Schwarzhumorige Tragikomödie um zwei Freunde, die sukzessive zu erbitterten Feinden werden, als der eine die Freundschaft aufkündigt, der andere dies aber nicht akzeptieren will: Ein perfekt aufgebautes Drehbuch, markante Figurenzeichnung und großartige Schauspieler:innen sowie eine kleine irische Insel als Setting sorgen für perfekte Kinounterhaltung, die nach komödiantischem Beginn zunehmend ernstere Töne anschlägt.
In Flugaufnahme erfasst die Kamera die grünen Felder der an der irischen Westküste gelegenen, fiktiven Insel Inisherin. Während im Jahr 1923 auf dem Festland der Bürgerkrieg tobt, scheint hier das Leben den gewohnten ruhigen Gang zu gehen. Wie üblich schaut Pádraic (Colin Farrell) auch an diesem Tag bei seinem alten Freund Colm (Brendan Gleeson), der in einem abgelegenen Haus am Meer wohnt, vorbei und will ihn zum Pub-Besuch abholen. Doch Colm erklärt ihm aus heiterem Himmel, dass er die Freundschaft für beendet erkläre und nichts mehr mit Padraic zu tun haben wolle.
Verwirrt geht Padraic weg, überlegt, ob sie gestritten haben oder ob er seinen Freund beleidigt haben könnte. Auch seine Schwester und der Besitzer des Pubs fragen ihn überrascht, ob sie denn gestritten haben und so schleicht sich über die Wiederholung der Frage trockener Witz ein. Zwar kommt auch Colm ins Pub, setzt sich aber möglichst weit entfernt von Pádraic.
Als der doch eher einfältige Pádraic nicht lockerlassen will, erklärt der grüblerische Colm, dass er seine Zeit nicht mehr mit banalem Geschwätz verplempern, sondern noch ein Musikstück schaffen will, das bleibt. Fragen nach dem Lebenssinn, nach dem Bleibenden kommen so auf, ohne dass diese besonders forciert würden.
Pádraic aber akzeptiert auch diese Antwort nicht. Weiterhin sucht er den Kontakt zu Colm, obwohl dieser drastische Maßnahmen androht. Sukzessive eskaliert so die Situation.
Nach seinem Welterfolg "Three Billboards Outside Ebbing, Missouri" (2017) ist Martin McDonagh für seinen vierten Kinofilm wieder in seine irische Heimat zurückgekehrt. Gleichzeitig knüpft er mit der Besetzung der beiden Hauptrollen mit Colin Farrell und Brendan Gleeson an sein kultiges Debüt "In Bruges – Brügge sehen …und sterben?" (2008) an, in dem das Duo zwei grüblerische Auftragskiller spielte.
Doch McDonagh ist nicht nur in seine Heimat zurückgekehrt, sondern hat für diese lakonische Tragikomödie auch sein eigenes, schon 1994 geschriebenes, aber nie aufgeführtes Theaterstück "The Banshees of Inisherin" zu einem meisterhaft aufgebauten Drehbuch überarbeitet. Mit genauem Timing und trockener Inszenierung steigert er die Spannungen und lässt die schwarze Komödie sich Schritt für Schritt zum ernsten Drama entwickeln.
Im Kleinen wird so erzählt, wie Sturheit und mangelnde Einsicht und Verständnis gegenüber dem anderen zu massiven Konflikten führen können. Gespiegelt wird so in der privaten Geschichte von Colm und Pádraic der irische Bürgerkrieg, von dem Geschützfeuer am Festland kündet.
Eine große Bühne bieten die Rollen der beiden Ex-Freunde Colin Farrell und Brendan Gleeson, aber auch die punktgenauen Dialoge – unbedingt in Originalsprache sollte man diesen Film sehen! – und markante Nebenfiguren tragen wesentlich zum großartigen Gesamteindruck bei. Da gibt es den Besitzer des Pubs, der kalmieren will, ebenso wie eine Gemischtwarenhändlerin, die auch Post vom Festland in Empfang nimmt und diese stets zu öffnen und zu lesen scheint.
Dazu kommt ein Polizist, der immer wieder seinen geistig etwas zurückgebliebenen Sohn brutal verprügelt, oder die alte, ganz in Schwarz gekleidete Mrs. McCormick, die über die Insel zieht und wie eine Hexe immer wieder düstere Prophezeiungen ausspricht. Und schließlich ist da noch Pádraics Schwester Shioban (Kerry Condon), der dieses monotone Leben auf der Insel und die eigenbrödlerischen Bewohner:innen langsam zu viel werden.
Großartig bettet die Kamera von Ben Davis die Handlung in der ebenso malerischen wie rauen Landschaft der grünen Insel - gedreht wurde auf den Inseln Árainn und Acaill - ein. Ein starker Kontrast ergibt sich dabei auch aus dem Wechselspiel zwischen meist Wolken verhangenen und windigen Landschaftstotalen und teilweise nur von Kaminfeuer erhellten engen Innenszenen. Dazu kommt die stimmungsvolle Musik von Carter Burwell, die auch durch die Verwendung trauriger Volkslieder von Johannes Brahms die erdig-irische Atmosphäre meisterhaft verdichtet.
So wird aus der kleinen Geschichte vom Ende einer Freundschaft durch das Zusammenspiel von Schauspieler:innen, Drehbuch, Kameraarbeit und Musik ein wunderbar runder und trotz drastischer Momente warmherziger, von tiefer Liebe zu seinen Figuren durchzogener Film, der leise und unaufdringlich für mehr Offenheit gegenüber dem anderen und dessen Wünschen plädiert.
The Banshees of Inisherin Irland / Großbritannien / USA 2022 Regie: Martin McDonagh mit: Colin Farrell, Brendan Gleeson, Kerry Condon Barry Keoghan, Pat Shortt, Sheila Flitton Länge: 109 min.
Läuft derzeit in den Kinos - Originalfassung mit Untertitel im Skino Schaan und im Kino Scala in St. Gallen sowie: TaSKino Feldkirch im Kino GUK: 3.2. bis 8.2.
Trailer zu "The Banshees of Inischerin"
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