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AutorenbildWalter Gasperi

Cannes 2020: Die Auswahl, die Corona zum Opfer fiel


Im April wird in der Regel alljährlich bekannt gegeben, welche Produktionen fürs das im Mai stattfindende Filmfestival von Cannes ausgewählt wurden. Heuer musste man stattdessen aufgrund von Corona die Absage verkünden. Nichtsdestotrotz stellte der künstlerische Leiter Thierry Frémaux heute in einem leeren Theater via Livestream die heurige Auswahl vor.


Mit der Goldenen Palme kann nun zwar heuer kein Film werben, aber immerhin mit dem Label "Offizielle Auswahl für Cannes". Auch im Wettbewerb eines großen A-Festivals können die genannten Filme nun nicht mehr laufen, wohl aber außer Konkurrenz beispielsweise in Toronto, San Sebastian, Tokyo oder New York. Nicht einigen konnte man sich aber mit Venedig.


Über 2000 Filme wurden visioniert, die großen Namen fehlen nicht, doch auch überraschend viele Newcomer befinden sich unter den 56 Produktionen, die Fremaux ohne Zuordnung zu den Sektionen Wettbewerb, Mitternachtsvorstellung, Außer Konkurrenz oder Un Certain Regard präsentierte.


Fix gerechnet hat man schon mit Wes Andersons starbesetztem "The French Dispatch" und mit Pete Docters und Kemp Powers´ "Soul" wurde nach "Up" und "Inside Out" ("Alles steht Kopf") auch wieder einmal ein Pixar-Animationsfilm eingeladen. Wie gewohnt ist das Gastgeberland Frankreich stark vertreten, aus dem unter anderem Francois Ozons "Summer of 85" und "DNA" von Maiwenn eingeladen wurden.


Bekannte Namen sind das zwar und keine Cannes-Neulinge, aber die sonst üblichen Palmengewinner sucht man im Line-up vergebens. Mehrfach waren zwar auch schon die Japanerin Naomi Kawase, deren "True Mothers" ausgewählt wurde, oder der dänische Dogma-Mitbegründer Thomas Vinterberg, der in "Drunk" von der Midlife-Krise eines Mannes erzählt, eingeladen wurde, im Wettbewerb vertreten, doch den begehrten Hauptpreis haben auch diese Filmemacher noch nie gewonnen.


Gleich mit zwei Filmen wurde der Brite Steve McQueen, der für "Twelve Years a Slave" einen Oscar gewann, eingeladen – mit "Mangrove" und "Lovers Rock" - , mit den richtigen Schwergewichten hat es sich damit aber schon.


Auch ins offizielle Programm aufgenommen wurde der Brite Francis Lee, nach dessen "God´s Own Country" man gespannt auf seine im 19. Jahrhundert spielende Geschichte einer lesbischen Liebe ("Ammonite") wartet. Mit Oskar Roehler, der sich in "Enfant terrible" mit Rainer Werner Fassbinder beschäftigt, der am 31. Mai 75 Jahre alt geworden wäre, wurde auch ein deutscher Film eingeladen.


Weitere nicht unbekannte, aber auch nicht weltberühmte Regisseure sind der Spanier Fernando Trueba, der mit "El Olvido Que Seremos" einen Roman des Kolumbianers Héctor Abad Faciolince verfilmte, oder auch der Belgier Lucas Belvaux, dessen "Des Hommes" während des Algerienkriegs spielt.


Neben der starken Durchmischung mit 15 Erstlingsfilmen und einem für Cannes recht hohen Frauenanteil von rund 25% fällt auch die starke geographische Bandbreite auf. Von einem koreanischen Zombiefilm ("Peninsula" von Yeon Song ho") bis zu einem kongolesischen Dokumentarfilm reicht hier die Bandbreite.


Während die bekannteren Namen durch das Label "Cannes Auswahl" einen gewissen Push bekommen werden, werden Debütanten und exotischere Filmländer davon kaum profitieren. Ihnen wird die fehlende mediale Präsenz, die Vorstellungen in Cannes gebracht hätten, bitter fehlen und sie werden sich wohl noch schwerer als in den vergangenen Jahren international vermarkten lassen.


Komplette Liste der Offiziellen Auswahl finden sie hier

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