top of page
  • AutorenbildWalter Gasperi

Alma & Oskar


Die auf ihre Unabhängigkeit pochende Alma Mahler und der eifersüchtige und besitzergreifende Oskar Kokoschka: Grundstoff für eine toxische Beziehung, von der Dieter Berner mit starken Schauspieler:innen in einem episodischen Bilderbogen erzählt.


Schon 2016 hat Dieter Berner mit "Egon Schiele: Tod und Mädchen" einen biographischen Roman seiner Ehefrau Hilde Berger über einen Maler der Wiener Moderne verfilmt. Stand dort die Beziehung Schieles zu seinem Modell Wally Neuzil im Mittelpunkt, so fokussiert Berner in "Alma & Oskar" auf der toxischen Beziehung zwischen Alma Mahler (1879 - 1964) und Oskar Kokoschka (1886 - 1980). Als Grundlage diente dabei mit "Die Windsbraut" wieder ein Roman von Hilde Berger.


Schon in der ersten Szene, die 1911 während einer USA-Tournee Gustav Mahlers spielt, bringt Berner seine zentralen Themen auf den Punkt. Als Mahler nämlich einen an seine Frau gerichteten Liebesbrief entdeckt, bricht ein Ehekonflikt aus. Almas Unabhängigkeitsstreben, die offen zu ihrer Affäre mit dem Architekten Walter Gropius (Anton von Lucke) steht und betont, dass sie von ihrem Mann zu wenig wahrgenommen werde, wird dabei ebenso sichtbar wie der Vorwurf der Unterdrückung weiblicher Kreativität in einer Männergesellschaft.


Drei Monate später ist Gustav Mahler tot. Oskar Kokoschka (Valentin Postlmayr) kommt ins Haus, um die Totenmaske anzufertigen – und Alma (Emily Cox) ist von dem jungen Künstler, der sich um Konventionen nicht schert und mit seinen Bildern und Theaterstücken immer wieder aneckt, sofort fasziniert. Es beginnt eine leidenschaftliche Affäre, die aber von vielen Hochs und Tiefs durchzogen ist, da einerseits Alma auf ihre Unabhängigkeit pocht und auch mit anderen Männern flirtet oder eine Beziehung unterhält, andererseits sich Kokoschka als eifersüchtig und besitzergreifend erweist.


Intensiv und mit leidenschaftlich spielen Emily Cox und Valentin Postlmayr die Titelfiguren. Sie lassen die unbändige Kraft dieser obsessiven Leidenschaft trotz gegensätzlichem Charakter spüren. Aktuell ist Berners Film zudem in der Schilderung einer unabhängigen Frau, an deren Seite mit ihrer britischen lesbischen Freundin, die schon ein Auto fährt, auch eine weitere starke Frau steht, und im Blick auf die von Männern dominierte Gesellschaft, die Frauen künstlerisch nichts zutrauen und in der auch die Mutter von Gropius erklärt, dass Frauen immerhin die Gabe hätten, Kinder zu gebären.


Solide ist das auch inszeniert, doch künstlerische Inspiration, Verve und Regieeinfälle sucht man vergebens. Brav bebildert Berner die Geschichte, reiht episodenhaft Szene an Szene, verdichtet aber keinen Moment. Nur sehr begrenzt wird Einblick ins künstlerische Schaffen geboten, wenn Alma in einer kreativen Krise bei ihren Kompositionen steckt, und auch kein atmosphärisch dichtes Zeitbild wird entworfen. Die Welt um den Ersten Weltkrieg wirkt kulissenhaft und ist einzig Hintergrund für die Auslotung einer Amour fou, die ohne Hoffnung auf dauerhaftes Glück ist.


Auch aus dem Gegensatz zwischen dem impulsiven Kokoschka und dem nüchternen Walter Gropius macht Berner wenig. Die Pole zwischen purer Leidenschaft und beschaulicher Sicherheit, zwischen denen sich Alma nicht entscheiden kann oder will, werden damit zwar angeschnitten, aber mehr zum oberflächlichen Schnelldurchlauf als zur differenzierten Ausgestaltung einzelner Szenen tendiert Berners Film.


So wird nur biederes und spannungsarmes Ausstattungskino geboten, bei dem die mehrjährige Beziehung auf gut 90 Minuten verknappt wird, das aber leider nie wirkliche erzählerische Kraft entwickelt.



Alma & Oskar Österreich / Deutschland / Schweiz / Tschechien 2022 Regie: Dieter Berner mit: Emily Cox, Valentin Postlmayr, Anton von Lucke, Brigitte Karner, Tatiana Pauhofová, Wilfried Hochholdinger, Marcello De Nardo Länge: 88 min.



Läuft derzeit in den Kinos, z.B. im Cinema Dornbirn und im Kinok St. Gallen


Trailer zu "Alma & Oskar":


bottom of page