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  • AutorenbildWalter Gasperi

Die letzte Nacht in Mailand

Ein rechtschaffener Kriminalpolizist nimmt in der Woche vor seiner Pensionierung doch noch einen dubiosen Job an. Doch dieser Auftrag geht mächtig schief. – Bei SquareOne Entertainment ist Andrea Di Stefanos stylischer und clever konstruierter Thriller, der eher locker beginnt, aber sukzessive düsterer und beklemmender wird, auf DVD und Blu-ray erschienen.


In spektakulärer Flugaufnahme gleitet die Kamera in minutenlanger Fahrt über das nächtliche Mailand von Hochhauskomplexen über die Altstadt und das riesige Bahnhofsgelände, bis sie sich den Fenstern eines Wohnblocks nähert. Mit einem Schnitt ist man mitten in der privaten Feier zur Verabschiedung des Kriminalpolizisten Franco Amore (Pierfrancesco Favino), der nach 35 Dienstjahren an diesem Tag seinen Ruhestand antreten wird.


Neben Francos Gattin (Linda Caridi) haben sich unter anderem auch deren Cousin Cosimo (Antonio Gerardi) und der etwa achtjährige Sohn eines langjährigen Kollegen und guten Freundes in der Wohnung versammelt, während Franco selbst noch nicht da ist. Dafür stört ein Anruf von dessen Chef den Abend, während Cosimo nach einem anderen Anruf überstürzt die Feier verlässt.


Schließlich trifft auch Franco ein, wird von der Party überrascht und zeigt sich erfreut und zu Tränen gerührt, dass auch die studierende Tochter via Skype präsent ist. Doch bald zwingt ihn ein neuerlicher Anruf seines Chefs die Feier auch schon wieder zu verlassen und einen Tatort in einem Straßentunnel aufzusuchen. Dass hier ein Kollege getötet wurde, erschüttert ihn sichtlich, ehe Andrea di Stefano zehn Tage zurückblendet.


Auch in dieser Zeit überlagert schon die nahe Pensionierung Francos die Handlung. Nie hat er sich etwas zu Schulden kommen lassen, sichtlich Unbehagen lösen bei ihm die Fahrten für den in dubiose Geschäfte involvierten und für einen reichen Chinesen arbeitenden Cosimo aus. Doch als Franco diesem Chinesen nach einem Herzinfarkt das Leben rettet, erhält er das Angebot dessen Sicherheitsdienst aufzubauen.


Die lukrative Aufbesserung der Pension kommt dem unterbezahlten Polizisten nicht ungelegen, doch nur sehr widerstrebend nimmt er einen Job an, der noch in seine Dienstzeit fällt: Er soll vom Flughafen eine Chinesin mit einem Beutel Diamanten abholen. Einfach klingt der Auftrag, doch dass dann die Chinesin nicht alleine, sondern mit einem Begleiter am Flughafen steht, ist noch das kleinste Ärgernis.


Clever konstruiert hat di Stefano seinen stylisch in Neonlicht getauchten Nachtfilm, wenn er ihn von der einleitenden Party in der Rückblende langsam wieder auf dieses Fest zu entwickelt, das dann aber in ganz anderem Licht erscheint. Locker und leicht ist da zwar der Beginn, doch spätestens mit der Fahrt vom Flughafen in die Stadt wird "Die letzte Nacht in Mailand" zunehmend düsterer und beklemmender.


Hochspannung entwickelt der italienische Schauspieler und Regisseur in diesem auch durch die weitgehende Beschränkung auf eine Nacht atmosphärisch sehr dichten Thriller bei dieser Autofahrt, bei der sukzessive das Gefühl der Bedrohung gesteigert wird, bis die Situation dann tatsächlich explodiert. Nichts ist für Franco danach wie zuvor und, obwohl die Dinge ihm hoffnungslos über den Kopf wachsen, versucht er doch noch die Kontrolle zu behalten.


Großartig spielt Pierfrancesco Favino diesen Franco als im Grunde rechtschaffenen Mann, der für die einmalige Beteiligung an einem kriminellen Geschäft teuer bezahlen muss. Nicht unwesentlich profitiert "Die letzte Nacht in Mailand" von der Erdung dieses Protagonisten im Alltäglichen.


Geschickt führt di Stefano aber auch in der Auftaktszene Francos Frau, Cosimo und den Sohn von Francos Kollegen ein, die später wichtige Rollen spielen werden. Sie sind zentral, um in der Folge zwingend von fiesen Intrigen, bewegend von Verlust und Trauer, aber auch von Gier und der Sehnsucht nach einem besseren und sorgenfreien Leben zu erzählen.


Das Thriller-Genre revolutioniert der 51-jährige Italiener mit seiner dritten Regiearbeit zwar nicht, bietet aber doch überlegt inszenierte und spannende Unterhaltung, die auch mit dem knappen Ende, das wenig Hoffnung auf eine Zukunft lässt, nachwirkt.


An Sprachversionen bieten die bei SquareOne Entertainment erschienene DVD und Blu-ray die italienische Original- und die deutsche Synchronfassung, zu der deutsche Untertitel für Hörgeschädigte zugeschaltet werden können. Die Extras beschränken sich auf den Trailer ein etwa fünfminütiges Featurette zu den Dreharbeiten mit kurzen Interviews mit dem Regisseur und den Hauptdarsteller:innen sowie Trailer zu weiteren Filmen dieses Labels.



Trailer zu "Die letzte Nacht in Mailand"


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