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AutorenbildWalter Gasperi

Filmbuch: Orson Welles - "Citizen Kane" (Film-Konzepte 68)


Während sich die anderen Bände der bei et+k erscheinenden Reihe Film-Konzepte jeweils einzelnen Aspekten des gesamten Werks eines Regisseurs widmen, fokussiert der 68. Band ganz auf Orson Welles´ "Citizen Kane": In fünf fundierten Essays öffnen sich nochmals neue Blicke auf den Klassiker.


Mit 80 Seiten ist diese Publikation auch etwas dünner als die anderen Bände der Reihe Film-Konzepte, doch dicht sind dafür die Einleitung und die fünf Essays, deren Wissenschaftlichkeit die zahlreichen Fußnoten mit Verweisen auf Literatur belegen.


Basis für das Buch war eine Film- und Vortragsreihe zum 80. Geburtstag von Orson Welles´ Meisterwerk am Institut für Europäische Kunstgeschichte an der Universität Heidelberg im Winter 2021/22. Die Herausgeber Henry Keazor und Alexandra Vinzenz blicken in ihrer Einleitung nicht nur auf die jahrzehntelange Dominanz von "Citizen Kane" bei der Suche der britischen Filmzeitschrift "Sight and Sound" nach dem besten Film aller Zeiten, sondern auch auf dessen besondere Stelle im Werk von Welles, der nur bei diesem Debüt völlige künstlerische Kontrolle genoss. Auch der Umstand, dass viele Projekte von Welles nach "Citizen Kane" unvollendet blieben, sowie dessen Nachwirkung in Filmtiteln wird beleuchtet.


Tanja Prokic spürt in ihrem Essay den Ursachen für die Ablöse "Citizen Kanes" als bester Film aller Zeiten nach und stellt detailliert Hitchcocks "Vertigo" als Nachfolger "Kanes" in der Bestenliste und "Kane" einander gegenüber. In beiden sieht die Autorin Endpunkte des Hollywoodkinos und eine Auseinandersetzung mit der Bildproduktion. Der Kritik an der Oberfläche der Bilder bei Hitchcock stehe aber bei Weilles eine Kritik an der Oberfläche an sich und eine Auseinandersetzung mit den USA gegenüber.


Guido Isekenmeier arbeitet in seinem Beitrag detailliert die intertextuellen und innerfilmischen Bezüge von/in/auf "Citizen Kane" heraus. Der Autor spannt dabei den Bogen von den Einflüssen von Samuel Taylor Coleridges Gedicht "Kublai Kahn" und der Newsreel-Serie "The March of Time" auf "Kane" bis zu den Einflüssen "Kanes" auf Oliver Stones "Nixon" (1995).


Peter Moormann analysiert in seinem Essay nicht die Musik von Bernard Herrmann, sondern blickt vielmehr auf die vorangegangene Zusammenarbeit des Komponisten mit Welles bei den Hörspielen "Macbeth" und "Dracula". Präzise arbeitet Moormann Parallelen vor allem zwischen der Musik für "Dracula" und dem Soundtrack von "Kane" heraus, die die Arbeit mit vorgefundener Musik ebenso wie Herrmanns Mut zur damals in der Filmmusik ungewöhnlichen musikalischen Lücke verbindet.


Alf Gerlach untersucht "Citizen Kane" wiederum aus psychoanalytischer Sicht. Ausgehend von einem kurzen Blick auf die Geschichte psychoanalytischer Filmanalyse stellt der Autor bisherige psychoanalytische Interpretationsversuche der gebürtigen Wienerin Melanie Klein sowie des Filmwissenschaftlers Sulgi Lie vor und ergänzt diese durch seine eigene Deutung, bei der er die Rolle von Kanes Sammeln von Objekten als Ersatzhandlung für den Verlust der Mutter ins Zentrum stellt.


Fabienne Liptay widmet sich schließlich den zahlreichen unvollendeten Filmen von Welles, vor allem "Don Quixote" und "The Other Side of the Wind". Anschaulich arbeitet die Autorin die Parallelen zwischen "The Other Side …" und "Kane" heraus, gleichzeitig erinnert sie Welles´ unüberschaubarer Nachlass an Film- und Tonmaterial, Drehbüchern und Notizen an den unüberschaubaren Hausrat in Kanes schlossartigem Anwesen Xanadu.


Eine kurze Biografie und eine Filmografie, in der auch – typographisch abgehoben - die unvollendeten Filme angeführt werden, runden den Band ab, der den Mythos "Citizen Kane" mit seinen fundierten Blicken auf spezielle Aspekte dieses Klassikers nochmals befeuert.



Henry Keazor / Alexandra Vinzent (Hg.), Film-Konzepte 68: Orson Welles, Edition text + kritik, München 2023. 83 S., € 20, ISBN 978-3-96707-731-5

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