Um über den Tod ihres Mannes hinwegzukommen, bricht eine Französin zu Tonaufnahmen für einen Dokumentarfilm in die Mongolei auf, findet dort aber Zugang zu einer anderen, schamanischen Welt. Cécile de France trägt Fabienne Berthauds stimmige Adaption von Corine Sombruns autobiographischem Bericht "Mein Leben mit den Schamanen".
Glücklich ist die etwa 40-jährige Corine (Cécile de France) nur, wenn sie von ihrem verstorbenen Mann träumt. Wenn sie erwacht, rollen Tränen über ihre Wangen, bei der Arbeit als Toningenieurin ist sie unkonzentriert. Damit sie auf andere Gedanken kommt, schickt sie ihr Kollege Marc in die Mongolei, um dort Tonaufnahmen traditioneller Musik und religiöser Zeremonien zu machen.
Dort fällt Corine aber in Trance, als eine Schamanin zu trommeln beginnt, widersetzt sich zunächst dennoch deren Rat, sich selbst zur Schamanin ausbilden zu lassen. Stattdessen kehrt sie nach Frankreich zurück, doch die Erfahrungen in der Mongolei lassen sie nicht los, sodass sie bald wieder aufbricht....
Offenheit gegenüber Spirituellem und Irrationalem verlangt dieser Film, der auf der wahren Geschichte von Corine Sombrun beruht, die sich in der Mongolei zur Schamanin ausbilden ließ und heute mit Neurologen und Gehirnforschern zusammenarbeitet, um die mentalen Mechanismen hinter den Trancezuständen zu verstehen und beispielsweise für therapeutische Zwecke zu nutzen.
Nur in Inserts des Nachspanns wird Letzteres angerissen, im Zentrum des Films stehen die grenzenlose Trauer Corines und deren Überwindung durch ihr Eintauchen in die schamanische Welt. Nicht nur zu zittern, sondern auch wie ein Wolf zu heulen beginnt sie dabei beim Trommelschlag der Schamanin und an Nahtoderfahrungen erinnern die Bilder einer erleuchteten Tür am Ende eines dunklen Gangs, die sie in Trance sieht.
So spirituell aber auch diese Erfahrungen sind, so nüchtern und sachlich ist doch die Inszenierung Fabienne Berthauds. Sie vereinnahmt den Zuschauer nicht, drängt ihm das Schamanische nicht auf, sondern erforscht das Fremde mit spürbarer Neugier und lässt den Zuschauer diese Welt zusammen mit der zunächst sehr skeptischen Corine langsam entdecken.
In großartigen Totalen fängt die Kamera von Nathalie Durand dabei die weite Weide- und Waldlandschaft der Mongolei ein und die Grenzen zwischen Dokumentarischem und Inszeniertem verschwimmen bei der ausführlichen Schilderung des nomadisch-bäuerlichen Lebens des Volks der Tsataan. Mit Ausnahme der Schamanin Oyun sind so auch alle Rollen der Mongolen mit Laien besetzt und Corines Begleiterin und Dolmetscherin wird von der Frau gespielt, die vor 20 Jahren auch die "echte" Corine begleitete.
Wie "Eine größere Welt" zwischen Frankreich und dieser Welt der Nomaden pendelt, so pendelt der Film damit gleichzeitig zwischen wissenschaftlicher und schamanischer Welt, zwischen Rationalismus und Irrationalität. Verschiedenste Ärzte vom Neurologen bis zur Psychiaterin konsultiert Corine nämlich nach ihrer ersten Rückkehr nach Frankreich, lässt auch eine Computertomographie machen, doch ihre Trancezustände können damit nicht erklärt werden. Ganz ohne Wissenschaft taucht sie dagegen in der Mongolei durch den Rhythmus der Trommel, die sie selbst zu schlagen lernt, in diese größere – spirituelle – Welt ein.
Trotz der realen Geschichte von Corine Sombrun und dem schamanischen Kontext ist die große Liebe zum verstorbenen Mann Triebfeder und Herz des angenehm zurückhaltend inszenierten Dramas. Eindrücklich vermittelt Cécile de France nicht nur Corines Trauer und Verlorenheit, sondern auch ihre anfängliche Skepsis gegenüber dem Schamanismus und die Befreiung durch das immer tiefere Eintauchen in diese Welt.
Das Inszenierte führt Berthaud dabei – wie oft bei solchen "wahren Geschichten" – am Ende mit Fotos der realen Corine Sombrun in die Realität über und bekräftigt damit die Echtheit des Erzählten.
Wird im Rahmen der Leinwandlounge am 21.4. in der Remise Bludenz gezeigt
Trailer zu "Eine größere Welt - Un monde plus grand"
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