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  • AutorenbildWalter Gasperi

Der Wind und der Löwe

Aktualisiert: 31. März 2021

(c) Koch Media

Ein unabhängiger Berberfürst will 1904 den von ausländischen Großmächten abhängigen korrupten marokkanischen Sultan durch die Entführung einer amerikanischen Frau und ihrer beiden Kinder in Bedrängnis bringen. – Bei Explosive Media (Vertrieb: Koch Films) ist der 1975 gedrehte Abenteuerfilm, in dem John Milius nicht an kritischer Auseinandersetzung mit dem Imperialismus interessiert ist, sondern bildstarke Unterhaltung im Stile des klassischen Hollywood-Kinos bietet, auf Blu-ray erschienen.


Schon in der ersten Einstellung prallen mit den auf die Sandküste klatschenden Meereswellen Kontraste aufeinander. Dieses Spiel mit Gegensätzen ist das Aufbauprinzip von „Der Wind und der Löwe“, dessen Titel freilich auch schon darauf verweist. Auf der einen Seite ist da der Berberfürst Raisuli (Sean Connery), der 1904 gegen die Einmischung ausländischer Mächte und den von ihnen abhängigen Sultan aufbegehrt, auf der anderen Seite der amerikanische Präsident Theodore Roosevelt (Brian Keith).


Nie werden sie sich begegnen, immer wird der Atlantik zwischen ihnen bleiben, doch mit einer Parallelmontage verbindet sie Milius. Gegensätze treffen aber auch aufeinander, wenn sogleich die Ruhe in einer vornehmen Villa in Tanger durch die von Raisuli angeführten Reiter, die durch die engen Gassen preschen und in die Villa eindringen, gestört wird. Die Bediensteten werden getötet, Eden Perdicaris (Candice Bergen) und ihre beiden Kinder entführt.


Als brutaler Bandit zeigt sich Raisuli, wenn er zwei Männer enthauptet, betont aber immer wieder seine Bildung und dass er nur im Willen Allahs handle. Ihm gegenüber steht auf der anderen Seite des Ozeans Roosevelt, der Stimmen für die anstehende Wahl gewinnen will, indem er die entführte Amerikanerin und ihre Kinder befreit.


Militärische Intervention in Nordafrika ist für ihn kein Tabu, immer betont er die amerikanische Stärke, die man der Welt demonstrieren müsse. Ironisch gebrochen wird diese auch spürbar, wenn er eine Geburtstagstorte, die der amerikanische Doppelkontinent ziert, gerade dort durchschneidet, wo er den umstrittenen Panama-Kanal bauen ließ.


Nicht in einem Büro sieht man folglich Roosevelt meist, sondern beim Boxen, beim Bogenschießen oder auf der Jagd. Im Grizzlybären sieht er, der auch Namensgeber des Teddy-Bärs ist, die Verkörperung des Amerikaners: mutig, kühn, aber auch einsam – jemanden, den die Welt vielleicht respektiert, aber sicher nicht liebt.


Durchaus Sympathie hegt er für den edlen Banditen Raisuli und auch Milius feiert diese Männer der Tat. Kernstück des Films ist die Gegenüberstellung dieser beiden von Sean Connery - kritisieren kann man freilich, dass ein Brite einen Berber spielt - und Brian Keith stark gespielten Charaktere, zu denen wiederum die amerikanische Militärmaschinerie, die in Reih und Glied im Gleichschritt vorrückt, einen Kontrast bildet.


Kritik an der imperialistischen Intervention der USA und an der Gewaltbereitschaft dieser Männer übt Milius dabei nie. Überraschend ist das vor allem angesichts der Tatsache, dass „Der Wind und der Löwe“ gerade einmal zwei Jahre nach dem Abzug der Amerikaner aus Vietnam entstand.


Zum New Hollywood ist dieser Film und sein Regisseur zwar zu zählen, doch im Gegensatz zu anderen Regisseuren dekonstruiert oder variiert Milius das klassische Hollywood-Kino nicht, sondern lässt es vielmehr wieder aufleben. In den prächtigen Bildern der Wüstenlandschaft und Kampfszenen orientiert sich Milius ebenso an den Abenteuerfilmer der 1930er Jahre wie „Gunga Din“ („Aufstand in Sidi Hakim“, 1939) und „The Four Feathers“ (1939) wie im großen Showdown an Sam Peckinpahs „The Wild Bunch“, verliert sich dabei aber nie im Effekt, sondern bleibt funktional.


An Sprachversionen verfügt die bei Explosive Media (Vertrieb: Koch Films) erschienene Blu-ray über die englische Original- und die deutsche Synchronfassung, sowie über Untertitel in diesen beiden Sprachen. Die Extras umfassen neben einem informativen Booklet, einem Feature „Hinter den Kulissen“, dem Kinotrailer und einer Bildergalerie vor allem einen – allerdings nur englischen – Audiokommentar von Regisseur John Milius.


Trailer zu "Der Wind und der Löwe"



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