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Blood & Sinners - Sinners

  • Autorenbild: Walter Gasperi
    Walter Gasperi
  • 18. Apr.
  • 3 Min. Lesezeit
"Blood & Sinners": Pulsierende Feier des Blues
"Blood & Sinners": Pulsierende Feier des Blues

Zwei afroamerikanische Brüder wollen im Mississippi der 1930er Jahre einen Tanzschuppen für Schwarze eröffnen, doch das leidenschaftliche Fest nimmt eine dramatische Wende: Ryan Cooglers Genre-Mix bietet eine pulsierende Feier des Blues und der Lebensfreude und lässt mitreißend Gegensätze aufeinanderprallen.


Mit "Fruitvale Station" (2013), der nach einem wahren Fall von rassistischer Polizeigewalt in den USA erzählt, dem "Rocky"-Ableger "Creed -Rocky´s Legacy" (2015) sowie den Marvel-Filmen "Black Panther" (2018) und "Black Panther: Wakanda Forever" (2022) hat sich Ryan Coogler als einer der wichtigsten afroamerikanischen Regisseure etabliert. Mitreißend versteht er es packendes Kino mit sozialkritischem schwarzem Engagement zu verknüpfen.


Beides bietet auch "Blood & Sinners", der in Clarksdale, Mississippi im Jahr 1932 spielt. Spannung baut Coogler schon mit der Eröffnungsszene auf, in der ein hinkender junger Mann mit zerkratztem Gesicht und dem Hals einer Gitarre in den Händen in eine ländliche Kirche humpelt, in der Gospelsongs gesungen werden. Der Prediger versucht diesen Sammie (Miles Caton), der sein Sohn ist, zu bewegen, der Musik abzuschwören und sich Gott zuzuwenden, während die Erzählung mehrfach schockartig von kurzen Bildern blutiger Gesichter unterbrochen wird.


Mit einem Schnitt springt Coogler einen Tag zurück und lässt die Haupthandlung mit der Rückkehr der Zwillingsbrüder Smoke und Stack – eine Doppelrolle von Cooglers Stammschauspieler Michael B. Jordan - in ihre Heimatstadt Clarksdale einsetzen. Im Gangstermilieu von Chicago sind sie reich geworden, haben offensichtlich die irischen und italienischen Banden gegeneinander ausgespielt und eine große Menge an irischem Bier und italienischem Rotwein mitgehen lassen.


Jetzt wollen sie in ihrer Heimat einen Tanzschuppen für Schwarze eröffnen und kaufen dafür von einem Ku-Klux-Klan-Anführer eine Scheune. Auch Helfer vom chinesischen Händler und dessen Frau über einen hünenhaften Baumwollpflücker als Türsteher bis zum alkoholsüchtigen alten Mundharmonikspieler Slim (Delroy Lindo) und ihrem Cousin Sammie, der bei begnadeter Blues-Gitarrist ist, engagieren sie für den Eröffnungsabend.


Viel Zeit lässt sich Coogler für die Schilderung des Milieus und des afroamerikanischen Lebens, doch die dem Film unterlegte Blues-Musik von Oscar-Preisträger Ludwig Göransson ("Tenet", "Oppenheimer"), der zu allen Filmen Cooglers die Musik beisteuerte, sorgt für einen treibenden Rhythmus und nie nachlassende Spannung.


Unaufdringlich, aber prägnant arbeitet der 39-jährige Regisseur dabei mit Gegensätzen. Denn hier stehen nicht nur die unterdrückten Afroamerikaner:innen den weitgehend unsichtbar bleibenden Weißen gegenüber, sondern Kamerafrau Autumn Durald Arkapaw, die mit analogem 65-mm-Film drehte, wird bald auch der weiten, lichtdurchfluteten Landschaft mit den Baumwollplantagen den geschlossenen Raum des Tanzschuppens gegenüberstellen.


Gleichzeitig steht der Tanzschuppen in Opposition zur Kirche der Eröffnungsszene, womit implizit auch ein Gegensatz von Lebensfreude und Religion, von Hölle und Himmel aufgebaut wird. Mitreißend beschwören Coogler und Arkapaw diese Vitalität vor allem in einer mehrminütigen Plansequenz, in der die Kamera durch die Scheune gleitet, in der leidenschaftlich gesunden und getanzt, gespielt, geliebt und getrunken wird.


Abrupt bricht in diese exzessive Lebenslust aber die Gewalt ein und die atmosphärisch dichte Evokation der leidenschaftlichen Feier wandelt sich in einen blutigen Schocker. Wenn die Aggressoren dabei ausnahmslos weiß sind und dem afroamerikanischen Blues deren irische Folk-Musik gegenübergestellt wird, ist das auch wieder eine Abrechnung mit dem us-amerikanischen Rassismus, verpackt freilich in einen nicht nur packenden, sondern auch produktionstechnisch begeisternden Genre-Mix.


Mit viel Aufwand und Liebe zum Detail erwecken Coogler und seine Kamerafrau zusammen mit Production Designerin Hannah Beachler und Kostümbildnerin Ruth E. Carter, die beide schon bei den "Black Panther"-Filmen mit Coogler zusammenarbeiteten, nämlich diese afroamerikanische Südstaatenwelt der 1930er Jahre zum Leben. Spannung entwickelt "Blood & Sinners" aber auch durch die markante Zeichnung und starke Besetzung der unterschiedlichen Charaktere von den ungleichen Zwillingsbrüdern, die einst geliebten Frauen wieder begegnen, über den jungen Sammie und den alten Alkoholiker Slim bis zum chinesischen Paar.


Wenn sich die Gruppe gegen Ende gegen die Aggressoren in der Scheune verschanzt, weckt das Erinnerungen an klassische Western mit Angriffen der Indigenen auf ein Fort ebenso wie an Howard Hawks´ klassischen Western "Rio Bravo" – oder John Carpenters Neuinterpretation "Assault – Anschlag bei Nacht". Ungleich blutiger verläuft hier freilich die Auseinandersetzung und dennoch wird am Ende, wenn Coogler im Nachspann die Brücke bis in die 1990er Jahre schlägt, die Erkenntnis stehen, dass diese eine Nacht trotz ihres gewalttätigen Endes die schönste und leidenschaftlichste im Leben der Beteiligten war.

 

 

Blood & Sinners USA 2025 Regie: Ryan Coogler mit: Michael B. Jordan, Miles Caton, Hailee Steinfeld, Jack O'Connell, Wunmi Mosaku, Delroy Lindo, Omar Benson Miller, Jayme Lawson Länge: 137 min.


Läuft derzeit in den Kinos.


Trailer zu "Blood & Sinners - Sinners"


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