Just Jaeckins 1974 entstandener Sexfilm "Emanuelle" zog zahlreiche Fortsetzungen nach sich. Bei Walerian Borowczyk verfällt Warhol-Star Joe Dallesandro einer von Sylvia Kristel gespielten Prostituierten und umgekehrt. – Bei Plaion Pictures ist der geschmäcklerische Soft-Sexfilm, an dem nur die Musik unter anderem von Pink Floyd und Elton John überrascht und heraussticht, in einem Mediabook mit vielfältigem Bonusmaterial auf DVD und Blu-ray erschienen.
Just Jaeckins "Emanuelle" (1974) gilt längst als Klassiker des Erotikfilms. Skandal und Kassenerfolg war die Geschichte einer Diplomatengattin, die sich in Thailand aus Langeweile in erotische Abenteuer stürzt. Zum Star machte der Film die Niederländerin Sylvia Kristel, legte sie aber auch weitgehend auf diese Rolle fest.
Der Erfolg rief geradezu nach Fortsetzungen und bis in die 1990er Jahre spielte Kristel darin immer wieder Emanuelle – so auch 1976 in Walerian Borowczyks Verfilmung von André Pieyre de Mandiargues´ 1967 mit dem Prix Goncourt ausgezeichneten Novelle "La Marge". Der deutsche Titel "Emanuela 77" ist dabei im Grund eine reine Werbemasche, denn eine Emanuela gibt es in diesem Film nicht, sondern die von Sylvia Kristel gespielte Prostituierte heißt Diane.
Die Handlung ist so simpel wie die Inszenierung voyeuristisch: Schon in der ersten Szene baut der gebürtige Pole Borowczyk erotische Stimmung auf, wenn Sigismond (Joe Dallesandro) im Garten seines Landhauses seiner mit einem dünnen weißen Kleidchen bekleideten Frau Sergine (Mireille Audibert) nachrennt. Freizügig zeigt sie wenig später im Haus ihren nackten Körper nicht nur ihrem Mann, sondern hat auch vor ihrem kleinen Sohn Elie keine Scham.
Bald muss aber Sigismond geschäftlich nach Paris reisen, streift dort aber lieber durch den Straßenstrich, wo er bald die Edelprostituierte Diane (Sylvia Kristel) entdeckt. Sieht sie in ihm zunächst nur einen Kunden, so verliebt sie sich doch bald angesichts von Sigismonds Zärtlichkeit und Männlichkeit. Doch dann erschüttert ihn ein Brief seiner Frau zutiefst.
Wo die Qualitäten des Romans liegen, lässt sich ohne dessen Kenntnis verständlicherweise nicht beurteilen. Für Borowczyk ist die Handlung aber in erster Linie Anlass die männliche Schaulust zu befriedigen. Ausführlich rückt er so immer wieder die Prostituierten am Straßenstrich und im Bordell ins Bild und streicht im Vergleich dazu Kristels Eleganz mit schwarzem Kleid und sorgfältig geschminktem Gesicht heraus.
Im Zentrum stehen die Sexszenen zwischen ihr und dem Warhol-Star Joe Dallesandro. Die Kamera ist so oft nicht wie üblich auf Augenhöhe, sondern vielmehr auf Höhe der Genitalien. Doch mehr als die nackten Körper mit ihrem behaartem Schambereich und kurz einmal seinen Penis sowie ausgiebig seine Spiele mit ihren Brüsten gibt es kaum zu sehen. Dafür werden diese Szenen mit sanfter Popmusik und unerträglich banalen inneren Monologen, in denen sie jeweils von der Zärtlichkeit des anderen und ihrer wachsenden Leidenschaft sprechen, unterlegt.
Funktionslos bleiben eine alte Concierge, die als Spannerin immer wieder vom Gang aus einen Blick aufs Geschehen zu erhaschen zu versucht, und Dianes Zuhälter, den man zunächst bei Schießübungen sieht und der sich als brutal erweist, als er merkt, dass sie sich in ihren Kunden Sigismond verliebt.
So ist diese "Emanuela 77 – La Marge" heute bestenfalls historisch interessant als typischer Vertreter der Sexfilme der 1970er Jahre. Überraschend und ungewöhnlich ist allerdings der Soundtrack, für den unter anderem Songs von Pink Floys ("Shine on You Crazy Diamond"), Elton John und Sailor ("A Glass of Champagne") verwendet wurden. – In seltsamem Kontrast stehen diese Klassiker der Popgeschichte zur Bescheidenheit des Films.
An Sprachversionen bieten die bei Plaion Pictures in einem Mediabook erschienene DVD und Blu-ray die französische Original- sowie die deutsche und englische Synchronfassung. An Extras gibt es unter dem Titel "Obscure Pleasures" ein einstündiges, deutsch untertiteltes Porträt von Walerian Borowczyk mit einem langen Interview mit dem Regisseur und zahlreichen Filmausschnitten, besonders aus seinen Animationsfilmen. Dazu kommt Borowczyks 40-minütiger Kurzfilm "Brief von Paris", der Orte ebenso wie Menschen der Großstadt einfängt.
Weiters gibt es ein Featurette, in dem Hauptdarstellerin Sylvia Kristel über ihre Figur und den Film spricht, sowie Interviews mit dem Schauspieler Noel Simsolo sowie dem Regieassistenten André Heinrich und dem Kameraassistenten Noël Véry. Auch eine Bildergalerie und ein Booklet fehlen nicht und auf einer Bonus-Blu-ray gibt es den sechs Minuten längeren Director´s Cut sowie die deutsche Kinofassung und den deutschen Kinotrailer.
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