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AutorenbildWalter Gasperi

Robot Dreams

Ein einsamer Hund bestellt einen Roboter als Freund, doch bald wird das Paar getrennt, aber es bleibt die Sehnsucht nach einer Wiedervereinigung: Fernab von Pixar und Disney gelang Pablo Berger ein ebenso einfacher wie berührender und mit seiner Liebe zum Detail begeisternder Animationsfilm.


Von der nächtlichen Skyline von New York schneidet Pablo Berger in die Wohnung eines Hundes. Monoton und einsam verläuft dessen Leben, während sich ein Elch und dessen Partnerin in der gegenüberliegenden Wohnung an der trauten Gemeinsamkeit erfreuen. In der Mikrowelle wärmt der Hund seine Käse-Makkaroni auf, spielt ein Videospiel oder zappt im Fernseher von einem Sender zum nächsten. Das TV-Insert "Are You Alone?" macht ihm seine Einsamkeit vollends bewusst, doch dann stößt er auf einen Spot, in dem ein Roboter als Gefährte angeboten wird.


Worte sind nicht nur in dieser Eröffnungsszene überflüssig, sondern auch in den folgenden 100 Minuten. Rein mit Bildern, mit Blicken und Gesten und der Musik erzählt Berger in seinem unter anderem mit dem Europäischen Filmpreis ausgezeichneten Animationsfilm. Auch Menschen bleiben außen vor – die Leinwand wird ganz Tieren überlassen.


Sofort ist das Produkt bestellt und prompt folgt auch die Lieferung. Auch die Zusammensetzung der Einzelteile bereitet kaum Schwierigkeiten. Bald spaziert das ungleiche Duo gemeinsam durch den Central Park, erfreut andere Tiere mit einem Rollschuhtanz, genießt ein Eis, besichtigt die Stadt und macht schließlich einen Ausflug an den Strand.


So einfach "Robot Dreams", der auf der gleichnamigen Graphic Novel der US-amerikanischen Autorin und Illustratorin Sara Varon beruht, auf den ersten Blick mit seinen im Stil des Ligne claire einfärbigen Figuren und der sorgfältigen Gestaltung jedes Bildes ist, so begeisternd ist doch die Liebe zum Detail. Ganz auf den Hund und den Roboter fokussiert Pablo Berger zwar, der schon 2012 mit "Blancanieves" einen herausragenden, ebenfalls dialoglosen Animationsfilm geschaffen hat, aber im Hintergrund gibt es eben immer wieder andere Tiere.


Von einer Kuh als Lieferant des Roboters über ein Krokodil und seinen Sohn als Schrotthändler und eine Vogelfamilie bis zu einem Nashorn und einem Tintenfisch als Straßenmusikanten, Kaninchen als Ruderern und vielen weiteren Tieren spannt sich der Bogen. Wenn diese unterschiedlichen Spezies friedlich nebeneinander leben, ist das auch als Metapher für das menschliche Zusammenleben im multikulturellen Schmelztiegel New York zu lesen.


Erzählerische Funktion haben diese Tiere nur selten, gewinnen im Grunde auch kaum Profil, sorgen aber für eine Vielfalt, die ebenso beglückt wie die liebevolle Gestaltung der Settings, die sich an realen Plätzen des New Yorks der 1980er Jahre vom Central Park bis zum Ocean Beach orientieren. Liebevoll zitiert der Spanier, der selbst in New York studierte und an der New York Film Academy unterrichtete, auch aus Woody Allens "Manhattan" die berühmte Einstellung an der Queensboro Bridge.


Als der Roboter am Strand einen Defekt hat und bewegungsunfähig im Sand liegt, unternimmt der Hund alles, um ihn doch mit nach Hause nehmen zu können. Doch zu schwach ist er und, als er am nächsten Morgen mit einer Reparaturanleitung zurückkehrt, ist der Strand wegen Saisonende bis 1. Juni geschlossen.


Getrennt sind so die Freunde und Halloween, ein schneereicher Winter und ein neuer Frühling verstreichen, bis der Hund sich wieder am Strand auf die Suche nach seinem Freund machen kann. Während dieser Zeit träumt der Roboter immer wieder vom Ausbruch aus seinem Strandgefängnis und einer Wiederbegegnung mit dem Hund. Beglückend sind diese Träume, in denen an die Stelle des verschneiten Strands beispielsweise eine kräftig grüne Wiese, auf der Sonnenblumen steppen, tritt.


Großartig hält Berger dabei immer wieder in der Schwebe, was nur geträumt und was Realität ist, sodass der Rückfall in letztere teilweise sehr überraschend kommt und die Entzauberung des Glücksmoment die Realität umso bitterer erscheinen lässt.


Der Hund dagegen macht neue Erfahrungen, geht auf einen Winterurlaub, lernt eine Ente kennen, mit der er angeln geht, oder kegelt mit einem Schneemann. Auch hier gelingen Berger grandiose Momente, wie eine spektakuläre Rodelfahrt, bei der zwei Ameisenbären versuchen einen Sturz des Hunds herbeizuführen.


Doch nie überwindet der Hund den Schmerz der Trennung vom Roboter. Die erste Freundschaft oder Liebe geht eben doch am tiefsten und so wird auch der Weg des Hunds bei Saisonbeginn sofort an den Strand führen. Doch "Robot Dreams" weiß auch mit dem Ende zu überraschen, in dem sich Melancholie über Verlorenes und Freude am Neuen die Waage halten.


Mag es rein äußerlich so auch um Tiere gehen und Menschen außen vor bleiben, so ist Berger im Kern doch ein zutiefst menschlicher und von Menschenliebe durchzogener Film gelungen, der hinreißend liebevoll und charmant und ebenso berührend wie beglückend von Einsamkeit und Freundschaft, von Trennung und Sehnsucht, aber auch von der Möglichkeit eines Neubeginns erzählt.

 

Robot Dreams Spanien / Frankreich 2023 Regie: Pablo Berger Animationsfilm Länge: 102 min.



Läuft jetzt in den österreichischen und deutschen Kinos. Filmforum Bregenz im Metrokino Bregenz: Do 6.6., 20 Uhr


Trailer zu "Robot Dreams"



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