top of page
AutorenbildWalter Gasperi

Einmal Millionär sein - The Lavender Hill Mob

Ein scheinbar biederer Bankangestellter plant einen großen Goldraub.  – Bei Studiocanal ist Charles Crichtons klassische Ealing-Komödie, in der Alec Guinness und Stanley Holloway in den Hauptrollen brillieren, mit vielfältigem Bonusmaterial digital restauriert auf DVD und Blu-ray erschienen.


In den frühen 1950er Jahren feierte das britische Kino mit den Komödien der Ealing Studios internationale Erfolge. Treffsicher werden darin immer wieder britische Eigenheiten aufs Korn genommen und Sympathie für Underdogs sorgt für eine gewisse anarchistische Note. Auch schwarzer Humor kommt nicht zu kurz, vor allem aber versprühen sie viel Charme.


Ein Musterbeispiel für diese Komödien ist Charles Crichtons "Einmal Millionär sein – The Lavender Hill Mob". Gerahmt wird die Handlung durch eine Szene in einem Luxus-Club in Rio de Janeiro, in dem ein scheinbar vornehmer Brite mit Geld nur so herumwirft. – In einer den Film umspannenden Rückblende erklärt dieser Henry Holland (Alec Guinness), wie er zu diesem Vermögen kam.


Als einfacher Durchschnittsmensch, der im Strom der Masse jedem Morgen zu seinem Arbeitsplatz in der Bank of England hetzt, stellt er sich vor. Für seine Kollegen ist er übervorschichtig bei der Durchführung der Goldtransporte, für die er zuständig ist und die er von der Gießerei der Barren bis zur Bank stets begleitet. Doch Hollands Voice-over macht schon deutlich, dass dieses Pflichtbewusstsein und diese Pingeligkeit nur Täuschung sind, um seine Mitarbeiter und Vorgesetzten in Sicherheit zu wiegen.


Schon lange plant er nämlich einen großen Goldraub, um sich endlich einmal ein Leben in Luxus gönnen zu können, doch er hat noch keine Lösung gefunden, um die Barren ins Ausland zu transportieren. Hier stellt sich mit einem neuen Mitbewohner im Mietshaus aber eine Lösung ein. Denn dieser Mister Pendlebury (Stanley Holloway) produziert als erfolgloser Künstler Souvenir-Eiffeltürme, die dann in Paris verkauft werden.


Jetzt fehlen nur noch ein paar erfahrene Ganoven, um den Coup durchzuziehen, die Barren einzuschmelzen, als Souvenir-Eiffeltürme neu zu gießen und nach Frankreich zu exportieren. Doch selbstverständlich läuft nicht alles nach Plan.


Mit Bildern der Trümmerlandschaft des zerbombten London ist "Einmal Millionär sein" atmosphärisch stimmig in der Nachkriegsmetropole verankert. Für Realismus sorgt auch die Schilderung der beiden mit ihrem Leben unzufriedenen Protagonisten. Wie Holland der Bankjob frustriert, so wenig erbaulich ist für Pendlebury die Produktion von Souvenirs.


Gleichzeitig hebt diese Komödie aber auch ins Fantastische ab, wenn diese Kleinbürger zum großen Coup ausholen. Liebevoll parodiert Crichton so nicht nur das britische Kleinbürgertum, das auch bei der Durchführung krimineller Pläne das kleinbürgerliche Verhalten nicht ablegt, sondern parodiert auch gekonnt das Genre des Heist- und Gangsterfilms.


Indem sich der Film konsequent hinter seine kriminellen Protagonisten stellt, entwickelt er auch anarchistischen Impetus, fiebert man doch mit den Gangstern mit und fürchtet ihre Festnahme. So sind denn auch hier meist nett gezeichnete Schulkinder ebenso negative Figuren wie die Polizei, weil beide den Erfolg des Duos, in dem man wohl auch ein homosexuelles Paar sehen kann, gefährden.


Lustvoll lässt Crichton so die beiden Goldräuber die Polizei düpieren und bei einer wilden Verfolgungsjagd lange schlecht aussehen. Straffrei ausgehen dürfen sie in einem Film der frühen 1950er Jahre allerdings doch wieder nicht, doch auch diese finale Wendung inszeniert Crichton mit Charme.


Für heutige Verhältnisse mag der Witz dieser Komödie vielleicht etwas zu sanft und ein bisschen angestaubt wirken, doch immer noch unterhält dieser Klassiker mit seiner großartig aufgebauten und stilsicher inszenierten Geschichte. Vertrauen kann Crichton dabei auch auf den großartigen Alec Guinness und Stanley Holloway, die als Möchtegern-Millionäre wunderbar harmonieren.


An Sprachversionen verfügen die bei Studiocanal erschienene DVD und Blu-ray über die englische Original- und die deutsche Synchronfassung. Dazu gibt es deutsche Untertitel sowie englische Untertitel für Hörgeschädigte.


Die vielfältigen, deutsch untertitelten Extras umfassen einen Audiokommentar des Filmhistorikers Jeremy Arnold, der ausführliche Informationen zu den Ealing Studios dem Produzenten Michael Balcon, dem Regisseur Charles Crichton sowie den Schauspielern bietet, eine kurze Einführung zum Film von Martin Scorsese sowie ein 25-minütiges Q & A zum Film mit dem englischen Comedian und Moderator Paul Merton und eine 25-minütige Analyse des Films durch den Filmwissenschaftler Benedict Morrison.


Dazu kommen neben einer Bildergalerie und dem originalen Trailer eine 25-minütige Hommage an den Schauspieler Stanley Holloway sowie ein ebenso langes Interview mit Drehbuchautor T.E.B. Clarke und ein zwölfminütiges Audiointerview mit Regisseur Charles Crichton.



Trailer zu "Einmal Millionär sein - The Lavender Hill Mob"



 

Comments


bottom of page