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The Life of Chuck

  • Autorenbild: Walter Gasperi
    Walter Gasperi
  • 26. Juli
  • 3 Min. Lesezeit

"The Life of Chuck": Mike Flanagans Stephen King-Verfilmung feiert das Leben
"The Life of Chuck": Mike Flanagans Stephen King-Verfilmung feiert das Leben

Mike Flanagan erzählt in seiner Verfilmung von Stephen Kings Kurzgeschichte "Chucks Leben" gefühlvoll von den Schönheiten und Schicksalsschlägen des Lebens: Ein vom empathischen Blick auf die Menschen getragenes, sanft-melancholisches Drama, das globale Katastrophen mit persönlichen kurzschließt und dennoch das Leben feiert.


Stephen King ist für seine Horrorgeschichten bekannt. 89 Titel listet Wikipedia zum Schlagwort "Stephen King-Verfilmungen" auf. Nach Vorlagen des Bestsellerautors drehte beispielsweise Stanley Kubrick ebenso den Horrorfilm "The Shining" (1980) wie Andy Muschietty den Zweiteiler "Es" (2017 und 2019), Brian De Palma den Psychothriller "Carrie" (1976) und David Cronenberg den Mystery-Thriller "The Dead Zone" (1983).


Dass King aber auch ganz andere Töne anschlagen kann, zeigten besonders die Verfilmungen von Kurzgeschichten. Rob Reiner machte so aus der Erzählung "Die Leiche" (1982) den starken Jugendfilm "Stand by Me – Das Geheimnis eines Sommers" (1986) und Frank Darabont gelang mit der Verfilmung der Novelle "Frühlingserwachen: Pin-up" (1982) der große Gefängnisfilm "The Shawshank Redemption" ("Die Verurteilten", 1994).


Mike Flanagan, der mit "Das Spiel" (2017) und der "Shining"-Fortsetzung "Doctor Sleep" (2019) schon für zwei King-Verfilmungen verantwortlich zeichnet, hat nun die 2020 in der Novellensammlung "Blutige Nachrichten" erschienene Kurzgeschichte "Chucks Leben" adaptiert.


Nicht chronologisch, sondern vielmehr rückwärts erzählt Flanagan in den drei Akten "Danke, Chuck!", "Lang lebe die Straßenmusik" und "Ich enthalte Vielheiten" dabei vom Leben des Buchhalters Charles "Chuck" Krantz.


Langsam und von außen nähert sich der 47-jährige US-Regisseur dabei seinem Protagonisten. Fast nur auf Plakaten, die überall in der amerikanischen Kleinstadt hängen, oder in TV-Spots ist Chuck im ersten Akt präsent. Gedankt wird ihm darauf für 39 großartige Jahre, doch niemand scheint diesen unscheinbaren Jedermann zu kennen.


Im Mittelpunkt steht vielmehr der afroamerikanische Lehrer Marty (Chiwetel Ejiofor), der angesichts globaler Katastrophen von Erdbeben, Überschwemmungen und Vulkanausbrüchen bis zum Ausfall des Internets und dem Zusammenbruch jeder Infrastruktur den Kontakt zu seiner in einem Krankenhaus als Pflegerin arbeitenden Ex-Frau (Karen Gillan) sucht.


Den Weltuntergang schließen King und Flanagan so mit dem Verlöschen eines einzelnen Lebens kurz und erinnern gleichzeitig an die Kürze des menschlichen Lebens, wenn sie dieses mehrfach in Bezug zur Länge der Erdgeschichte stellen.


Doch trotz dieses bedrückenden Szenarios bleibt "The Life of Chuck" immer leicht und feiert mit sanfter Melancholie das Leben. Von aller Erdenschwere und Biederkeit befreit sich so der Protagonist (Tom Hiddleston) im zweiten Akt, wenn er zur Musik einer Straßenmusikerin zu tanzen beginnt.


Der Gelöstheit dieses Moments stehen die bitteren Verluste, die Chuck im dritten Akt in seiner Kindheit erfährt gegenüber, gleichzeitig ist es aber auch hier wieder der Tanz und eine erwachende Liebe, die die traurigen Momente überstrahlen.


Kunstvoll stellt Flanagan Querverbindungen zwischen den Akten und den Figuren her, wenn zweimal Walt Whitmans Gedicht "Gesang von mir selbst" und im Speziellen dessen Zeilen "Ich bin weiträumig, ich enthalte Vielheiten" interpretiert werden oder wenn ein Bestatter zweimal über die Länge eines Tages philosophiert. Auch die Zeitlichkeit wird hier aufgehoben, wenn Figuren aus dem 20 bis 30 Jahre später spielenden Akt hier ohne Verjüngung auftauchen.


Das Mysteriöse, auf das King und Flanagan nicht ganz verzichten wollen, trägt nicht unwesentlich zum Reiz von "The Life of Chuck" bei und in einem "Spukzimmer" wird mit einer finalen Begegnung auch eine Szene aus Kubricks "2001 – A Space Odyssey" zitiert. Doch diese Szenen bleiben nicht selbstzweckhaft, sondern feiern immer auch die Bedeutung des Augenblicks, da es angesichts der Vergänglichkeit nur ein Leben im Jetzt gibt.


So werden auch weder Chucks Liebes- noch seine Krankengeschichte breit auserzählt, sondern der Fokus liegt ganz auf dem Glück des Augenblicks, das Tänze mit der Großmutter in der Küche oder in einem Kurs in der Schule bereiten und ein allwissender Erzähler vermittelt mit seiner ruhigen Stimme in diesem erzählerisch ungewöhnlichen und bewegenden Film trotz aller Stürme des Lebens ein Gefühl der Geborgenheit und der Sicherheit.

  

 

The Life of Chuck USA 2024 Regie: Mike Flanagan mit: Tom Hiddleston, Chiwetel Ejiofor, Karen Gillan, Jacob Tremblay, Mark Hamill, Benjamin Pajak, Mia Sara Länge: 112 min.



Läuft derzeit in den deutschen und österreichischen Kinos, z.B. im Cinema Dornbirn.


Trailer zu "The Life of Chuck"


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