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AutorenbildWalter Gasperi

Five Fingers for Marseilles


Ein Fremder kommt in eine Stadt, die von einer Gang tyrannisiert wird. – Ein altbekannter Western-Plot, doch Michael Matthews siedelt ihn im Südafrika nach dem Ende der Apartheid an. Bei Donau Film ist das atmosphärisch dichte und bildstarke Spielfilmdebüt auf DVD und Blu-ray erschienen.


Mit grandiosen Landschaftstotalen der von verschneiten Bergen begrenzten weiten braunen Steppe eröffnet Michael Matthews seinen ersten langen Spielfilm. Ein Off-Erzähler erinnert an die Kolonialisierung durch europäische Siedler, die hier auch eine Stadt namens Marseilles gründeten. Mit den Siedlern kam auch die Eisenbahn und die Einheimischen wurden in das oberhalb von Marseilles liegende Kaff Railway verdrängt.


Fünf Jugendliche haben sich hier zu einer Bande zusammengeschlossen, schießen mit Steinschleudern im Spiel aufeinander. Noch ist die Zeit der Apartheid, die Afrikaner haben nichts zu sagen. Eher harmlos ist zunächst auch der Protest gegen die weißen Polizisten, die wieder einmal nach Railway kommen, um Schutzgelder zu kassieren, doch langsam eskaliert die Situation. Blutig endet schließlich diese Konfrontation und Tau muss für 15 Jahre ins Gefängnis.


Als er zurückkehrt, ist die Apartheid zwar abgeschafft und einer seiner Jugendfreunde ist Bürgermeister, doch die nun schwarzen Polizisten, deren Chef ein anderer seiner ehemaligen Freude ist, sind ebenso korrupt wie ihre Vorgänger und beuten einen chinesischen Händler aus. Der eigentliche Herrscher ist aber der einäugige Bandenboss Sepoko, der mit seinen Handlangern die Stadt terrorisiert. Niemand wagt sich aufzulehnen und auch Tau will sich – zumindest zunächst – nicht einmischen.


Das weite Land, ein von der Welt abgeschiedenes Kaff, die Eisenbahn und der Fremde, der in die Stadt kommt und einzelne Bürger erst für den Widerstand gegen den Terror gewinnen muss, sind klassische Westernmotive, die man nicht nur aus Filmen wie Eastwoods "High Plains Drifter - Ein Fremder ohne Namen" und Leones "Für eine Handvoll Dollar" - oder natürlich dessen Vorlage "Yojimbo" von Akira Kurosawa - kennt.


Mit dem Italo-Western verbindet Matthews Spielfilmdebüt auch die expressive Bildsprache mit Close-Ups und extremen Unter- und Aufsichten. Vom Western übernommen wurden auch die Schauplätze, zu denen neben dem weiten Land auch analog zum klassischen Saloon eine Bar gehört, in der sich sofort Spannungen zwischen dem Fremden und der Bande entwickeln. Und wie häufig in der Vorbildern wird der Fremde zunächst von der Bande in einer bildmächtigen Szene auf einem Hochplateau, während im Hintergrund Blitze zucken, auch arg malträtiert, ehe er Widerstand zu leisten beginnt.


Wie zuletzt Warrick Thornton beim im australischen Outback spielenden „Sweet Country“ beweisen auch Michael Matthews und sein Drehbuchautor Sean Drummond, wie leicht und überzeugend sich ein klassischer Westernplot auf südafrikanische Verhältnisse übertragen lässt. Denn das ist zunächst einmal von Kameramann Shaun Lee großartig fotografiertes Genrekino, das durch den starken Soundtrack von James Matthes, die Authentizität der Schauplätze – gedreht wurde in und um die Stadt Lady Grey – sowie den Dreh in den Landesprachen Xhosa und Sesotho große atmosphärische Dichte entwickelt.


Andererseits ist das aber über die bildstarke und perfekt besetzte spannende Unterhaltung hinaus auch ein Kommentar zur südafrikanischen Gesellschaft, in der sich die Machtverhältnisse zwar verändert haben, aber die Schwachen immer noch unterdrückt werden. Wie in Glauber Rochas brasilianischer Westernvariation "Antonio das Mortes" muss so zunächst ein charismatischer Held auftauchen, der die verängstigte Bevölkerung, die alles hinnimmt, aufrüttelt und sich mithilfe einer Handvoll Männer gegen die Unterdrücker stellt und das Volk aus der Abhängigkeit befreit. So kann dann am Ende dieses düsteren Western doch noch die Hoffnung auf Veränderung der Gesellschaft und ein besseres Leben stehen. Ob dieser Traum aber auch wirklich umgesetzt wird, lässt Matthews wohlweislich offen.


An Sprachversionen bieten die bei Donau Film erschienene DVD und Blu-ray die Originalfassung, zu der deutsche Untertitel zugeschaltet werden können, sowie die deutsch synchronisierte Fassung. Die Extras umfassen neben Trailer und Teaser kurze Features zur Entstehung des Films, der Besetzung und der Produktion.


Trailer zu "Five Fingers for Marseilles"


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