Der Herr der sieben Meere – The Sea Hawk
- Walter Gasperi

- 29. Okt.
- 4 Min. Lesezeit

Errol Flynn unterstützt als Freibeuter Königin Elisabeth I. im Kampf gegen den machtgierigen spanischen König. – Bei Plaion Pictures ist Michael Curtiz´ 1940 entstandener Abenteuerfilm, der immer noch perfektes Hollywoodkino bietet, in einem Digipack auf zwei Blu-rays erschienen.
Rund zehn Minuten nimmt sich "Casablanca"-Regisseur Michael Curtiz Zeit, bis er den englischen Freibeuter Geoffrey Thorpe (Errol Flynn) auftreten lässt. Die erste Szene gehört dagegen dem spanischen König Philipp II. (1527 - 1598) (Montagu Love), der nicht nur über das neu entdeckte Amerika, sondern auch über Europa herrschen will. Eindrucksvoll vermittelt Kameramann Sol Polito dieses Weltmachtstreben, wenn er den Schatten des Königs über eine Weltkarte fallen lässt.
Dorn im Auge ist Philipp bei seinen Plänen die ungebrochene Macht Englands, das mit Ränkespielen und dem Bau einer starken Flotte in die Knie gezwungen werden soll. Dennoch wird das Schiff des spanischen Gesandten (Claude Rains), der mit seiner Nichte Doña Maria (Brenda Marshall) nach England unterwegs ist, von Thorpe und seinen Männern gekapert.
Offiziell wird der Freibeuter von Königin Elisabeth I. (1533 - 1603) (Flora Robson) dafür zwar gerügt, doch inoffiziell unterstützt sie ihn und fördert auch seinen Plan in Panama einen spanischen Goldtransport zu überfallen. Auch Doña Marias Aversion gegenüber Thorpe wandelt sich bald in Liebe, als sie den Edelmut des Briten erkennt.
Kein rauer Geselle ist Thorpe, für den die Biografie des Freibeuters Francis Drake als Vorbild diente, sondern er wirkt auch mit seinem Charme vornehm und adelig. Perfekt besetzt ist diese Rolle mit Errol Flynn, der fünf Jahre zuvor mit dem ebenfalls von Michael Curtiz gedrehten Piratenfilm "Captain Blood" über Nacht zum Star aufgestiegen war und auch im Abenteuerfilm "The Adventures of Robin Hood" ("Robin Hood – König der Vagabunden", 1938) brillierte.
Seine geschmeidigen und schnellen Bewegungen verleihen "Der Herr der sieben Meere" ebenso Leichtigkeit wie sein Lächeln. Nichts scheint ihn erschüttern zu können und er steht auch mit seinem freundschaftlichen Verhältnis zu seiner Mannschaft in Opposition zu den Spaniern, auf deren Schiffen britische Gefangene als Galeerensträflinge mit Peitschenhieben zum Rudern gezwungen werden.
Gefahr droht aber durch einen Verräter am Hof, sodass die Panama-Expedition in einem Fiasko endet. Doch auch davon lässt sich Thorpe nicht unterkriegen.
"Der Herr der sieben Meere" bietet alles, was ein klassischer Piraten- und Abenteuerfilm bieten kann. Da gibt es ein großes Seegefecht mit Entern des feindlichen Schiffes ebenso wie einen langen finalen Fechtkampf. In Panama führt ein Hinterhalt zu einem strapaziösen Marsch durch Sumpf und Dschungel und auch die Härte des Alltags eines Galeerensträflings wird nicht ausgespart.
Dem weltpolitischen Konflikt zwischen Spanien und England steht die persönliche Beziehung zwischen Königin Elisabeth und Thorpe sowie zwischen dem spanischen Gesandten und seiner Nichte gegenüber. Humor wiederum kommt mit Thorpes Mannschaft, der Zofe Doña Marias sowie einem Äffchen nicht zu kurz und auch eine Liebesgeschichte darf selbstverständlich nicht fehlen.
Unterstützt von der mitreißenden sinfonischen Musik von Erich Wolfgang Korngold, treibt Curtiz die Handlung schwungvoll voran. Großartig arbeitet Kameramann Sol Polito immer wieder mit Licht und Schatten und hebt die in Panama spielenden Szenen durch Sepiafärbung, die die Hitze vermitteln soll, von den gestochen scharfen schwarzweißen Szenen in England, Spanien und auf den Schiffen ab.
Wie "Robin Hood – König der Vagabunden" sollte auch "Der Herr der sieben Meere" ursprünglich in Farbe gedreht werden, doch wurde darauf aus Kostengründen schließlich verzichtet. Um zu sparen, wurden die in England spielenden Szenen zudem in den gleichen Kulissen wie der ebenfalls von Curtiz gedrehte "The Private Lives of Elizabeth and Essex" ("Günstling einer Königin", 1939) gedreht.
Dem Film merkt man dies aber nicht an, sondern vielmehr wird hier großzügiges und aufwändiges Hollywoodkino geboten, das auch 85 Jahre nach seiner Uraufführung noch bestens unterhält.
Unübersehbar spielt der 1940 entstandene Film aber auch auf die damalige politische Situation an. Das Weltmachtstreben Spaniens steht hier für Nazi-Deutschland, gegenüber dem England in der Defensive ist. Das zögerliche Verhalten Elisabeths, ihre Ablehnung eines kostspieligen Flottenbaus und ihr Bemühen um friedliches Zusammenleben mit Spanien, in dem sich die Appeasement-Politik vor dem Zweiten Weltkrieg spiegelt, weicht dabei schließlich Entschlossenheit. Mehr als an ihre Zuhörer:innen im Film ist so ihre pathetische Schlussrede mit Bekenntnis zu Aufrüstung und Kampf für die Freiheit auch an das Kinopublikum des Jahres 1940 gerichtet.
An Sprachversionen bieten die beiden bei Plaion Pictures in einem Digipack erschienenen Blu-ray die englische Original- und die deutsche Synchronfassung sowie englische und deutsche Untertitel. Neben der Kinofassung gibt es auf der zweiten Blu-ray die zwei Minuten längere Originalfassung, bei der die geschnittenen Szenen deutsch untertitelt sind. Abstriche muss man bei der Tonqualität machen, da – wie im Booklet vermerkt - bei der Rekonstruktion aus mehreren Fassungen klangliche Unterschiede nicht durchgehend ausgeglichen werden konnten.
Die Extras umfassen – jeweils deutsch untertitelt – das 17-minütige Feature "The Sea Hawk": Flynn in Action", das mit Interviews mit Filmhistorikern Einblick in die Produktionsgeschichte, die Schauspieler:innen und die Musik von Erich Wolfgang Korngold bietet, sowie das vierminütige Featurette "Warner Movie Night 1940", das einen Eindruck von einem damaligen Kinoabend mit Trailer, Newsreel / Wochenschau, kurzem Animationsfilm und Live-Action-Kurzfilm als Begleitprogramm für den Hauptfilm vermittelt.
Dazu kommen der englische und der deutsche Trailer, eine Bildergalerie und ein mit Postern und Filmstills reich bebildertes 50-seitiges Booklet mit einem ausführlichen Text von Christoph N. Kellerbach, der den Film ins Genre des Piratenfilms einordnet, die Rolle Errol Flynns herausarbeitet und die Produktionsgeschichte nachzeichnet.
Trailer zu "Der Herr der sieben Meere - The Sea Hawk"




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