt der Jugendlichen kurzgeschlossen werden. Die körperliche Veränderung der Protagonisten („Spider-Man“, „Die Tribute von Panem“) spiegelt sich dabei ebenso in der Situation der pubertierenden Jugendlichen wie die Suche der Helden nach Orientierung, nach ihrem Platz im Leben, ihrem sich ändernden Verhältnis zur Erwachsenenwelt und ihrer Identitätsfindung.
Barg deckt dabei auch das konservative Frauenbild in „Spider-Man“, die Bejahung klassischer Familienstrukturen oder die an Autoritäten orientierte Entwicklungsreise in „Der Herr der Ringe“ auf und sieht die „queste“-orientierte Heldenreise in „Matrix“ idealtypisch umgesetzt.
In einem abschließenden Kapitel wird auch die Rolle des Düsteren herausgearbeitet, durch das einerseits die Jugendlichen lernen können mit Angst umzugehen, andererseits nicht nur für Jugendliche, sondern auch für Erwachsene historische und aktuelle politische Elemente ins Spiel gebracht werden.
Ein Literaturverzeichnis und Segmentierungen der vier analysierten Filme runden dieses Buch ab, das einen neuen und vielschichtigeren Blick auf Blockbuster werfen lässt und dessen Befunde sich leicht von den analysierten Filme auf ähnliche Produktionen übertragen lässt.
Werner C. Barg, Blockbuser Culture. Warum Jugendliche das Mainstream-Kino fasziniert, Bertz + Fischer Verlag, Berlin, 168 Seiten, € 17, ISBN 978-3-86505-333-6
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