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  • AutorenbildWalter Gasperi

DogMan


Mit einem famosen Caleb Landry Jones in der Hauptrolle entwickelt Luc Besson ein düsteres, teils märchenhaftes Thriller-Drama um einen in der Kindheit schwer misshandelten Mann, der sich von den Menschen ab und den Hunden zuwendet: Ein wilder Mix aus Genres und Tonlagen, aber kraftvolles Kino.


Wohl um Verwechslungen mit Matteo Garrones "Dogman" (2018) zu vermeiden, in dessen Mittelpunkt ein gutmütiger Hundefriseur steht, der von seiner Umwelt nur ausgenutzt wird, wird bei Luc Bessons erstem Film seit dem Actionfilm "Anna" (2019) das "M" im Titel groß geschrieben.


Ansatzlos setzt "DogMan" mit einer nächtlichen Verkehrskontrolle ein, bei der der als Frau verkleidete, grell geschminkte und blutverschmierte Douglas (Caleb Landry Jones) angehalten wird. Als er Auskünfte zu seiner Person verweigert, wird er auf die Polizeistation gebracht, während die Beamten im Laderaum seines Lasters zahllose Hunde finden.


Noch mitten in der Nacht wird die Psychiaterin Evelyn (Jojo T. Gibbs) angerufen, um den Mann zu befragen. Erst als sie erzählt, dass sie eine Tochter habe und geschieden sei, aber Belästigungen durch ihren gewalttätigen Ex-Mann fürchte, beginnt Douglas seine Geschichte zu erzählen.


Einblick bekommt man so in eine erschütternde Kindheit mit einem gewalttätigen Vater, der Hundekämpfe organisiert und der seinen Sohn brutal misshandelt und in den Zwinger sperrt, weil er die Hunde unerlaubterweise füttert. Prägend sind diese Erfahrungen, denn später entwickelt Douglas, der bald aufgrund einer Schussverletzung im Rollstuhl sitzt, vor allem zu Hunden eine Beziehung. Unter den Menschen dagegen freundet er sich einzig mit einer Theaterschauspielerin an, die bei ihm auch die Liebe zu Schauspiel und Verkleidungen weckt, dann aber ein Engagement in einer anderen Stadt annimmt.


Douglas dagegen lebt mit seinen zahllosen Hunden, deren Bandbreite sich vom kleinen Terrier bis zu Dogge und Schäferhund spannt, zurückgezogen in einem leerstehenden und abbruchreifen Haus. Er schlägt sich mit kriminellen Methoden durch, zieht aber auch den Zorn eines Gangsterbosses auf sich. Unglaubliche Fertigkeiten entwickeln dabei die Hunde, die jedes Wort von ihrem Herrn zu verstehen scheinen, exakt seine Befehle ausführen und nicht nur beim Backen von Kuchen großartige Helfer sind.


Während sich mit diesen Wunder-Hunden ein Fantasy-Element durch "DogMan" zieht, bestimmt auf der anderen Seite ein schmutziger und düsterer Realismus den Film. Beklemmend und heftig erzählt so Besson vom Leiden des jungen Douglas´ unter seinem Vater und den daraus resultierenden Rachegedanken.


Nicht differenziertes, sondern plakatives, aber kraftvoll-saftiges, sehr physisches und mitreißendes Genrekino bietet dieses Thriller-Drama in der beinharten Abrechnung Douglas´ mit seinen Gegnern. Eine expressive Bildsprache, mit der der Franzose ans Cinéma du Look anknüpft, mit dem er in den 1980er Jahren bekannt wurde, sowie ein wuchtiger Soundtrack und das Sound-Design steigern dabei immer wieder die Spannung und Intensität.


Gleichzeitig steht im Kontrast zu diesen brutalen Szenen wiederum Douglas´ Lust an der Verkleidung, wenn er jeden Freitag in einem Club als Drag-Queen mit Songs von Edith Piaf, Marlene Dietrich oder Marilyn Monroe das Publikum begeistert. Nur bei diesen Auftritten findet er Ruhe und nur in der Verkleidung kann er sich lieben, während er sein körperlich lädiertes Ich, das von der Gesellschaft keine Anerkennung erfährt, ablehnt.


Großartig spielt Caleb Landry Jones diesen Douglas als unter Minderwertigkeitskomplexen leidenden, gequälten Mann, der einerseits ganz sanft sein kann, unter dessen Oberfläche es aber immer wieder brodelt. – Ganz auf diese Figur zugeschnitten ist "DogMan", die nicht nur durch ihre Schminke, sondern auch durch ihre psychische Verfassung und ihre Rachegedanken an Todd Philipps "Joker" erinnert.


Durchgängig zieht sich durch Bessons Film aber auch eine religiöse Komponente. Denn da wird nicht nur immer wieder der religiöse Fundamentalismus von Douglas´ Vater und älterem Bruder betont, sondern auch die Frage, was den Menschen zu dem macht, was er schließlich ist, und ob es einen freien Willen gibt, wird aufgeworfen. Auf die Spitze getrieben wird dieser Aspekt im Finale, wenn Douglas visuell mit einer Märtyrerpose in Bezug zu Christus gesetzt wird.


Wie der Mix aus Charakterstudie, Sozialdrama und Thriller, aus Gewalttätigkeit und Liebe zu Schauspiel und Gesang so löst auch dieser religiöse Aspekt Irritation aus. Auf einen simplen Genrefilm lässt sich dieser wilde Ritt dadurch nämlich nicht reduzieren, andererseits stehen dieser ernsthaften Ebene wiederum die märchenhaften Superhunde gegenüber. Aber gerade durch das Spiel mit dem Disparaten entwickelt "DogMan" seine Spannung und Faszination: In keine Schublade will dieser Film nämlich passen, ist anders als das meiste, was man im Kino sieht – und gerade deshalb aufregend und nachwirkend.


DogMan Frankreich / USA 2023 Regie: Luc Besson mit: Caleb Landry Jones, Marisa Berenson, Christopher Denham, Michael Garza, Jojo T. Gibbs, Avant Strangel, James Payton Länge: 113 min.



Läuft derzeit in den Kinos, z.B. im Skino Schaan und im Cinema Dornbirn.


Trailer zu "DogMan"


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