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  • AutorenbildWalter Gasperi

Sisu


Ein Finne, der durch den Krieg Haus und Familie verloren hat, lässt sich gegen Ende des Zweiten Weltkriegs von einigen Nazis nicht aufhalten: Jalmari Helander knüpft mit seinem schnörkellosen Action-Thriller an das Exploitation-Kino der 1960er und 1970er Jahre an: Blutig und brutal, aber sehr unterhaltsam.


Während Quentin Tarantino in seinen Filmen mit dem von ihm geliebten Exploitationkino immer ironisch spielt, gibt es bei Jalmari Helander, der 2010 mit dem gewalttätigen Weihnachtsfilm "Rare Exports: A Christmas Tale" bekannt wurde, diese Metaebene nicht. Sein Film ist näher bei den Werken von Robert Rodriguez ("Machete", "Machete Kills"), lässt er doch wie dieser die Tradition des Exploitationkinos ungefiltert wieder aufleben.


Ein kurzes Insert zur deutschen Besetzung Finnlands im Zweiten Weltkrieg und zum Rückzug der Truppen im Jahr 1944 reicht aus, um die Handlung knapp historisch und räumlich zu verankern. Nachdem der hünenhafte, bärtige Protagonist (Jorma Tommila) in den Weiten Lapplands eine beträchtliche Menge Gold gefunden hat, möchte er mit seinem Schatz in die nächste Stadt bringen. Doch unterwegs kommt er an einem Trupp von sich zurückziehenden Nazis vorbei. Lassen diese ihn noch ziehen, will ihn die nächste Gruppe töten, denn die Deutschen wollen in Finnland nichts außer verbrannter Erde zurücklassen.


Doch die Besatzer legen sich dabei mit dem Falschen an. Je mehr Angriffe der knorrige Finne aber übersteht, desto entschlossener will der Anführer des deutschen Trupps dessen Tod. – In Kauf nimmt er dafür auch den Tod seiner Männer. Unbesiegbar scheint nämlich dieser Mann und der Ruf, dass er nach dem Verlust seiner Familie und seines Hauses, im Alleingang 300 Russen getötet haben soll, eilt ihm voraus. Einmal wird über ihn auch gesagt, er sei zwar nicht unsterblich, aber er weigere sich einfach zu sterben.


Welten treffen aufeinander, wenn er auf seinem Pferd einen deutschen Panzer passiert. Doch mag er auch nur - wie einst der legendäre "Rambo" - mit einem Messer bewaffnet sein, so erweist er sich doch schnell seinen Gegnern überlegen. Landminen weiß er wie Frisbee-Scheiben wirkungsvoll einzusetzen, Spürhunde düpiert er, indem er sich mit Benzin überschüttet und schließlich auch anzündet. Auch unter Wasser erweist er sich als wehrhaft und nicht einmal durch Erhängen kann man ihn ausschalten.


Gewehrkugeln und Granatsplitter entfernt er mit seinem Messer und näht dann gleich auch noch notdürftig die Wunde, nachdem er sie zuvor mit Benzin ausgebrannt hat. Sukzessive blutverschmierter und schmutziger wird im Lauf des Films sein Gesicht, aber je mehr man ihn malträtiert, desto entschlossener reagiert er.


Nichts für Zartbesaitete ist "Sisu", dessen Titel auf diese Entschlossenheit und den grenzenlosen Mut im Moment völliger Hoffnungslosigkeit verweist. Immer wieder spritzt hier nämlich Blut, wenn Kehlen durchgeschnitten, Köpfe gespaltet werden oder Gliedmaßen durch die Luft fliegen.


Detailaufnahmen akzentuieren Verwundungen oder den Schmerz des Finnen, während Totalen die Handlung in die großartige, endlos weite Landschaft Lapplands einbetten. Auch der mächtig aufdrehende Soundtrack trägt zur dichten Atmosphäre bei, während die in Goldfarben gehaltenen Kapitelinserts wieder direkt den Stil der Vorspanne des Italo-Western und des Exploitationkinos der 1960er und 1970er Jahre zu zitieren scheint.


Aufs Wesentliche reduziert sind Figuren und Handlung. Nur der Held bekommt eine minimale Backstory, einziges Thema ist die Rache des Finnen. Schnörkellos wird die Handlung vorangetrieben, Dialoge gibt es fast keine, der Protagonist spricht bis kurz vor Ende überhaupt kein Wort.


Dennoch hält Helander diese Kinomaschine mit immer wieder neuen Wendungen mühelos am Laufen und lässt schließlich auch eine Gruppe gefangener finnischer Frauen den Helden tatkräftig unterstützen und selbst Rache nehmen.


Mit Realismus hat dies freilich nichts zu tun, doch dass die Handlung zunehmend absurdere Züge annimmt, stört nicht, denn das Vergnügen, mit dem "Susi" gedreht wurde, überträgt sich direkt auf die Zuschauer:innen. Das ist eben keine glattpolierte Hochglanzproduktion, sondern ein saftiges Kinostück, das sich um Political Correctness nicht kümmert und lustvoll diese Einmann-Armee sadistische Nazis massakrieren lässt.



Sisu Finnland 2022 Regie: Jalmari Helander mit: Jorma Tommila, Aksel Hennie, Jack Doolan, Mimosa Willamo, Onni Tommila Länge: 91 min.


Läuft derzeit in den Kinos, z.B. im Cineplexx Hohenems und im Skino Schaan (O.m.U.).


Trailer zu "Sisu"


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