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  • AutorenbildWalter Gasperi

Der Tod kennt keine Wiederkehr - The Long Goodbye


Gegen den Strich bürstete Robert Altman mit seiner 1973 entstandenen Raymond Chandler-Adaption den Detektivfilm. Bei Koch Media ist der melancholische und atmosphärisch dichte Krimi, in dem Elliott Gould als antriebsloser Philipp Marlowe durch Los Angeles und die Handlung irrt, in einem edlen Mediabook auf DVD und Blu-ray erschienen.


Robert Altman verlegte nicht nur die Handlung von Raymond Chandlers 1953 erschienenem Roman „The Long Goodbye“ in die 1970er Jahre, sondern schlug auch gezielt einen anderen Ton an als Howard Hawks im Klassiker „The Big Sleep“ (1946).


Wie bei „The Big Sleep“ zeichnet zwar auch bei „The Long Goodbye“ Leigh Brackett für das Drehbuch verantwortlich, aber mit Elliott Gould wählte Altman schon einen ganz anderen Schauspielertyp als Humphrey Bogart für die Rolle des Detektivs Philipp Marlowe. Während Bogarts Marlowe aktiv ermittelt und nicht nur einstecken muss, sondern durchaus auch austeilen kann, scheint Goulds Marlowe ziemlich verloren zwischen Polizei, Gangstern und reichem Schriftsteller-Ehepaar.


Seine Ohnmacht macht schon die lange Auftaktszene deutlich, in der er mitten in der Nacht von seiner Katze geweckt wird und in den Supermarkt fahren muss, um Katzenfutter zu kaufen, das dann aber der Vierbeiner doch nicht frisst, da es sich nicht um seine bevorzugte Marke handelt. Wie sich Marlowe um die Katze kümmert, so bringt er auch – ohne weiter zu fragen – seinen Freund Terry Lennox nach Mexiko.


Doch am nächsten Tag wird er von der Polizei verhört und verhaftet, weil Lennox verdächtigt wird, seine Frau ermordet zu haben. Drei Tage später wird der Detektiv aber wieder freigelassen, als der Selbstmord von Lennox aus Mexiko gemeldet wird.


Marlowe will nicht an den Selbstmord seines Freundes glauben und kommt über einen Auftrag, bei dem er nach einem vermissten Schriftsteller (Sterling Hayden) suchen soll, in die gleiche exklusive Wohnsiedlung, in der Lennox lebte. Er beginnt nachzufragen und sieht sich bald mit einer Gangsterbande konfrontiert, der Lennox scheinbar noch Geld schuldete. Undurchsichtig bleibt aber auch, in welchem Verhältnis das Schriftsteller-Ehepaar zum Ehepaar Lennox stand.


Statt auf Action setzt Altman auf Evokation einer Atmosphäre. Melancholie verbreitet hier nicht nur der immer wieder auf unterschiedlichste Weise, mal im Autoradio zu hörende, dann in einer Bar und bald auch bei einem Begräbnis in Mexiko gespielte Titelsong „The Long Goodbye“, sondern auch die undramatische Erzählweise. Immer in leichter Bewegung ist zwar die Kamera von Vilmos Zsigmond, gleitet durch die Räume und weitet oder engt mit Zooms den Blick ein, doch Hektik kommt hier nie auf, sondern vielmehr steigert diese visuelle Eleganz die Melancholie des Films. – Genrekonventionen unterwandert Altman so, macht sich mehr oder weniger verdeckt über die klassischen Plots lustig und lenkt den Blick auf die Charaktere und ihr Verhalten.

Ganz aus der Perspektive von Marlowe, der von Elliot Gould wunderbar zurückhaltend als Loser gespielt wird, erzählt Altman dabei. Auf Schritt und Tritt folgt der Film dem ständig Zigarette rauchenden Privatdetektiv, der nicht einmal ein Büro hat, sondern seine Aufträge in einer Bar entgegennimmt.


Mehr als um deren Ausführung geht es Marlowe dabei darum, die Unschuld von Lennox´ zu beweisen. Während er noch an die Freundschaft glaubt, zeigen sich alle um ihn herum korrupt. So zeichnet „The Long Goodbye“ im Kern das pessimistische Bild der Westküstengesellschaft der 1970er Jahre, in der es keine moralischen Werte mehr gibt und jeder nur an seinen Vorteil, vor allem an Geld denkt.


An Sprachversionen bieten die bei Koch Media in einem edlen Media-Book erschienene DVD und Blu-ray die englische Original- und die deutsche Synchronfassung sowie deutsche Untertitel. Neben dem deutschen und englischen Kinotrailer und einem sehr informativen 24-seitigen Booklet von Frank Arnold finden sich auf einer dritten DVD ausführliche Interviews mit Elliot Gould, Kameramann Vilmos Zsigmond, Altman-Biograph David Tompson und Chandler-Biograph Tom William sowie die Dokumentation „Rip Van Marlow“, in der Altman und Gould über den Film sprechen.


Trailer zu "Der Tod kennt keine Wiederkehr - The Long Goodbye"



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