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AutorenbildWalter Gasperi

Eismayer


Die Konfrontation mit einem homosexuellen Rekruten lässt die Männlichkeitsfassade eines harten Ausbildners des Österreichischen Bundesheers langsam zerbrechen. – David Wagner gelang mit seinem Debüt eine dichte und konzentrierte Studie verdrängter Gefühle und aufkeimender Liebe.


Auf einen wahren Fall beruft sich David Wagner bei seinem Debüt und bekräftigt dies im Nachspann durch Inserts sowie ein Foto der Protagonisten, die im Film auch ihre realen Namen tragen. Doch diese Beglaubigung benötigt "Eismayer" nicht, sondern kann auch als Film voll und ganz überzeugen.


Mit konzentrierter Inszenierung und starken Schauspielern vermittelt Wagner dicht die Atmosphäre in einer Bundesheerkaserne. Wenn Vizeleutnant Charles Eismayer (Gerhard Liebmann) im Stil des Ausbildners von Stanley Kubricks "Full Metal Jackets" auftritt, weicht die Kamera vor ihm zurück. Nichts scheint diesen Mann aufhalten zu können. Seine Männlichkeit und Macht demonstriert er mit scharfem Kasernenton und Schikanierung der neuen Rekruten.


Dass dies auch im Bundesheer in den 2000er Jahre, auf die ein Bild von Bundespräsident Fischer verweist, nicht mehr toleriert wird, wird klar, wenn Eismayer mehrfach zu seinem Vorgesetzten zitiert wird. Gleichzeitig zeigt sich im Auftreten eines mit Eismayer befreundeten, höherrangigen Offiziers, wie in solchen Einrichtungen Missstände und Fehlverhalten immer wieder vertuscht werden.


Die schnörkellose Inszenierung mit hartem Schnitt und Reduktion auf prägnante Szenen, aber auch die Reduktion der Farbpalette auf Grün- und Brauntöne kehren das klare Machtgefüge und den harten Drill packend nach außen. Doch der neue Rekrut Mario Falak (Luka Dimić) lässt sich von diesem brutalen Ausbildner nicht einschüchtern.


Nicht nur aufgrund seiner migrantischen Herkunft, sondern auch aufgrund seiner offenen Homosexualität wird er schikaniert. Doch Eismayer fühlt sich durch Falaks Auftreten, der seinen Ausbildner zu durchschauen scheint, zunehmend provoziert, scheint aber auch Gefühle für den jüngeren Mann zu entwickeln.


Zunehmend wird klar, dass Eismayer dieses harte Auftreten, aber auch die permanente eigene körperliche Abhärtung als Schutzpanzer und Mechanismus der Verdrängung dient. Mit seinem machistischen Auftreten kompensiert er die von ihm selbst abgelehnte weiche Seite und will jeden Verdacht von Homosexualität von sich weisen.


Dazu dient auch sein Privatleben mit Frau und Sohn im Volksschulalter. Ganz anders als im Kasernenhof tritt er zuhause aber nicht als Tyrann und Sadist auf, sondern agiert vielmehr zurückhaltend und liebevoll, wirkt aber gleichzeitig unsicher.


Eindrücklich spielt Gerhard Liebmann diesen Vizeleutnant als Mann, der sich seit seiner Kindheit förmlich hinter einem Panzer versteckt und mit Männlichkeitsritualen eine Fassade aufrecht hält. Gleichzeitig vermittelt er aber auch überzeugend seine Verstellung in der Familie und die Verletzlichkeit dieser Figur, sodass es nur eine Frage der Zeit ist, bis dieses Macho-Bild auch nach außen Risse bekommt.


Mit dieser Entwicklung wird auch der Film sanfter und an die Stelle des harten Befehlstons in der Kaserne, der Schikanen und des harten Schnitts, treten lange, aber intensive Einstellungen, in denen sich Eismayer gegenüber seiner Frau outet oder mit Falak im Wiener Riesenrad über eine gemeinsame Zukunft spricht.


Wie Liebmann überzeugt auch der gebürtige Deutsch-Kroate Luka Dimić als Falak. Als smarten und offenen jungen Mann spielt er diesen Rekruten, dessen Entscheidung für den zukünftigen Beruf dann aber etwas überraschend kommt, aber eben der Realität entspricht.


Die große Kunst von Regisseur David Wagner besteht nun wiederum darin, wie er die Geschichte abgespeckt und aufs Wesentliche reduziert hat. Konsequent entwickelt er die Handlung, beschränkt sich ganz auf die Schilderung des Kasernenalltags, die dank des genauen Blicks und die treffliche Besetzung der Nebenfiguren großen Realismus ausstrahlt, und als Hintergrund Eismayers Familienleben sowie schließlich auf die aufkeimende Liebe zwischen dem Ausbildner und Falak.


Bestechend erzählt dieses Debüt dabei auch an der konkreten Geschichte zeitlos und universell, wie es kein echtes und befreites Leben im falschen geben kann und wie lang und schwierig der Weg zu Selbsterkenntnis und damit auch zu Befreiung aus einem Geschlechterbild, das durch die Erziehung indoktriniert wurde, und aus inneren Zwängen sein kann.


Eismayer Österreich 2021 Regie: David Wagner mit: Gerhard Liebmann, Luka Dimić, Julia Koschitz, Anton Noori Länge: 87 min.



Läuft derzeit in österreichischen Kinos, z.B. im Cinema Dornbirn


Trailer zu "Eismayer"






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