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  • AutorenbildWalter Gasperi

Schuhputzer - Sciuscia

Aktualisiert: 22. Apr. 2019


Bei Pidax Film jetzt auf DVD erschienen

Mit ihrer zornigen Anklage gegen die Erwachsenen, die schutzbedürftigen Kindern weder das bieten, was sie bräuchten, noch Mitleid mit ihnen zeigen, gelang Vittorio de Sica und seinem Drehbuchautor Cesare Zavattini 1946 ein Meisterwerk des italienischen Neorealismus. Bei Pidax Film ist dieser Klassiker in bestechender Bildqualität auf DVD erschienen.


Zwei Jahre vor dem legendären „Fahrraddiebe – Ladri di biciclette“ entstand aus der ersten Zusammenarbeit von Vittorio de Sica und Cesare Zavattini „Schuhputzer“. Nicht ganz so geschlossen und rund wie der Nachfolgefilm mag dieses Drama sein, zeichnet sich aber durch die gleiche künstlerische Vorgangsweise und die gleichen Qualitäten aus.


Auch hier ist die Kamera – und damit auch De Sica/Zavattini – ganz auf Augenhöhe mit ihren Protagonisten, auch hier wird die Geschichte dem Alltag entnommen und lebt von den Laiendarstellern und dem ungeschönten Blick auf die Realität des unmittelbaren Nachkriegsitalien.


Glückliche Kinder, die auf einem weißen Pferd über einen Feldweg reiten, sieht man zwar in der ersten Szene, doch dieser Auftakt wirkt wie eine Utopie, ein Traum und beschwört in seinen poetischen Bildern die Sehnsucht nach einem anderen Leben, das in scharfem Kontrast zur bitteren Realität steht.


Denn Pasquale und sein Freund Giuseppe haben sich das Pferd nur kurz in einem Pferdestall ausgeliehen, würden es aber gerne kaufen. Allein an Geld fehlt es ihnen, denn allzu viel verdienen sie als Schuhputzer nicht. So lassen sie sich von Giuseppes älterem Bruder zu einer krummen Tour verleiten, bei der sie einer Wahrsagerin gestohlene Mäntel der US-Besatzungssoldaten verkaufen. Damit können sie zwar das Pferd kaufen, werden aber wenig später verhaftet und ins Jugendgefängnis gebracht.


Hier werden sie nicht nur in getrennte Zellen gesperrt, sondern mit einem Trick kann der Gefängnisleiter Pasquale auch dazu bewegen, Giuseppes Bruder Attilio zu verraten. Die Freundschaft der Jugendlichen zerbricht darüber und ein Fluchtversuch wird Giuseppe zwar zum weißen Pferd zurückführen, doch der verbitterte Pasquale wird seinen früheren Freund nun ganz gezielt verraten.


Wie in „Fahrraddiebe“ erzählen De Sica/Zavattini eine im Grunde kleine Geschichte, doch die unglaublich natürlichen Laiendarsteller, der genaue Blick fürs Milieu und die schwierige soziale Situation des elternlos aufwachsenden Pasquale, der auf der Straße lebt, sowie auf Giuseppe und seine mittellose Mutter vermitteln dicht die Not.


Ungeschminkt zeigt der Film auch die Verhältnisse im Jugendgefängnis, in dem mehrere Kinder in enge Zellen gepfercht werden, das Essen einerseits karg, andererseits kaum genießbar ist, statt Empathie und Fürsorge gnadenloser Drill herrscht und bei kleinsten Unruhen einfachste Annehmlichkeiten wie der Spaziergang im Gefängnishof gestrichen werden. Zwar prangert Giuseppes Anwalt beim Prozess die Erwachsenen an, die Schuld am Verhalten dieser Kinder hätten und deshalb mehr noch als diese bestraft werden müssten, doch wirkungslos verpufft scheinbar sein Plädoyer.


An Sprachversionen bietet die bei Pidax Film erschienene DVD die italienische Original- und die deutsche Synchronfassung, aber leider keine Untertitel. Die Extras umfassen neben dem Nachdruck der bei der deutschen Erstaufführung des Films erschienenen „Filmillustrierten“ die gleichen Dokumentationen wie bei dem ebenfalls bei Pidax Film erschienenen „Fahrraddiebe“: Einen rund einstündigen Film über Vittorio De Sica sowie ein rund 20-minütiges Feature, in dem sich Mitarbeiter de Sicas über die Zusammenarbeit mit dem 1974 verstorbenen Regisseur äußern.


Trailer zu "Schuhputzer - Sciuscia"



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