top of page
  • AutorenbildWalter Gasperi

Goldhelm – Casque d´or


Mit diesem um 1900 spielenden Liebesdrama um ein Straßenmädchen und einen Tischler gelang Jacques Becker 1951 ein Meisterwerk des französischen Kinos. Bei StudioCanal ist dieser Klassiker anlässlich seines 70. Geburtstags in digital restaurierter Fassung auf DVD und Blu-ray erschienen.


Rund und fließend ist der Beginn. Die Bewegungen der Kamera und der Menschen ergänzen sich gegenseitig, setzen einander fort, wenn eine Ausflugsgesellschaft mit ihren Ruderbooten an einer Wiese anlegt, zu einem Landgasthaus eilt, wo bald getanzt wird. Die bürgerlichen Gäste schauen mit Ablehnung auf die Neuankömmlinge. Rasch ist klar, dass es sich hier um Straßenmädchen und ihre Zuhälter sowie Gauner handelt.


Wenn Marie (Simone Signoret), die alle wegen ihrer hochgesteckten blonden Haare Goldhelm nennen, den Tischler Joseph Manda (Serge Reggiani) erblickt, ist es um sie geschehen. Eindeutig sind die Blicke, die sie sich zuwerfen, während sie noch mit ihrem "Beschützer" Roland tanzt. Ein Mitglied der Gaunerbande kennt Manda aus dem Gefängnis. Kein unbeschriebenes Blatt ist er folglich, doch will er nun ein neues Leben beginnen.


Nach einem ersten Konflikt im Gasthof mit Roland, lässt Manda folglich lieber die Finger von ihr, ist er doch auch mit der Tochter seines Chefs verlobt. Doch Marie lässt nicht locker, besucht ihn wieder. Die Beziehung führt bald zu einem Zweikampf mit Roland, der dabei von Manda getötet wird. Manda muss flüchten, trifft sich auf dem Land mit Marie, während der Gangsterboss Leca, der selbst ein großes Interesse an Marie hat, Intrigen schmiedet, um den Nebenbuhler endgültig auszuschalten.


Becker verarbeitet wirkliche Begebenheiten aus dem Paris der Jahrhundertwende zu einer tragischen Liebesgeschichte, die sich nicht für die kriminalistischen Verwicklungen, sondern vor allem für die Gefühle der Liebenden interessiert. Hinreißend spielt Simone Signoret diese Marie, die zunächst berechnend mit den Männern umgeht, dann aber doch zunehmend von ihren Gefühlen überwältigt wird. Wenn man in ihr strahlendes Gesicht, ihre leuchtenden Augen und auf ihre blonden Haare sieht, kann man verstehen, dass Manda ihr verfällt. Serge Reggiani spielt ihn als einfachen und wortkargen Mann, auf den sich ein Freund aber absolut verlassen kann.


Robert Lefebvres Kamera taucht diesen Film weitgehend in helle Grautöne. Lichte Stimmung lassen die poetischen Landszenen aufkommen, lassen vom möglichen Glück träumen, ehe die Liebenden die Realität einholt. Die gelöste und hoffnungsvolle Stimmung des Beginns wird dabei immer mehr von einer beklemmenden Ausweglosigkeit abgelöst, weil die Liebe keine Chance hat, wo Eifersucht, Verrat und Intrigen herrschen.


Zeitlich durch Ausstattung und Kostüme in der Belle époque verankert, ist "Goldhelm" so doch ein universelles und zeitloses, bestechend klar erzähltes Drama von leuchtender Schönheit. Überflüssig wirkt aber die metaphysische Ebene, die Becker durch die Namen Marie und Joseph (Manda) der Protagonist:innen, sowie dem Gasthaus "Zum Engel Gabriel" einführt. Unklar bleibt der Sinn dieser Bezugnahme.


An Sprachversionen bieten die bei StudioCanal in der Schiene Arthaus erschienene DVD und Blu-ray die französische Original- und die deutsche Synchronfassung sowie deutsche, französische und englische Untertitel. An Extras gibt es ein zehnminütiges Feature über den Filmfrisör Archie Archambault sowie eine 30-minütige Dokumentation, in der mit Interviews unter anderem mit einer Biographin Beckers und seiner Tochter nicht nur ein aufschlussreicher Einblick in die Produktionsgeschichte, sondern auch in die zunächst zumindest in Frankreich negative Rezeption dieses Klassikers geboten wird.


Trailer zu "Goldhelm - Casque d´or"


bottom of page