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AutorenbildWalter Gasperi

Amazonen einer Grossstadt


Ausgehend von den mythischen Amazonen und eigenen Kindheitserfahrungen zeichnet Thaïs Odermatt in ihrem 65-minütigen Dokumentarfilm starke Porträts von drei jungen, in Berlin lebenden Frauen, die ihren Weg gehen, und fordert damit implizit Frauen allgemein zu starkem und selbstbewusstem Auftreten auf.


Am Beginn stehen Super-8 Filme aus der Kindheit der 1980 geborenen Regisseurin, zu der sie über ihren kindlichen Traum reflektiert, eine starke Amazone zu sein. Mit Fotos blendet Odermatt über zu Jugend und Erwachsenenalter, während sich gleichzeitig das Bildformat weitet. Abhanden gekommen scheinen ihr schon mit dem Heranwachsen die jugendlichen Träume, doch als sie an der Filmhochschule Berlin Babelsberg zu studieren beginnt, erwachen sie wieder und die Filmemacherin macht sich in der deutschen Metropole auf die Suche nach modernen Amazonen.


Zwar folgt sie am Beginn kurz der Menschenrechtsaktivistin Irmela Mensah-Schramm, die seit Jahrzehnten in Berlin rechtsradikale Schmierereien entfernt, fokussiert aber dann auf der DJane That Fucking Sara, der Mixed-Martial-Arts-Kämpferin Maryana Ivashko und der ehemaligen kurdischen Guerilla-Kämpferin Zilan.


Parallel zeichnet Odermatt die Porträts dieser drei migrantischen Frauen. Mit Archivmaterial und Interviews bietet sie Einblick in die schwierige Kindheit der in Bangladesch geborenen Sara, die als Adoptivkind nach Dänemark kam, oder in die Kriegserfahrungen Zilans im kurdischen Berggebiet und vermittelt in Bildern vom harten Training und Kämpfen die Entschlossenheit und Stärke der aus der Ukraine stammenden Maryana.


Viel Raum lässt "Amazonen einer Grossstadt", der heuer den Schweizer Filmpreis für den besten Abschlussfilm gewann, ihren Protagonistinnen. Plastisch wird herausgearbeitet, wie diese Frauen in der multikulturellen deutschen Hauptstadt heimisch geworden sind und sich ihren Platz erkämpft haben und Zilan weiter einerseits in einem Projekt für Flüchtlingsfrauen kämpft, andererseits auch dafür sorgen will, dass ihr Sohn nicht machistisch-patriarchale Verhaltensweisen annimmt.


Gleichzeitig bringt die Innerschweizer Regisseurin aber auch sich selbst ins Spiel, wenn sie die Geburt ihrer Tochter und die Stärke thematisiert, die sich im Ertragen des Geburtsschmerzes manifestiert. Der Reduzierung auf äußere Schönheit auf den omnipräsenten Plakaten von Frauen wird dabei ein Projekt von Uta Melles gegenübergestellt, die ihre Brustamputation in einem Fotobuch dokumentierte und so die Schönheit des versehrten und unperfekten Körpers feierte.


Rund wird am Ende auch der Bogen zu Odermatts Familiengeschichte geschlossen, wenn sie wieder mit Archivmaterial an ihre eigene Mutter erinnert, die in der Innerschweiz als Amazone für das Frauenwahlrecht und gegen die Errichtung eines Atomendlagers kämpfte.


Fraglos sind die drei starken Protagonistinnen das wichtigste Kapital dieses Dokumentarfilms, doch Odermatt gelingt es auch die drei Porträts geschickt zu verzahnen und ihrem Film auch über das eingestreute Archivmaterial und ihre eigenen Reflexionen eine Leichtigkeit und Verspieltheit zu verleihen, die diesem Plädoyer für weibliches Selbstbewusstsein ansteckende Kraft verleiht. Haften bleibt so auch das Bild, in dem gegen Ende nicht nur die drei Porträtierten, sondern zahlreiche weitere Frauen auf einer Berliner Straße entschlossen auf die Kamera zu und so mit ihrem Kampf für selbstbestimmtes, unabhängiges Frausein auch in die Zukunft schreiten.


Läuft ab Donnerstag, 17.6. in den Schweizer Kinos, z.B. im Kinok in St. Gallen.


Trailer zu "Amazonen einer Grossstadt"



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