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Teresa – Ein Leben zwischen Licht und Schatten // Mother – Die Mutter hinter der Ikone

  • Autorenbild: Walter Gasperi
    Walter Gasperi
  • vor 3 Stunden
  • 3 Min. Lesezeit
"Teresa" ("Mother"): Kein hagigographisches, sondern ein widersprüchliches Porträt der Ikone Mutter Teresa
"Teresa" ("Mother"): Kein hagigographisches, sondern ein widersprüchliches Porträt der Ikone Mutter Teresa

Kein Biopic über Mutter Teresa, sondern ein auf sieben Tage konzentriertes Porträt, das intensiv Widersprüche der Ikone auslotet: Kein hagiographischer Film, sondern ein kraftvoll inszeniertes und von einer großartigen Noomi Rapace in der Hauptrolle getragenes Kammerspiel.


Die 1910 im heute in Nordmazedonien gelegenen Skopje geborene katholische Ordensschwester Mutter Teresa gehört zu den Ikonen des 20. Jahrhunderts. Ihr unermüdliches Engagement für die Armen in den Slums von Kalkutta machte sie weltberühmt, das Bild der Frau in weißem Sari mit blauem Rand prägte sich ein.


Von Papst Franziskus wurde die 1997 verstorbene Gründerin des Ordens der Missionarinnen der Nächstenliebe 2016 heilig gesprochen und schon 1979 erhielt sie den Friedensnobelpreis. Gleichzeitig provozierte sie nicht nur bei der Verleihung dieses Preises mit ihrer entschiedenen Verurteilung der Abtreibung heftigen Widerspruch.


Die ebenfalls aus Nordmazedonien stammende Teona Strugar Mitevska ("God Exists, Her Name is Petrunya", 2019), die schon vor 15 Jahren für den Dokumentarfilm "Teresa und ich" die letzten vier noch lebenden Nonnen, die mit Mutter Teresa zusammengearbeitet hatten, interviewt hat, zeichnet in "Teresa – Ein Leben zwischen Licht und Schatten" nicht das ganze Leben der Heiligen nach, sondern fokussiert auf sieben Tage im Jahr 1948.


Ein Insert informiert, dass Mutter Teresa schon vor zwei Jahren ein Schreiben an den Vatikan gerichtet hat, in dem sie bittet, den Orden der Loretoschwestern verlassen zu dürfen, um eine neue Gemeinschaft zu gründen. Mit dieser will sie sich in den Slums um die Ärmsten der Armen – Waisenkinder, Obdachlose, Leprakranke und Sterbende - kümmern.


Dröhnende Hard-Rock-Musik setzt zu diesem Insert ebenso einen ungewöhnlichen Akzent wie die sich daran anschließenden leinwandfüllenden Buchtstaben der Kapitelüberschrift "Tag 7". Wenn Mitevska in einem Countdown die Handlung bis zum "Tag 0" entwickelt, mit dem für Teresa mit dem Verlassen des Klosters und der Gründung ihres eigenen Ordens ein neues Leben beginnt, orientiert sie sich offensichtlich am biblischen Schöpfungsbericht.


Außer, dass sie aus Skopje stammt, wird man nichts über ihre Vorgeschichte erfahren. Nur wenige Szenen führen in die Slums von Kalkutta, in denen sie die Wunden der Kranken zu versorgen und den Hunger und Durst der Menschen mit Brotkügelchen und Wasser zu lindern versucht. Nicht nur hier folgt die unruhige Handkamera von Virginie Saint-Martin hautnah Mutter Teresa und zieht die Zuschauer:innen in die Perspektive der Protagonistin hinein, sondern auch in den Gängen des Klosters klebt sie immer wieder an ihrem Gesicht.


Markant trennt Mitevska mit der Klostermauer die Außenwelt und die Gemeinschaft, in der gebetet, gesungen, Brot gebacken und Kinder unterrichtet werden, aber die soziale Not ausgeblendet bleibt. Nicht nur die kahlen Räume, die engen Gänge und das mächtige Stiegenhaus, sondern mehr noch die Kameraperspektiven, mit denen diese gefilmt werden, erzeugen ein Gefühl der Beklemmung und Klaustrophobie.


Dem sozialen Engagement Mutter Teresas in den Straßen der Metropole wird aber mit einer fiktiven Handlung auch ihre Rigorosität und Härte als Oberin gegenüber den Nonnen der Ordensgemeinschaft gegenübergestellt. In der jungen Schwester Agnieszka (Sylvia Hoeks) hat sie nämlich schon eine Nachfolgerin gefunden, doch gerade diese gesteht ihr, dass sie schwanger ist.


Kein Verzeihen und keine Milde kennt Teresa, denn auch persönlich verraten fühlt sie sich. Gleichzeitig löst Agnieszka aber bei ihr auch Glaubenszweifel aus, wenn die Schwangere der Liebe zu Gott ihre Liebe zu einem Mann gegenüberstellt. Teresas rigorosen Ablehnung einer Abtreibung steht aber auch die offenere Haltung ihres Beichtvaters und eines Arztes, der die Entscheidungsfreiheit jedes Menschen in den Vordergrund stellt, gegenüber.


Mit Horrorelementen spielt Mitevska nicht nur durch Kameraperspektiven, sondern auch mit Alpträumen, die Teresa bald bedrängen oder ihrem Gefühl, dass die Zimmerwände immer näher zusammenrücken. Immer wieder verstört dieser Film, der von einer großartigen Noomi Rapace, die in jeder Szene präsent ist, zusammengehalten und getragen wird, so durch seine ebenso wilde wie zupackende Inszenierung, vermittelt aber auch gerade dadurch intensiv die Widersprüchlichkeit dieser zwischen rigorosen Glaubenslehren und sozialem Engagement zerrissenen Ikone.


Haften bleibt dabei sicher auch die Schlussszene, in der Vergangenheit und Gegenwart kurzgeschlossen werden, wenn die immer noch junge Mutter Teresa nun durch ein heutiges Kalkutta geht, in dem die Menschen moderne T-Shirts tragen und Handys benutzen. Teresa – Ein Leben zwischen Licht und Schatten // Mother – Die Mutter hinter der Ikone

Nordmazedonien / Schweden / Belgien / Dänemark / Bosnien und Herzegowina 2025

Regie: Teona Strugar Mitevska

mit: Noomi Rapace, Sylvia Hoeks, Nikola Ristanovski, Marijke Pinoy, Ekin Corapci, Labina Strugar Mitevska, Akshay Kapoor, Vala Noren

Länge: 104 min.

 


Läuft derzeit in den deutschen und österreichischen Kinos, z.B. im Cinema Dornbirn und im Kino GUK in Feldkirch. - Ab 29.1. in den Schweizer Kinos.



Trailer zu "Teresa – Ein Leben zwischen Licht und Schatten // Mother – Die Mutter hinter der Ikone"



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