Eine Frau zieht sich nach einem schweren Verlust in die Abgeschiedenheit der Rocky Mountains zurück. – Sehr reduziert ist das Regiedebüt der Schauspielerin Robin Wright, entwickelt aber gerade durch die Beschränkung auf weitgehend eine Figur, spärlichen Dialog und großartige Landschaftsbilder Intensität.
Mit Robin Wright hat sich nach Sarah Polley, Greta Gerwig, Maria Schrader, Franka Poetente und vielen anderen eine weitere Schauspielerin auf den Regiestuhl gesetzt, gleichzeitig übernahm sie auch die Hauptrolle. Unaffektiert und zurückhaltend spielt sie diese Edee Holzer, deren Schmerz und Trauer man schon bei einer Sitzung bei einer Psychotherapeutin und dann bei der Begegnung mit ihrer Schwester spüren kann. Suizidgefährdet scheint sie, wenn sie der Schwester erklärt, dass sie nicht wisse, warum sie noch lebe.
Was ihr widerfahren ist, spart Wright lange auf, doch kurz aufflackernde Erinnerungen lassen vermuten, dass sie wohl Mann und Sohn verloren hat. Dieses Geheimnis ist die eine, aber kleinere Triebfeder des Films, zentral sind der Schmerz und die Trauer Edees.
Immer wieder zogen sich in den letzten Jahren in Filmen wie "Into the Wild" von Wrights Ex-Mann Sean Penn oder "Der große Trip – Wild" von Jean-Marc Vallée junge Menschen von der Zivilisation in die Wildnis zurück, um hier zu sich zu finden. Während die Protagonist*innen dann aber meist unterwegs sind und vielfach die äußere Bewegung mit einer inneren Entwicklung korrespondiert, bezieht Edee in einer Blockhütte in den Bergen von Wyoming – gedreht wurde allerdings im kanadischen Alberta - Quartier.
Jeden Kontakt mit der Außenwelt meidet sie. Das Handy fliegt beim Verlassen der letzten Stadt in eine Mülltonne, den Mann, der sie zur Hütte brachte, bittet sie jemanden ihr Auto abholen zu lassen. Fast wortlos erzählt Wright rund eine halbe Stunde von diesem Leben in der Einsamkeit und den Herausforderungen, die das hier für Städterin mit Jagd, Stürmen, eisigem Winter und einem Bären stellt.
In prächtigen Bildern fängt Kameramann Bobby Bukowski die Weite und Schönheit der bewaldeten Landschaft, den Wechsel der Jahreszeiten vom Sommer über die leuchtenden Herbstwälder bis zum schneereichen Winter ein. Spüren kann man hier, welche reinigende und befreiende Kraft diese Umwelt haben kann, doch Edee scheint von diesem Leben überfordert, droht schon zu sterben, als sie von einem Jäger (Demián Bichir) und einer Krankenschwester gefunden und gesund gepflegt wird.
Zunächst widerwillig, aber dann doch erfreut, gestattet sie dem Jäger sie immer wieder zu besuchen und sie fit für das Leben in der Wildnis zu machen, sofern er ihr nur nichts von der Welt erzählt. Sparsamer Dialog entwickelt sich mit den Begegnungen, bei denen Edee unter anderem lernt, Fallen zu stellen, Wild zu erlegen, Holz zu hacken und einen Hirsch zu häuten. Scheinen Edee und die Natur am Beginn Gegensätze zu sein und sie Kämpfe mit dieser scheinbar feindlichen Umwelt führen zu müssen, so wird sie immer vertrauter damit, bewegt sich sicherer und wird ein Teil dieser Welt.
So einfach und lakonisch wie der englische Titel "Land" ist, so einfach und unaufgeregt ist dies auch inszeniert und kongenial korrespondiert diese Erzählweise mit dem aufs Wesentliche reduzierten Leben. Nichts wird hier dramatisiert, nichts aufgebauscht. Ruhig und leise erzählt die 55-jährige Amerikanerin, beweist ein sicheres Gespür für Rhythmus und vermittelt eindrücklich, wie mit dem Eintauchen in die Natur und der neuen Begegnung langsam eine Wandlung und Entspannung einsetzt.
Gleichzeitig lässt der mehrmalige, teilweise freilich allzu abrupte Wechsel der Jahreszeiten auch spüren, wie viel Zeit nötig ist, um den schweren Schicksalsschlag zu verarbeiten und wieder zurück ins Leben und in die Zivilisation zu finden. Auch dass dabei die Erwartungshaltung, die mit Edees Begegnung mit dem Jäger aufgebaut wird, am Ende nicht erfüllt wird, gehört zu den Stärken dieses beeindruckend sicher inszenierten Debüts.
Läuft derzeit in den österreichischen und deutschen Kinos, z.B. im Cinema Dornbirn
Trailer zu "Abseits des Lebens - Land"
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