Um eine Liebesgeschichte herum zeichnet Robert Siodmak in seinem 1930 entstandenen Milieufilm das Porträt von rund einem Dutzend Bewohner:innen einer Berliner Pension. Der durch Realismus und starke Schauspieler:innen bestechende frühe Tonfilm ist bei UCM.One auf DVD und Blu-ray sowie in einem limitierten Mediabook (DVD + Blu-ray) erschienen.
Während der berühmte halbdokumentarische Stummfilm "Menschen am Sonntag" (1929) bei dem Robert Siodmak (zusammen mit Edgar G. Ulmer) erstmals Regie führte, von der Stadt ins Berliner Umland hinausführt und weitgehend im Freien spielt, legte Siodmak ("Die Wendeltreppe") seinen ersten Tonfilm als Kammerspiel an.
Das Insert "Ernstes und Heiteres aus einer Familienpension" kündigt ebenso schon die Handlung an, wie ein Lied, das melancholisch daran erinnert, dass die Dinge vergehen und nichts bleibt, wie es einmal war.
Mit einem Blick in den Gang der Pension von Frau Weber werden auch sogleich einige der Bewohner:innen vorgestellt, die der Knall eines Staubsaugers aus ihren Zimmern gelockt hat. Ungewöhnlich für einen frühen Tonfilm sind bei diesem Auftakt dabei die überlappenden Dialoge, die für Realismus sorgen, und das Nebeneinander zahlreicher Figuren. Nie wird der Film in den folgenden 73 Minuten diese Pension verlassen. Kein Blick ins Freie wird es geben und die Konzentration wird auch ganz auf den Bewohner:innen liegen.
Doch nicht nur räumlich beschränkt sich Siodmak, sondern er erzählt auch nahezu in Echtzeit, konzentriert auf einen Nachmittag und einen Abend. In die Breite geht dabei zunächst der Film, wenn Frau Weber und ihre schwerhörige Reinigungskraft Lena sowie ein reicher russischer Baron, ein Pianist, dessen Klavierspiel auch immer wieder die Filmmusik bildet, oder ein die Zimmer durchstöbernder und immer wieder Zigaretten schnorrender Gast vorgestellt werden.
Ins Zentrum rückt aber bald der junge Angestellte Peter Winkler (Aribert Mog), der sich nach seiner Rückkehr von der Arbeit ein Bad einlaufen lässt, und bald von seiner Verlobten Hella (Brigitte Horney) Besuch bekommt. Ihr Liebesglück steht zunächst im Gegensatz zu den mit ihrem Leben unzufriedenen Pensionsgästen.
Als Hella aber von anderen Bewohner:innen und nicht von Peter selbst erfährt, dass er am nächsten Tag nach Dresden abreisen will, um dort einen neuen Job anzunehmen, schleicht sich langsam Misstrauen in die Beziehung. Entwickelt sich zunächst ein Wechselspiel von scheinbar liebevollen Neckereien und ernstem Streit, so wird die Verunsicherung durch Missverständnisse, Geheimniskrämerei und Klatsch der Hausbewohner:innen bald größer.
Denn als Hella Peter in seinem Vorhaben aufgrund des lukrativen Angebots bestärkt, glaubt er, dass sie ihn loswerden wolle und ein neuer Liebhaber schon bereitstehe. Bestärkt wird Peter in seinem Verdacht, als er einen Zettel mit einem Namen und einer Telefonnummer findet.
Leichthändig verknüpft Siodmak diese Haupthandlung durch Parallelmontagen mit dem Porträt der anderen Bewohner:innen der Pension. Durch realistisch-ungeschönte Schilderung dieses Hauses mit seinen heruntergekommenen Zimmern und treffend gewählte Schauspieler:innen, die den gut zehn Figuren ein markantes und unverwechselbares Profil verleihen, entwickelt sich "Abschied" zu einem dichten Kammerspiel. Unaufdringlich, aber doch einprägsam wird dabei mit dem wiederholten Blick auf ein Foto eines alten Ehepaars auch immer wieder ein langlebiges Glück der Flüchtigkeit der Beziehung von Hella und Peter gegenübergestellt.
An Sprachversionen bietet die bei UCM.ONE erschienene DVD und Blu-ray nur die deutsche Originalfassung. Die Extras beschränken sich auf das von der UFA ohne Einwilligung Siodmaks dem Film als Epilog angefügte Happy End, das auch den Hauptfilm beendet. Das Mediabook mit DVD und Blu-ray enthält zudem noch ein 32-seitiges Booklet mit Biografien der Darsteller und des Regisseurs sowie seltene Fotos und Produktionsnotizen.
Trailer zu "Abschied" (1930)
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