
Peter Sellers brilliert als indischer Kleindarsteller, der eine Hollywood-Party ins Chaos stürzt. – Bei Koch Films ist die aberwitzige Komödie, mit der Blake Edwards 1968 die Tradition des Stummfilm-Slapstick wieder aufleben ließ und auch an Jacques Tati anknüpfte, gleichzeitig aber auch gesellschaftliche Entwicklungen spiegelte, in einem hochwertigen Mediabook mit vielen Extras auf DVD und Blu-ray erschienen.
Unvermittelt versetzt Blake Edwards das Publikum in eine Halbwüste, in der Inder einen Hinterhalt gegen britische Soldaten vorbereiten. Die ernste Szene kippt nicht nur ins Komödiantische, als der indische Signaltrompeter (Peter Sellers) trotz zahlreicher Schussverletzungen und Maschinengewehrfeuer sein Spiel fortsetzt, sondern entpuppt sich auch rasch als Filmszene. Nicht genug damit, dass dieser Kleindarsteller Hrundi V. Bakshi damit diese Szene boykottiert, wird durch seine Ungeschicktheit auch das als Kulisse dienende Fort gesprengt, ehe die Kamera läuft.
Ein rotes Tuch ist Bakshi damit für den Regisseur und soll in Hollywood auf eine Schwarze Liste gesetzt werden, dennoch wird er durch ein Missverständnis zur Party eines Hollywood-Produzenten eingeladen, bei der sich Prominenz aus Filmbusiness und Politik, aber auch aufstrebende Jungschauspielerinnen treffen.
Abzusehen ist, dass Bakshi die Abendveranstaltung sukzessive ins Chaos stürzen wird. Weil Blake Edwards dies aber mit größter Ruhe und einem bestechenden Gespür fürs richtige Timing inszeniert, bereitet "The Party" auch 53 Jahre nach seiner Entstehung noch hinreißendes Vergnügen. An Jacques Tati – speziell an "Mon Oncle" – erinnert sowohl die hypermoderne Villa des Produzenten mit technischem Schnickschnack, der ein lustvolles Spiel mit der Tücke des Objekts erlaubt, als auch die Zurücknahme des Dialogs.
Wie eine Stummfilmkomödie legte Edwards nämlich "The Party" an. Kaum inhaltliche Funktion haben die Dialoge, sondern dienen vor allem als Geräuschkulisse, um die Atmosphäre bei dieser Party, auf der der Inder Bakshi ein Fremdkörper ist, zu beschwören. Möglichst nicht auffallen und sich in die Gesellschaft integrieren möchte sich Bakshi, doch herrliche Körperkomik und Slapstick entwickeln sich durch seine Missgeschicke, wenn er beispielsweise seinen schmutzigen Schuh reinigen will oder am Stromkasten diverse Knöpfe ausprobiert.
Viel Raum zum Improvisieren ließ Edwards seinen Schauspieler*innen, war sich aber auch bewusst, dass fürs richtige Timing höchste Präzision nötig ist. Als einer der ersten nahm er deshalb alle Szenen gleichzeitig mit Video auf, um sie unmittelbar danach prüfen zu können. Ein 17-minütiges Feature, das sich in den Extras findet, bietet aufschlussreichen Einblick in die hier neu entwickelte Technik.
Wie bei Tati kann man auch aus "The Party" eine Kritik an allzu viel modernem Schnickschnack herauslesen, gleichzeitig wird aber auch der Umbruch nicht nur in Hollywood reflektiert. Da erinnert einerseits der Historienfilm, der am Beginn gedreht wird, ans klassische Hollywood-Kino, mit dem man in den 1960er Jahren vorwiegend Flops bei Kritik und Publikum landete, während "The Party" selbst formal an die Stummfilmzeit anknüpft.
Den großen Erzählungen Hollywoods stellt Edwards eine auf ein Haus beschränkte und beinahe in Echtzeit erzählte Komödie gegenüber, in der sich auch keine große Handlung entwickelt, sondern sich der Witz einzig aus den Begegnungen Bakshis mit den verschiedenen Partygästen, den technischen Finessen des Hauses und einem betrunkenen Kellner entwickelt. Gleichzeitig wird dieser arrivierten Gesellschaft am Ende mit dem Eintreffen der Tochter des Hausbesitzers und ihrer Freunde, die auch noch einen Baby-Elefanten mit sich führen, die Hippiebewegung der späten 1960er Jahre gegenübergestellt.
Durchaus anarchistisch ist "The Party" im bissigen Blick auf den steifen Studioboss oder einen Regisseur, der ein Starlet mit dem Versprechen einer Rolle ins Bett bekommen will. Ambivalent ist freilich das Brownfacing von Peter Sellers, das man einerseits als rassistisch ansehen kann, andererseits aber auch als Edwards Kritik an dieser im klassischen Hollywood geübten Praxis, Rollen von Farbigen und Schwarzen mit bemalten weißen Schauspieler*innen zu besetzen.
Nur auf den ersten Blick ist diese auch mit ihren kräftigen Bonbon-Farben erfreuende Komödie so purer Slapstick, bietet bei genauerem Hinschauen doch Einiges mehr und kann so Kindern ebenso wie Erwachsenen immer noch 90 höchst unterhaltsame Kinominuten schenken.
An Sprachversionen bieten die bei Koch Films in einem schicken Mediabook erschienene DVD und Blu-ray die englische Original- und die deutsche Synchronfassung sowie Untertitel in diesen beiden Sprachen. An Extras gibt es neben dem englischen Trailer und einer Bildergalerie auf einer zweiten DVD – jeweils deutsch untertitelt - ein 25-minütiges Making of, ein Feature über den Filmmusikkomponisten Henry Mancini, während die auf dem Cover angekündigte 48-minütige Dokumentation über Peter Sellers fehlt, kurze Porträts von Blake Edwards und den Produzenten Walter Mirisch und Ken Wales, Werbespots mit Peter Sellers und das schon erwähnte Feature zum Einsatz der damals neuen Videotechnik sowie ein 16-seitiges Booklet mit einem Essay von Oliver Nöding.
Trailer zu "Der Partyschreck - The Party"
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