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  • AutorenbildWalter Gasperi

Streaming: Euthanizer


Automechaniker Veijo schläfert schwarz Haustiere ein, die die Besitzer loswerden wollen. Befreien will er Katzen, Hunde und Meerschweinchen damit aus ihrer unerträglichen Gefangenschaft. – Die pechschwarze finnische Thrillergroteske, die auch Fragen von Schuld und Rache aufwirft, kann bei Outside the Box in der Schweiz und in Liechtenstein gestreamt werden.


So trocken sich der Automechaniker Veijo (Matti Onnismaa) mit "Reparaturen und Endlösungen" am Telefon meldet, so trocken führt er auch in Teemu Nikkis zweitem langem Spielfilm seine Aufträge durch: Kleine Tiere vergast er zu finnischer Schlagermusik im Auto, große erschießt er im Wald, bestreut sie mit Kalk, weil das die Zersetzung beschleunigt, und begräbt sie.


Wo Veijo wohnt, sieht man nie, sein einziger Aufenthaltsort scheint seine verdreckte Autowerkstatt zu sein. Hauptsächlich schauen hier aber Tierbesitzer vorbei, die ihre Vierbeiner loswerden wollen. Im Gegensatz zu den Besitzern liebt Veijo freilich die Tiere und will sie von ihrem Leid befreien.


Den Tierhaltern führt er jeweils eindringlich vor Augen, wie unpassend sie ihre vermeintlichen Lieblinge gehalten haben. Einer Frau mit Katze macht er bewusst, dass dieses Tier nicht für eine kleine Wohnung geschaffen wurde und nicht dazu da sein soll, um ihre Einsamkeit zu mildern, der Besitzerin eines kränklichen Meerschweinchens, dass dieses Tier niemals allein gehalten werden soll, und einem Hundehalter macht er die Situation seines Hundes deutlich, indem er ihn in den engen Hundekäfig sperrt.


Im Clinch ist Veijo aber auch mit der örtlichen Tierärztin, die die Tiere nicht liebt, sondern sie nur benutzt, um ein Geschäft mit ihnen zu machen. Aber auch mit einer Gruppe junger Neo-Nazis legt er sich an, als diese ihn in die Mangel nehmen, weil er einen Hund, den er töten sollte, am Leben ließ und aufnahm.


Mit Menschen hat es dieser wortkarge etwa Sechzigjährige, der stets eine dicke Brille und eine Schieberkappe trägt, nicht. Auch seinen im Krankenhaus liegenden Vater malträtiert er mehr als sich um ihn zu kümmern, dennoch beginnt sich die Krankenpflegerin des Vaters für Veijo zu interessieren. Zärtlichkeit und Romantik kommt dabei aber kaum auf, vielmehr bricht bald ein animalischer Trieb durch, bei dem die Lust durch Gewalt gesteigert werden soll.


So bitter Teemu Nikkis Blick auf die Menschen und das triste Milieu des ländlichen Finnland ist, so trocken und lakonisch ist das inszeniert. Nicht christliche Nächstenliebe gibt es hier, sondern ein archaisch-alttestamentarisches "Auge um Auge, Zahn um Zahn" zieht sich durch "Euthanizer" und auch die Frage der Euthanasie an Menschen kommt bald ins Spiel.


Diese Erlösung will Veijo seinem todkrank im Krankenhaus liegenden Vater aber nicht gewähren, denn wie die Tierhalter muss auch er seiner Meinung nach zunächst noch ausgiebig leiden für eine alte Schuld und auch bei den Rassisten gilt es Gleiches mit Gleichem zu vergelten. – So kompromisslos ist Veijo dabei aber, dass er für Gewalt die er ausübt, auch für sich selbst die gleiche Bestrafung fordert, Erlösung in Form von Euthanasie muss hier von außen kommen.


Keine leichte Kost ist das, sondern ein betont schmutziges, in verwaschene Farben getauchtes rohes B-Movie, eine von grimmigem Humor durchzogene Thrillergroteske, die nicht von einer Versöhnung und Heilung erzählt, sondern ihren düsteren Ton gegen Ende sogar noch steigert, aber schließlich auch aufdeckt, wie ein kindliches Trauma lebenslang nachwirken kann.


Streaming in der Schweiz und in Liechtenstein bei Outside the Box

Trailer zu "Euthanizer"



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