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King Richard

Autorenbild: Walter GasperiWalter Gasperi

Richard Williams ist ein Mann mit einem klaren Plan: Seine Töchter Venus und Serena sollen einmal die besten Tennisspielerinnen der Welt werden. – Eine Geschichte vom amerikanischen Traum, ein Familienfilm, ein Sportfilm und auch ein Biopic: Leichthändig verbindet Reinaldo Marcus Green Genres, erzählt zwar geschönt, aber stimmig und bietet Will Smith eine große Rolle.


Dass dieser Film gute Laune machen will, macht schon der Auftakt klar, wenn Richard Williams (Will Smith) im Voice-over erzählt, dass er schon vor der Geburt seiner beiden Töchter Venus und Serena geplant habe, sie zu den besten Tennisspielerinnen der Welt zu machen. Kein Spoiler ist es zu verraten, dass sich sein Traum erfüllt hat, gewannen die beiden jungen Frauen zwischen etwa 2000 und 2015 doch ziemlich alles, was es im Tennis zu gewinnen gibt.


Diese Erfolge sparen der Afroamerikaner Reinaldo Marcus Green und Drehbuchautor Zach Baylin aber aus. Im Zentrum steht der Vater der Stars und wie er seine Töchter zu Spitzenspielerinnen machte. Da werden natürlich wieder einmal Durchhaltevermögen und Festhalten am amerikanischen Traum gefeiert, aber auch Rassismus, das Verheizen von jungen Sportler*innen und elterlicher Ehrgeiz werden angeschnitten.


Als Sport der weißen Oberschicht wird Tennis so präsentiert. Die Williams-Familie, zu der neben der Gattin Brandi (Aunjanue Ellis) drei weitere Töchter gehören, leben aber in Compton, einem Vorort von Los Angeles, der in den 1980er Jahren durch Bandenkriege und hohe Kriminalitätsrate Schlagzeilen macht. Nicht nur auf dem holprigen öffentlichen Platz des Viertels muss Richard so seine Töchter trainieren, sondern allgegenwärtig ist auch die Gewalt von jungen Afroamerikern. Wie einst im Boxerfilm so führt auch hier der Weg aus bedrückenden sozialen Verhältnissen nur über den Sport. Doch der gläubige Zeuge Jehova Richard legt daneben auch Wert auf eine gute Schulbildung nicht nur für Venus und Serena, sondern auch für seine anderen Töchter.


Nicht verwundern kann es, dass die Figur des Vaters doch reichlich geschönt wirkt, denn Hauptdarsteller Will Smith fungiert auch als Produzent. So fordert er zwar viel von seinen Töchtern und lässt sie beispielsweise auch bei Regen trainieren, doch nie erweckt "King Richard" den Eindruck, dass er Venus und Serena überfordert. Immer harmonisch wirkt ihre Beziehung. Dass freilich hier die Grenzen von Förderung eines Talents und Überforderung und Missbrauch fließend sind, zeigt sich nicht nur bei einem Jugendturnier, bei denen andere ehrgeizige Eltern mit ihren Tenniskindern ins Bild kommen, sondern auch am Schicksal des Teenager-Tennisstars Jennifer Capriati.


Als Gegenfigur zu den Williams-Schwestern wird Capriati aufgebaut. Unbedingt verhindern möchte Richard, dass seine Töchter wie diese mit vierzehn Jahren Stars, aber mit Achtzehn ausgebrannt sind. Das macht ihn aber auch zum Kontrollfreak. Kaum Freiraum bekommen Venus und Serena, Richard allein bestimmt über ihr Leben und muss erst langsam lernen sie auch selbst entscheiden zu lassen.


Auf den Leib geschrieben ist Smith die Rolle dieses Vaters. Er ist wahrlich der König dieses Films, ganz aus seiner Perspektive erzählt Green. Als ebenso gewiefter wie auch problematischer Charakter erscheint er dabei nicht nur im Umgang mit seinen Töchtern, sondern auch mit den Trainern, aber immer auf seiner Seite steht der Film: Er ist ein Underdog, der in die Welt der Clubs der Weißen einbricht, sie aufmischt und mit Chuzpe seine Ziele erreicht.


Keine historischen Fakten werden hier abgehakt, auf Inserts zu Zeit und Ort des Geschehens verzichtet Green, gleitet auch nicht ins anekdotische Aneinanderreihen von entscheidenden Momenten ab, sondern erzählt rund und stimmig. Souverän werden dabei Tennistraining und die Suche nach dem besten Trainer mit Familienszenen verbunden und im Finale darf freilich ein erstes großes Spiel als dramatischer Höhepunkt nicht fehlen.


Ganz beiläufig wird aber auch vom Aufstieg aus einem kleinen Vorstadthaus im Arbeiterviertel, in dem die fünf Töchter in einem Zimmer schlafen, in die Luxus-Tenniswelt von Florida erzählt. Und wenn es zu einem Konflikt zwischen Richard und seiner Frau kommt, wird auch deutlich, welche Belastungen das Zusammenleben mit diesem sturen und rechthaberischen Mann bringen kann. Dass das Familienbild insgesamt aber doch sehr geschönt ist und es von dieser einen starken Szene abgesehen kaum Konflikte gibt, kann angesichts der Tatsache, dass die Williams-Schwestern als Executive Producers am Film beteiligt sind, kaum verwundern.


Ganz in der Tradition des klassischen Familien- und Sportfilms bewegt sich der mit 145 Minuten lange, aber nie langweilige Film zwar, besticht aber durch die souveräne Mischung der Ebenen mit gesellschaftskritischen Akzenten. Süffige Unterhaltung wird so geboten, bei der nur kurz dunkle Momente aufflackern, vor allem aber gute Laune und - wieder einmal - optimistisch der Glaube verbreitet wird, dass mit Einsatz und Durchhaltevermögen auch das Unwahrscheinliche möglich ist. - Zumindest im Fall der Williams-Schwestern hat die Realität diesen Traum bestätigt.



King Richard USA 2021 Regie: Reinaldo Marcus Green mit: Will Smith, Jon Bernthal, Tony Goldwyn, Dylan McDermott, Demi Singleton, Saniyya Sidney Länge: 145 min.


Läuft derzeit in den Kinos, z.B. im Cineplexx Hohenems


Trailer zu "King Richard"



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