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Le déluge

  • Autorenbild: Walter Gasperi
    Walter Gasperi
  • vor 2 Tagen
  • 3 Min. Lesezeit
"Le déluge": Die letzten Monate im Leben von Ludwig XVI. und Marie Antoinette
"Le déluge": Die letzten Monate im Leben von Ludwig XVI. und Marie Antoinette

Gianluca Jodice fokussiert in seinem Historienfilm auf den letzten Monaten im Leben von Ludwig XVI. und seiner Gattin Marie Antoinette: Zwei große Rollen für Mélanie Laurent und Guillaume Canet, doch Spannung will keine aufkommen und auch das präsentierte Geschichtsbild irritiert.


Zahlreiche Filme gibt es über die Französische Revolution von Jean Renoirs "La Marseillaise" (1938) über Robert Enricos und Richard T. Heffrons fast sechsstündigen Zweiteiler "La Révolution française" (1989) und Ettore Scolas "La nuit de Varennes" (1982) bis zu Sofia Coppolas poppigem "Marie Antoinette" (2006). Der 52-jährige Neapolitaner Gianluca Jodice verzichtet in seinem zweiten Spielfilm auf Massenszenen und entwickelt ein Kammerspiel.


Ganz auf Ludwig XVI. (Guillaume Canet) und Marie Antoinette (Melanie Laurent), die nach dem Sturm auf die Tuilerien am 13. August 1792 mit ihren beiden Kindern und Ludwigs Schwester Élisabeth in den Tour du Temple gebracht und dort gefangen gehalten wurden, fokussiert der Film und zeichnet in den drei Kapiteln "Les dieux", "Les hommes" und "Les morts" ihre letzten Lebensmonate nach.


Irritation löst dabei vor allem die Haltung des Regisseurs gegenüber dem französischen König und seiner Gattin aus, die als bedauernswerte Opfer eines barbarischen Pöbels gezeichnet werden. Ausführlich werden so die Demütigungen geschildert, denen die Herrscherfamilie ausgesetzt ist, wenn sie in einem großen Saal am Boden schlafen muss, von einem Bürger, der eine Heilung durch den König vorspielt, verhöhnt wird, schließlich auch ohne Besteck essen muss und voneinander isoliert wird.


Zeit lässt sich Jodice dabei auch für die Schilderung des unterschiedlichen Verhaltens von Ludwig XVI. und Marie Antoinette. Während er als schwacher König gezeichnet wird, der sich in die Situation fügt, immer das Positive sehen und Hoffnung verbreiten will, begehrt sie gegen die Schikanen auf. In ihrer Haft kann man auch einen Reflex auf die soziale Isolation der Menschen in Zeiten des Lockdowns während der Covid-19-Pandemie sehen, doch zum beklemmenden Drama wird "Le déluge" dadurch nicht.


Ganz auf seine beiden Hauptdarsteller:innen setzt Jodice. Doch mögen Mélanie Laurent und Guillaume Canet auch noch so überzeugend spielen – Leben können sie diesem zähen Historiendrama doch nicht einhauchen. Viel zu statisch ist dazu die Inszenierung und trotz ausgeprägtem Stilwillen und formaler Geschlossenheit durch die Dominanz von kalten Blau- und Grautönen und die kahlen Räume kommen kaum Atmosphäre und Spannung auf.


Ein netter Einfall ist zwar, wie der König mit einem Märchen, das er in einer Vorform des Kinos erzählt, seine Familie aufheitern will, doch es bleibt eben bei diesem Einfall, der nicht weiterentwickelt wird. Spannungsarm schleppt sich "Le déluge", dessen Titel "Die Überschwemmung" sich wohl auf das Volk beziehen soll, das die Monarchie wegschwemmt, dahin, bietet weder viel fürs Auge und erstaunt oder verstört inhaltlich.


An sich durchaus spannend ist es ja aus Sicht der inhaftierten Familie von der Französischen Revolution zu erzählen und außer Frage steht, dass die Revolution auch von Terror gekennzeichnet war, doch wie hier die Königsfamilie als Opfer inszeniert wird, ist doch reaktionäre Geschichtsklitterung und ignoriert, dass dieser bahnbrechende Wendepunkt in der Weltgeschichte auch den Sturz einer absolutistischen Herrschaft und die Deklaration der Menschenrechte mit sich brachte und das bürgerliche Zeitalter einleitete.

 

 

Le déluge

Italien / Frankreich 2024

Regie: Gianluca Jodice

mit: Guillaume Canet, Mélanie Laurent, Aurore Broutin, Hugo Dillon, Tom Hudson, Roxane Duran

Länge: 101 min.



Läuft derzeit in den Schweizer Kinos, z.B. im Kinok St. Gallen.


Trailer zu "Le déluge"


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