Ein alter Mann bricht nach dem Tod seiner Frau mit öffentlichen Bussen zu einer Reise vom nördlichsten Punkt Schottlands zum südlichsten Punkt Englands auf, wo sie sich einst kennenlernten: Ein ganz auf einen groß aufspielenden Timothy Spall zugeschnittenes Road-Movie, das allerdings auch sentimental und in den unterschiedlichen Begegnungen sehr kalkuliert und wenig glaubwürdig ist.
Das Insert "Land´s End, Cornwall, 1952" und der Wunsch einer jungen Frau mit ihrem Mann diese Gegend zu verlassen, steht am Beginn. Mit einem Schnitt wechselt der Film vom äußersten Süden Englands nach John O'Groats an der Nordspitze Schottlands, wo das Paar in einem abgelegenen Haus eine neue Heimat findet. Was Tom und Mary zum Umzug bewegte, werden der schottische Regisseur Gillies MacKinnon und sein Drehbuchautor Joe Ainsworth erst am Ende aufklären.
Mit einer Überblendung überspringt MacKinnon über 65 Jahre und lässt aus dem jungen Paar ein altes werden, um mit einem weiteren Schnitt Tom allein im leeren Haus zwischen Umzugskarton zu zeigen. Seine Frau Mary ist offensichtlich inzwischen gestorben, er aber will, obwohl er selbst unheilbar an Krebs erkrankt ist, nochmals an den Ort ihrer Jugend zurückkehren. Genau studiert hat er die über 1300 Kilometer lange Route auf einer Landkarte, hat in einem Notizbuch nicht nur die öffentlichen Busse festgehalten, die er nehmen muss, sondern auch die einzelnen Unterkünfte genau verzeichnet.
Spätestens wenn Tom in einer kleinen Pension darauf besteht ein bestimmtes Zimmer zu bekommen, wird klar, dass er exakt spiegelbildlich die Reise seiner Jugend wiederholen will. Dass die Unterkünfte der 1950er Jahre in Realität wohl kaum mehr existieren, steht auf einem anderen Blatt.
In seine Reise mischen sich immer wieder kurze Erinnerungen an die frühen Jahre mit Mary, die langsam einen bruchstückhaften Einblick vor allem in ein einschneidendes Ereignis bieten. Gleichzeitig führt die Reise – wie üblich bei solchen Roadmovies – zu unterschiedlichsten Begegnungen, die aber so kurz bleiben, dass diese Figuren kaum Profil gewinnen.
Da hilft Tom als ehemaliger Mechaniker bald einem Mann mit seinem defekten Jeep, bald klaut ihm eine junge Frau seinen Koffer, dann wiederum schreitet er selbst im Bus gegen einen Rassisten ein und schützt eine junge verschleierte Muslima. Wie einem Katalog entnommen, deklinieren MacKinnon und Ainsworth Gegensätze durch und stellen beispielsweise auch einem pingeligen und hartherzigen Buschauffeur liebenswürdige Ukrainer gegenüber, die Tom zu einer Geburtstagsfeier einladen.
Wie an einer Perlenkette aufgefädelt, werden so Episoden aneinandergereiht und zweifellos gut gemeint ist dieses Plädoyer für Toleranz und ein freundliches und liebevolles Miteinander, für das der herzensgute Tom steht, der scheinbar keiner Fliege etwas zu Leide tun kann. Doch allzu berechnend und damit wenig überzeugend wird dies präsentiert.
Da mögen die Landschaftsaufnahmen der schottischen Highlands und Seen während des ersten Teils der Reise noch so prächtig sein, so kann dieser visuelle Genuss doch nicht über die Sentimentalitäten hinwegtäuschen, wenn MacKinnon bei den Begegnungen immer wieder auf die Tränendrüse drückt. Und auch die Rückblenden zum jungen Paar wirken mit der wunderschönen und stets ins beste Licht gerückten blonden Mary geschmäcklerisch und kitschig.
Zusammengehalten wird diese Reise von Hauptdarsteller Timothy Spall, auf den "The Last Bus" ganz zugeschnitten ist und der die Handlung auch als Bühne nützt, um seine Schauspielkünste zu demonstrieren. Mit Blicken, Gesten, Bewegungen und Sprache versteht der Brite, der vor allem als William Turner in Mike Leighs "Mr. Turner" in bester Erinnerung ist, durchaus zu begeistern, gleichwohl tut man sich schwer mit seinem Alter. Denn wenn dieser Tom schon als 15-Jähriger im Zweiten Weltkrieg diente, müsste er jetzt gute 90 sein. Doch dieses Alter will und kann man dem erst 64-jährigen Spall einfach nicht abnehmen.
Läuft derzeit in den Schweizer Kinos, z.B. im Kinok St. Gallen und im Skino Schaan.
Trailer zu "The Last Bus"
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