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  • AutorenbildWalter Gasperi

Bekenntnisse des Hochstaplers Felix Krull


Detlev Bucks Neuverfilmung von Thomas Manns unvollendetem Roman punktet mit einem lustvoll aufspielenden Ensemble, geschliffenen Dialogen und teils leichthändig prickelnder Erzählweise.


Nach Kurt Hoffmanns 1957 entstandener Verfilmung mit Horst Buchholz in der Hauptrolle und Bernhard Sinkels fünfteiliger TV-Serie aus den frühen 1980er Jahren hat sich nun Detlev Buck an Thomas Manns Roman gewagt. Nicht unbedingt die erste Wahl für Manns ironischen Blick auf die High-Society des Fin de Siècle scheint Buck, ist er doch eher für realistische Großstadtfilme wie "Knallhart" oder "Asphaltgorillas" oder die Kinderfilm-Reihe "Bibi & Tina" bekannt. Andererseits hat er mit Daniel Kehlmanns "Die Vermessung der Welt" (2012) auch schon Erfahrungen im Bereich der Literaturverfilmung gesammelt. Gemeinsam mit Kehlmann hat er nun auch den unvollendeten Roman von Thomas Mann adaptiert, manches verändert, verkürzt oder eliminiert.


Der im Glas perlende Champagner stimmt schon auf einen Film voll Esprit und Leichtigkeit ein. Schwungvoll ist auch der Beginn mit dem Gang eines vornehmen Herrn (Jannis Niewöhner) durch die Straßen von Paris um 1900. Klassenunterschiede werden sichtbar, wenn er großzügig einem bettelnden Jungen einen Geldschein gibt, doch als der Herr das noble Hotel St. Edwards betritt, entpuppt er sich als Hotelpage, der nur kurz die Rolle gewechselt hat. - Man spürt in dieser Auftaktszene nicht nur die Lust Jannis Niewöhners an der Verkörperung dieses Hochstaplers, sondern auch die Leidenschaft von Regisseur Detlev Buck.


Als Rückblende – oder eben Bekenntnis – erzählt so Felix Krull in einem Pariser Restaurant dem Marquis Louis de Venosta (David Kross) seine Lebensgeschichte. Der Bogen spannt sich von der Kindheit im Rheingau als Sohn eines Schaumweinproduzenten, der nach der Insolvenz der Firma Selbstmord begeht, über die Musterung beim Militär und die Liebe zur Prostituierten Zaza (Liv Lisa Fries) bis zu den Erlebnissen als Angestellter im Pariser Hotel.


Dass diese Prostituierte Zaza, die Krull inzwischen nach Paris gefolgt ist, gleichzeitig die Geliebte von Venosta ist, verschweigt er freilich. Dafür entwickelt er einen Plan, um Venosta, dessen Vater gegen diese Beziehung ist, ein Leben mit Zaza zu ermöglichen: Krull wird dessen Identität annehmen und die von dessen Vater festgesetzte einjährige Weltreise durchführen, während Venosta selbst mit Zaza nach Nizza zieht.


Klassengegensätze lassen Buck / Kehlmann zwar aufeinanderprallen, doch um Gesellschaftskritik geht es ihnen kaum. Vielmehr erzählen sie davon, wie man mit Eloquenz und entsprechendem Auftreten beim Gegenüber so ankommt, dass einem alles verziehen wird. Nicht nur Kleider machen hier eben Leute, sondern mehr noch das Auftreten. Arm möchte niemand sein, Reichtum ist das Ziel, gleichzeitig stellt sich für Krull aber wieder die Frage, ob er bereit ist, für diesen Reichtum seine große Liebe zu opfern.


Wie das Leben von Krull dabei ständig in Bewegung ist und seine Erzählung episodischen Charakter hat, so geht es ganz allgemein im Film darum, dass das Leben stets Veränderung ist, Vergänglichkeit und das Episodische es bestimmen und stets zwischen den Polen Lust und Leid pendelt, die dem Leben erst die richtige Würze verleihen.


Leichthändig und in den besten Momenten prickelnd wie Champagner erzählt Buck und treibt, unterstützt von Krull als Erzähler, die Handlung dynamisch voran. Voll Ironie blickt er auf die Welt des Hotels, seine Gäste und Angestellten sowie die dortigen Machtverhältnisse, und auch die geschliffenen, bewusst gestelzten Dialoge und die variantenreiche Musik sorgen für Schwung und Witz.


Getragen wird diese Literaturverfilmung aber von einem starken Ensemble. Da überzeugt nicht nur Niewöhner in der Titelrolle, sondern auch Liv Lisa Fries als Zaza, Maria Furtwängler als arrogante Madame Houpflé, Nicholas Ofczarek als fieser Oberkellner Stanko und Joachim Krol als Professor Kuckuck reißen mit ihrer Spielfreude mit. - Bahnbrechend ist Bucks Film zwar sicherlich nicht und am Ende bleibt so wenig haften wie beim Genuss von Champagner, aber kurzweilige und geistreiche Kinounterhaltung wird allemal geboten.


Läuft derzeit in den österreichischen Kinos, z.B. im Cinema Dornbirn


Trailer zu "Bekenntnisse des Hochstaplers Felix Krull"


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