Dreamers
- Walter Gasperi

- vor 13 Minuten
- 3 Min. Lesezeit

In einem britischen Abschiebezentrum verliebt sich eine junge Nigerianerin in eine andere Afrikanerin, doch traumatische Erinnerungen an die Vergangenheit und ständige Angst vor Abschiebung überlagern die Beziehung: Joe Gharoro-Akpojotors von eigenen Erfahrungen inspiriertes Spielfilmdebüt bietet eine berührende Innensicht der Gefühle von Asylant:innen, doch die geschönte Bildsprache verharmlost eine harsche Realität.
2016 gründete die gebürtige Nigerianerin Joy Gharoro-Akpojotor die Firma Joi Production, um queere, schwarze und frauenzentrierte Stoffe zu entwickeln. Nachdem sie 2019 mit "Blue Story" das vielbeachtete Regiedebüt des britischen Rappers Andrew Onwubolu produziert hat, legt sie mit "Dreamers" ihr eigenes Regiedebüt vor.
Ganz im Sinne der Intentionen ihrer Firma stehen dabei queere schwarze Frauen im Zentrum. Ohne Exposition setzt "Dreamers" mit der Einlieferung der jungen Nigerianerin Isio (Ronkẹ Adékoluẹjo), die zwei Jahre lang ohne Papiere in Großbritannien gelebt hat, ins Abschiebezentrum Hatchworth ein.
Diesen geschlossenen Raum wird der Film in den folgenden 78 Minuten nicht mehr verlassen. Mit beiläufigen Blicken auf Stacheldraht und Überwachungskamera wird schon in den ersten Minuten ein Gefühl für die Gefangenschaft vermittelt, aber auch Einblick in das Mobbing unter den Asylant:innen wird geboten.
Scheint es zunächst keine Solidarität unter den Insassinnen, die in ständiger Angst vor negativem Asylbescheid und Abschiebung leben, zu geben, so entwickeln sich doch langsam Freundschaften zwischen den Frauen unterschiedlicher Herkunft. Vor allem Isio und ihre ebenfalls aus Afrika stammende Mitbewohnerin Farah (Ann Akinjirin) kommen sich langsam näher.
Ihre Liebesbeziehung ist das emotionale Zentrum des Films. Während Isio aber auf ein faires Verfahren und Gewährung von Asyl hofft, ist Farahs Blick auf die Situation nüchterner und nur in einer Flucht sieht sie eine Chance, die Abschiebung zu verhindern.
Eindrücklich vermittelt Gharoro-Akpojotor in langen Einstellungen die Gefühle der zwischen Hoffen und Bangen zerrissenen Frauen, die mit Berufungen gegen die negativen Bescheide verzweifelt gegen die Abschiebung ankämpfen. Nicht nur in einer Erzählung Isios bei der Anhörung wird dabei Einblick in die Verfolgung, die ihr in ihrer Heimat als queere Frau droht, geboten, sondern mehr noch vermitteln kurze fragmentarische Alpträume, die farblich von kräftigem Rot bestimmt werden, ihre traumatischen Erfahrungen und Erinnerungen.
Verharmlost wird die bedrückende Situation von Asylant:innen allerdings durch die geschönte Schilderung der Bedingungen im Heim. Gepflegt wirken hier immer die Frauen, makellos ihre Gesichter und es gibt nicht nur eine prächtige Bibliothek und ein doch recht komfortables Doppelzimmer, sondern zudem ist nahezu jede Einstellung in warmes Licht und kräftige Farben getaucht, die Optimismus und Lebensfreude verbreiten.
Nicht überzeugen kann auch die Verbindung von Asylschicksal und Liebesgeschichte. Nicht organisch aus der Filmhandlung heraus ergibt sich diese, sondern ist darauf angelegt die Thematik zu transportieren und der Gefangenschaft im Heim die Sehnsüchte der jungen Frauen von Freiheit und Glück gegenüberzustellen. Mehr gutgemeinter Problemfilm als überzeugendes Drama ist "Dreamers" so, der im Finale auch mit einem Schwenk ins Genre des Gefängnis-Ausbruchsfilms die Spannung zu steigern versucht.
So einfühlsam auch der Blick der Regisseurin ist und so überzeugend auch die unverbrauchten Schauspielerinnen agieren, so entwickelt dieses Debüt doch nie eine emotionale Kraft und auch Wut, die dafür sorgen könnten, dass das Schicksal der Figuren nachhaltig erschüttert und haften bleibt. Dennoch ist "Dreamers" aufgrund der Innensicht in die Welt von Asylant:innen, in die man sonst kaum Einblick bekommt, sehenswert.
Dreamers
Großbritannien 2025
Regie: Joy Gharoro-Akpojotor
mit: Ronke Adekoluejo, Ann Akinjirin, Diana Yekinni, Aiysha Hart, Harriet Webb
Länge: 78 min.
Läuft in den Schweizer Kinos, z.B. im Kinok St. Gallen.
Trailer zu "Dreamers"




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