Film noir trifft Science-Fiction: Im Jahr 2200 versucht eine Detektivin zusammen mit einem Roboter auf dem Mars die Hintergründe des Todes einer Kybernetik-Studentin aufzuklären. Jérémie Périns bildmächtiger Animationsfilm ist bei Capelight Pictures auf Blu-ray, DVD und 4K Ultra HD erschienen.
Jéremie Périn gelingt in seinem ersten langen Animationsfilm, der 2023 beim Filmfestival von Cannes seine Premiere feierte, eine furiose Synthese aus klassischem Film noir-Plot und visuell aufregendem, im Jahr 2200 spielenden Science-Fiction-Film.
Weil in dieser Zukunft die Erde als Drecksloch gilt, in dem nur noch Arbeitslose und Verbrecher wohnen, lebt der Großteil der Menschen auf dem Mars. Wesentliche Helfer sind Roboter, die teils menschliche Gestalt haben. Diese sind so programmiert, dass sie den Menschen gehorchen müssen, doch immer wieder versuchen Hacker sie aus dieser Abhängigkeit zu befreien.
So ergreifen die Detektivin Aline Ruby, die mit einem Alkoholproblem zu kämpfen hat, und ihr Partner Carlos Rivera, der einst Mensch war und nach seinem Tod als Android wieder zum Leben erweckt wurde, auch schon am Beginn die Hackerin Roberta Williams. Gleichzeitig wird eine Kybernetik-Studentin von einem vermeintlichen Polizisten in ihrer Wohnung getötet, während sich ihre Mitbewohnerin in der Badewanne verstecken kann und anschließend untertaucht.
Nicht ganz leicht ist es bei diesem dicht gedrängten Einstieg einen Überblick zu gewinnen, doch klarer wird die Handlung, wenn das Detektivduo den Auftrag erhält, die verschwundene Studentin Jun Chow zu finden. Unübersehbar an Howard Hawks´ "The Big Sleep" und Ridley Scotts "Blade Runner" orientiert sich Périn bei diesem Auftrag und den Recherchen. Diese führen Aline und Carlos bald nicht nur in die Welt Chris Royjackers, der sich mit der Roboterproduktion ein Imperium aufgebaut hat, sondern auch ins Rotlichtmilieu.
In diesem werden zwar vorwiegend künstliche Prostituierte eingesetzt, aber auch menschliche Student:innen prostituieren sich hier, um ihr Studium zu finanzieren. Dort stößt das Ermittlerduo nicht nur auf die Vermisste, sondern dringt auch immer tiefer in einen Plan vor, mit dem das Verhältnis von Menschen und Robotern grundsätzlich verändert werden soll. Um hier eingreifen zu können, benötigen sie aber wieder die Hilfe der Hackerin Roberta.
Périn treibt einerseits die Krimihandlung dicht und dynamisch vorwärts, sorgt andererseits mit der detailreich gestalteten futuristischen Welt für Augenfutter. Vollgestopft ist "Mars Express" aber auch mit Referenzen an die reale Computerwelt, wenn da vom Alan Turing-Campus die Rede ist oder die Hackerin mit Roberta Williams den Namen einer amerikanischen Computerspielentwicklerin trägt.
Aber auch an inhaltlicher Tiefe fehlt es diesem Animationsfilm für Erwachsene nicht. Denn da geht es nicht nur um den Alkoholismus der Protagonistin, sondern auch um die Aggressivität ihres Partners, der wegen häuslicher Gewalt mit einem Besuchsverbot für Ex-Frau und Tochter belegt ist, um hohe Studienkosten und Prostitution.
Dazu kommen vielfältige philosophische Fragen zum Verhältnis von Mensch und Maschine: Wie menschlich sind diese Roboter schon, die teilweise Gefühle an den Tag legen, und darf der Mensch diese Androiden wie Sklaven benutzen oder muss er ihnen im Sinne der Hacker die Freiheit schenken? Aber auch die Frage, wohin der fortschreitende Einsatz von KI die Menschheit noch führen wird, wird zumindest implizit aufgeworfen.
So bieten die 89 Minuten einerseits mit den Recherchen der psychisch angeschlagenen Hauptfigur und ihrem treuen Helfer spannende Krimiunterhaltung, andererseits bildmächtiges Science-Fiction-Kino, bei dem auch die Gedanken angeregt werden.
An Sprachversionen bieten die bei Capelight Pictures erschienene DVD, Blu-ray und 4K Ultra HD die französische Originalfassung, zu der deutsche Untertitel zugeschaltet werden können, sowie die deutsche Synchronfassung. Die Extras beschränken sich auf den Trailer zum Film sowie auf Trailer zu weiteren Filmen dieses Labels.
Trailer zu "Mars Express"
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