Veronika Franz und Severin Fiala erzählen auf der Basis von historischen Gerichtsakten von einer oberösterreichischen Bäuerin, die um 1750 sukzessive in eine Depression gleitet: Ein in seiner formalen Konsequenz beklemmender Historienfilm, der nur am Rand mit den Mitteln des Folk-Horrors arbeitet.
Der Titel des nach "Ich seh, ich seh" (2014) und "The Lodge" (2019) dritten Spielfilms von Veronika Franz und Severin Fiala verweist auf die Bezeichnung von Melancholie und Depression in der frühen Neuzeit. So steht am Beginn auch der Kindsmord einer Frau, die ihre Tat aber umgehend gesteht und kurz darauf enthauptet wird.
Auf diesen Prolog, der schon ein dunkles Licht auf die folgende Geschichte wirft, folgt die Hochzeit der jungen Agnes (Anja Plaschg) mit dem aus dem Nachbardorf stammenden Bauern Wolf (David Scheid). Im Wald hat Wolf für sie ein Haus gekauft, hat Schulden gemacht, doch dem Glück scheint nichts im Wege zu stehen.
Doch entgegen ihrem großen Kinderwunsch zeigt Wolf im Ehebett wenig Interesse an seiner Frau. Er verweigert sich dem Beischlaf und bald mischt sich auch Wolfs Mutter (Maria Hofstätter) zunehmend in die Führung des Haushalts ein. Auch dass Agnes nicht aus dem Dorf, sondern aus der Nachbarschaft stammt, sorgt für kritische Bemerkungen der Schwiegermutter.
Mit dunklen Farben, detailreicher Ausstattung und Kostümen evozieren Franz und Fiala dicht diese archaisch-bäuerliche Welt, in der über Gefühle nicht nur nicht gesprochen wird, sondern diese – abgesehen von Agnes – auch kaum präsent zu sein scheinen. Während sie am Beginn noch Freude über Naturgeräusche äußert, sich liebevoll einer Ziege widmet oder beim Fischen einem Helfer ganz im Gegensatz zur Schwiegermutter auch zwei Brote statt nur einem geben würde, kennen Wolf und seine Mutter nur die Arbeit.
Freudlos und kalt ist dieses Leben und dicht beschwören dies die Bilder von Kameramann Martin Gschlacht. Nach der Hochzeit gibt es keinen Moment des Glücks mehr, sondern nur noch Bedrückung. Intensiv und detailreich ist dabei der Blick auf die harte tägliche Arbeit wie das Fischen oder das Kochen in der einfachen Küche. Großartig vermittelt Gschlacht auch in den nur von Herdfeuer und Kerzen erleuchteten Innenszenen die armselige und bedrückende Stimmung.
Verstärkt wird diese noch durch die tiefe Verwurzelung im katholischen Glauben und Aberglauben, bei dem man immer Zuflucht und Hilfe sucht, der aber einem Selbstmörder ewige Verdammnis prophezeit. Der Pfarrer weigert sich so auch, ihn auf dem Friedhof zu begraben, denn schlimmer als ein Mörder sei dieser bedauernswerte Mann, da er seine Sünden – vor allem seinen Selbstmord – nicht mehr bereuen konnte.
Wesentlich zur Dichte dieses Historiendramas, das im Kern einen Horrorfilm in sich birgt, aber kaum mit den Mitteln des Genres arbeitet, trägt auch die enge Handlungsführung mit konsequenter Fokussierung auf Agnes und Beschränkung auf das unmittelbare bäuerliche Umfeld bei.
Eindrücklich vermitteln Franz / Fiala, wie die Gefühlskälte und Wortlosigkeit Agnes immer mehr in die Isolation treibt. Bald flüchtet sie zu Mutter und Bruder, wird von dort aber von Wolf wieder mit Gewalt zurückgebracht. Detailliert werden auch die brutalen Behandlungsmethoden durch den Bader, der die einen mit Blutegeln behandelt, bei Agnes die Melancholie mit einem Draht ausfließen lassen will, geschildert.
Intensiv spielt Anja Plaschg, die mit der Gruppe Soap & Skin auch für die die Beklemmung großartig steigernde Filmmusik verantwortlich zeichnet, den zunehmenden Verfall von Agnes, bis diese zu einer Verzweiflungstat schreitet, um endlich diese Welt, in der es für sie nur Verdruss gibt, verlassen zu können. Verstörend ist dabei das Ende, das die Filmzuschauer:innen nur als tragisch erfahren werden, während gleichzeitig die Filmfiguren ausgelassen die Erlösung feiern.
Mit großer Konsequenz und kompromisslos erzählen Franz / Fiala und öffnen den Blick auf einen wenig bekannten, dunklen Aspekt der Geschichte der Neuzeit. Am dichten Psychogramm ihrer sukzessive in eine psychische Krankheit schlitternden Protagonistin erinnern sie dabei an die rund 400 Frauen, die nach den jahrelangen Recherchen der Historikerin Kathy Stuart im deutschsprachigen Raum ein ähnliches Schicksal erlitten haben.
Gleichzeitig bleibt "Des Teufels Bad" dabei aber auch ganz im Historischen. Denn auch wenn Depression und religiöser Fanatismus durchaus aktuelle Themen sind, so lädt der fesselnde Film doch kaum zur Übertragung des Geschilderten auf die Gegenwart ein.
Des Teufels Bad Österreich / Deutschland 2024 Regie: Veronika Franz und Severin Fiala mit: Anja Plaschg, David Scheid, Maria Hofstätter, Natalija Baranova, Lukas Walcher, Claudia Martini, Agnes Lampl, Camilla Schielin Länge: 121 min.
Läuft jetzt in den österreichischen Kinos.
Kinothek Lustenau: 27.5., 20 Uhr; 29.5., 18 Uhr; 3.6., 20 Uhr; 5.6., 18 Uhr
Trailer zu "Des Teufels Bad"
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