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AutorenbildWalter Gasperi

Der Dieb von Bagdad – The Thief of Bagdad (1940)


Märchenhafter Orient mit bösem Herrscher, schöner Prinzessin, verliebtem jungen König und gewieftem kleinem Dieb sowie riesigem Flaschengeist und fliegendem Teppich. – Bei Koch Films ist der opulent ausgestattete und in leuchtenden Technicolorfarben strahlende Abenteuer-Fantasy-Film aus dem Jahr 1940 auf Blu-ray erschienen.


Lange bleibt als erster Credit der Name des Produzenten Alexander Korda stehen. Verwundern kann das nicht, denn Korda hat dem Film sicher stärker den Stempel aufgedrückt als die fünf Regisseure Ludwig Berger, Michael Powell, Tim Whelan, Zoltan Korda und William Cameron Menzies, die unterschiedliche Passagen drehten. Statt inszenatorisch-klarer Linie bestimmen Ausstattung, Kostüme, prächtige Kulissen und Spezialeffekte diesen Mix aus Abenteuer- und Fantasyfilm.


Sinn macht auch, dass einer der nächsten Credits auf die Technicolorfarben hinweist, denn auch diese bestimmen "Der Dieb von Bagdad" wesentlich stärker als beispielsweise die Schauspieler*innen. Schon die erste Szene mit der Ankunft eines Segelschiffs stimmt mit den kräftigen Farben der Segel und dem geschäftigen Treiben im Hafen auf ein Fest der Sinne ein.


Der Großwesir Jaffar (Conrad Veidt), der in Bagdad die Herrschaft an sich gerissen hat, kommt an, um endlich die schöne Prinzessin (June Duprez) zu seiner Frau zu nehmen. Doch vor es dazu kommt, erzählt der blinde Bettler Ahmad (John Justin) über seine Beziehung zur Prinzessin und zum kleinen Dieb Abu (Sabu).


Ahmad war einst selbst Kalif von Bagdad, fiel aber einer Intrige des Großwesirs zum Opfer und musste fliehen. Während Ahmad das Wohl des Volkes am Herzen liegt, ist der Großwesir ein Despot. Wie hier das Volk über dessen baldigen Sturz durch einen Erlöser, der auf einem fliegenden Teppich ankommen und quasi vom Himmel aus den Tyrannen töten wird, erzählt, erinnert an die biblische Geschichte von Jesus. Außer Zweifel steht, dass sich diese Hoffnung schließlich erfüllen wird.


Davor müssen Ahmad und Abu bei ihrem Versuch, die Prinzessin aus der Gewalt Jaffars zu befreien, aber noch viele Abenteuer überstehen. Denn Jaffar verfügt über Zauberkräfte. Allein mit seinen Gedanken kann er so Ahmad blenden oder auf See einen Sturm heraufbeschwören, der Ahmads und Abus kleines Segelboot kentern lässt.


Der kleine Abu wiederum kann einen riesenhaften Geist als Helfer gewinnen, indem er ihn aus der Flasche befreit, in der er 2000 Jahre lang gefangen war. Mit dem Geist fliegt er auf der Suche nach Ahmad über alle Bergketten und schließlich mit einem fliegenden Teppich zurück nach Bagdad.


Wenig stringent ist der Aufbau der Handlung, vielmehr reihen Korda und seine Regisseure eine spektakuläre Szene an die nächste. Nie merkt man diesem märchenhaften Film aber an, dass die Produktion im Herbst 1939 wegen des Ausbruchs des Zweiten Weltkriegs unterbrochen und von London nach Hollywood verlegt werden musste.


Mit prächtigen Studiobauten wird die Märchenwelt der orientalischen Städte zum Leben erweckt, auch großartige Landschaftsaufnahmen, die im Grand Canyon, Bryce Canyon und Painted Canyon entstanden, sorgen für Augenfutter. Dazu kommen die für die damalige Zeit spektakulären Tricks, die heutige Ansprüche zwar nicht mehr erfüllen können, aber mit sichtlicher Liebe und Leidenschaft gestaltet sind, sodass sie nicht retortenhaft wirken, sondern immer noch viel Charme versprühen.


Denn "Der Dieb von Bagdad" ist eben kein kaltes Special-Effects-Spektakel, sondern erzählt im Kern auch sehr romantisch von zutiefst menschlichen Themen und Gegensätzen. Da steht zunächst einmal ganz zentral der Gewalt und dem Machtstreben des Großwesirs die Liebe des jungen Ahmad und der Prinzessin gegenüber, die schließlich natürlich trotz aller Widerstände siegt.


Und dann gibt es da eben noch Abu, der zwar klein ist, aber mit Chuzpe, Charme, Mut und Einfallsreichtum auch mit überlegenen Gegnern wie einer riesigen Spinne fertig wird oder den Flaschengeist ebenso wie die ihn verfolgenden Bewohner von Bagdad übertölpeln kann. Ein Role-Model ist dieser Underdog, der auch dem Publikum Mut machen soll, dass mit entsprechendem Einsatz und Mut immer wieder ein David einen Goliath besiegen kann.

Lustvoll und mit Verve spielt der 15-jährige Inder Sabu diesen schelmischen Protagonisten, stark ist auch Conrad Veidt als brutaler Großwesir, während John Justin als Ahmad und June Duprez als Prinzessin äußerst blass bleiben. – Schauwerte sind hier eben wichtiger als die Charaktere.


Und so bot "Der Dieb von Bagdad" nicht nur in Zeiten des Zweiten Weltkriegs mit seinen exotischen Locations und spektakulären Abenteuern eskapistische Flucht aus dem tristen Alltag, sondern funktioniert immer noch als naives, aber schwungvolles Kinoabenteuer für Jung und Alt.


An Sprachversionen bietet die bei Koch Films erschienene Blu-ray die englische Originalfassung, zu der deutsche Untertitel zugeschaltet werden können, sowie die deutsche Synchronfassung. Die Extras umfassen neben dem deutschen und englischen Trailer sowie einer Bildergalerie eine rund 50-minütige Dokumentation über Leben und Karriere des Hauptdarstellers Sabu. Dazu kommt ein sehr informativer und dichter deutschsprachiger Audiokommentar von Rolf Giesen sowie eine rund 90-minütige Dokumentation, in der Giesen ausführlich über die Geschichte der Spezialeffekte referiert. Sehr informativ sind Giesens Ausführungen zweifellos, allerdings ermüdet dieser Monolog angesichts der beträchtlichen Länge und aufgrund des Verzichts auf Filmausschnitte oder anderer Auflockerungen die Zuschauer*innen auch.


Trailer zu "Der Dieb von Bagdad - The Thief of Bagdad"



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