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  • AutorenbildWalter Gasperi

El robo del siglo


Rund 15 Millionen Dollar erbeuteten Bankräuber 2006 bei einem der größten Banküberfälle der argentinischen Geschichte. Ariel Winograd macht aus diesem Verbrechen ein höchst vergnügliches Heist-Movie, bei dem ein Rädchen perfekt ins andere greift.


Nicht nur das einleitende Insert "von wahren Ereignissen inspiriert" erinnert an die Historizität des Geschilderten, sondern mehr noch Archivmaterial von Überwachungskameras und TV-Nachrichten, mit denen der 43-jährige Ariel Winograd seinen Film beschließt.


Gefackelt wird hier nicht lange: In einer Plansequenz stellt der Argentinier nicht nur das Atelier des wenig erfolgreichen Malers Fernando Araujo (Diego Peretti) vor, sondern auch dessen kleine Hanfplantage, die er hegt und pflegt. Nur im eingerauchten Zustand fühlt er sich wohl, ein Joint ist folglich sein ständiger Begleiter und ein ins Regenwasser gefallener Joint weist ihm 2006 auch den Weg zum großen Überfall auf eine Filiale der Banco Rio in einem Vorort von Buenos Aires.


Die Berufung, nach der er sucht und über die er bei einer Sitzung beim Psychiater spricht, scheint er damit gefunden zu haben, denn was ist schon nach Bertolt Brecht ein Einbruch in eine Bank gegen deren Gründung. Zeit ist es doch das natürliche Gleichgewicht wieder herzustellen, die Bonzen zu erleichtern und selbst endlich einmal reich zu werden.


Sozialkritik bleibt aber bei "El robo del siglo", an dessen Drehbuch mit Fernando Araujo der reale Drahtzieher des Überfalls mitarbeitete, im Gegensatz zum kürzlich gelaufenen "Criminales como nosotros" weitgehend außen vor: Die gesellschaftlichen Verhältnisse der Gangster interessieren Winograd kaum, in erster Linie soll großzügige Kinounterhaltung geboten werden. Das Heist-Movie wird dabei zwar nicht neu erfunden, auf die klassischen Ingredienzien vertraut der Argentinier, treibt aber die Handlung mit Verve, punktgenauer Inszenierung und überraschenden Wendungen dynamisch voran.


Wie üblich in diesem Subgenre muss so der Laie Fernando, den Diego Peretti ("Iniciales S.G.") als zwischen Genialität und Chaos pendelnden Kiffer und Künstler spielt, zunächst mal ein Team zusammenstellen. Wichtigster Helfer wird der soeben aus dem Gefängnis entlassene Profi-Einbrecher Luis Vitette (Guillermo Francello), wenig Profil gewinnen dagegen die anderen vier Helfer, die keine kriminelle Erfahrung haben.


Spannung baut Winograd einerseits auf, indem er die Gangster mehrfach in eine brenzlige Situation führt, andererseits dadurch, dass Fernando den definitiven Plan erst sukzessive entwickeln muss: Wie knackt man beispielsweise die Schließfächer möglichst rasch und wie beschafft man sich im Tresorraum genügend Zeit, um die zahlreichen Geldboxen dann auch noch auszuräumen?


Weil Winograd ganz aus der Perspektive seiner Underdogs erzählt, schließt man diese rasch ins Herz. Wie viele Heist-Movies hat so auch "El robo del siglo" mit diesem Sympathisieren für die Verbrecher eine durchaus anarchistische Note. Keine wilden Rabauken sondern echte Gentlemen-Gauner sind das freilich, die nur Waffenattrappen verwenden und während des Überfalls sich auch fürsorglich um eine ältere Frau kümmern, die sie zwar als Geisel genommen haben, deren Geburtstag sie aber nichtsdestotrotz mit einem Ständchen feiern, um sie dann als Geburtstagsgeschenk freizulassen.


Mit rund 45 Minuten nimmt sich der Film viel Zeit für den Überfall, zeigt ausführlich wie einerseits die Schließfächer aufgebrochen werden und andererseits Luis die anrückende Spezialeinheit mit Verhandlungen hinzuhalten versucht. So wie dieser Hold-up perfekt geplant ist - auch wenn laut Fernandos Psychiater der Glaube an einen perfekten Plan immer schon die Wurzel des Scheiterns ist -, so perfekt greift in dieser lustvoll inszenierten und mit Gusto gespielten Gaunerkomödie ein Rädchen ins andere. Mit sicherem Timing und präzisem Schnitt wechselt Winograd zwischen Kundenbereich, Tresorraum und den Aktionen der Polizei und hält die Spannung hoch. Gleichzeitig ist das so leichthändig inszeniert, dass immer auch Humor mitschwingt, für den auch Fernando mit seinen Botschaften an die Polizei sorgt.


Entbehrlich ist bei dieser smarten Gaunerkomödie, die in Argentinien ein großer Publikumserfolg war, zwar die Schilderung der schwierigen Beziehung von Luis zu seiner Tochter, doch wenig stört dies am Gesamteindruck. Filmisches Schwergewicht ist "El robo del siglo" sicher nicht, aber so ein federleichtes Kinostück, das das Publikum nach zwei höchst vergnüglichen Stunden beschwingt und mit einem Lächeln das Kino verlassen lässt, tut nicht nur, aber besonders in diesen schwierigen Zeiten wohl.


Läuft derzeit in einigen Schweizer Kinos - z.B. im Kinok St. Gallen

Trailer zu "El robo del siglo"



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