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  • AutorenbildWalter Gasperi

Befreiendes Lachen: Komödien gegen die Krise


The Great Dictator © Roy Export SAS

In schwierigen Zeiten ist Humor oft das beste Heilmittel. Das Österreichische Filmmuseum startet nach der Corona-Schließung am 19. Mai mit einer Filmreihe mit Komödien aus der eigenen Filmsammlung das neue Programm.


Aufheiternde Unterhaltung oder schonungslos realistischer Blick aufs Leben. – Preston Sturges hat darauf in seiner klassischen Komödie "Sullivan´s Travels (1941) eine klare Antwort geliefert. Zwar will hier der Komödienregisseur Sullivan neue künstlerische Wege einschlagen und einen sozialrealistischen Film drehen, doch die Erfahrungen, die er bei seiner Milieustudie als Obdachloser macht, belehren ihn eines Besseren. Als er nämlich durch ein Missverständnis im Gefängnis landet, erkennt er bei der Filmvorführung eines Zeichentrickfilms, dass einzig das unbeschwerte Lachen die Häftlinge für wenige Stunden ihre bittere Situation vergessen lässt.


Auch barbarischen Tyrannen kann man mit Realismus nie gerecht werden. Schärfer und vernichtender attackieren kann man sie mit den Mitteln der Satire. Charlie Chaplin mag man vorwerfen, dass sein Blick auf Hitler in "The Great Dictator" (1940) angesichts der – zur Entstehungszeit noch nicht bekannten - realen Gräuel des NS-Regimes zu harmlos ist, doch der entlarvende Blick des Meisterregisseurs funktioniert immer noch als ein Akt des Widerstands gegen die Barbarei und ein Plädoyer für Humanität.


Auch Stanley Kubrick hat sich in "Dr. Strangelove" (1964) entschieden, auf das Entsetzen mit pechschwarzem Humor zu reagieren. Bissig zeigt er, aufbauend auf der realen Kubakrise und einem drohenden atomaren Holocaust, wie leicht die Politik aus dem Ruder laufen kann, wie fehleranfällig weniger Maschinen als vielmehr der Mensch ist und wie rasch ein Räderwerk in Gang gesetzt wird, bei dem der Weg in den Untergang nicht mehr zu stoppen ist.


Während einerseits Komödien wie Luis Bunuels "Cet obscur objet du désir" (1977), Frank Tashlins Jerry Lewis-Film "The Disorderly Orderly" (1964) oder Claude Faraldos "Themroc" (1973), in dem Michel Piccoli seine Wohnung zur Höhle macht und ungeniert lebt, anarchistisch mit gesellschaftlichen Umgangsformen und Zwängen abrechnen, feiern andere von Michel Gondrys VHS-Hommage "Be Kind Rewind" (2008) bis zum Knetfiguren-Trickfilm "Wallace & Gromit: The Curse of the Were-Rabbit" (2005) die Bedeutung und die Kraft der Freundschaft und Gemeinschaft als starke Pfeiler gegen Einsamkeit und Isolation.


Der Laurel und Hardy Kurzfilm "Big Business" (1929), in dem das Komiker-Duo ein Haus zertrümmert, während ihr Kontrahent ihr Auto zerlegt, fehlt in der Filmreihe ebenso wenig wie "Jazzclub – Der frühe Vogel fängt den Wurm" (2004), in dem Helge Schneider einen Jazz-Musiker spielt, der sich als Zeitungsausträger und Fischverkäufer durchs Leben schlägt. So bitter und verzweifelt Roy Anderssons Blick aufs Leben in "Songs from the Second Floor" (2000) ist, so reizen die grandiosen Tableaus mit ihren grotesken Momenten doch immer wieder zum Lachen und halten die Balance von Tragik und Schönheit des Lebens.


Zeitlos und weltumspannend ist der Versuch mit Humor das Leben zu meistern. Boris Barnet nützt in seinem Stummfilm "Das Haus in der Trubnaja-Straße" (1928) die Geschichte eines Landeis, das sich in der Großstadt Moskau durchschlagen muss, um mit Witz die Probleme der jungen Sowjetunion und ihrer Bewohner*innen aufzudecken, aber auch die Bedeutung der Gemeinschaft im Wohnblock zu feiern. Der Japaner Gakuryū Ishii lässt dagegen in seiner Satire "Die Familie mit umgekehrtem Düsenantrieb" (1984) die Aggressionen innerhalb einer Familie eskalieren, bis deren Einfamilienhaus in Trümmern liegt.


Die derzeitige Pandemie spiegelt sich dabei auch in der Auswahl der Filme: Ganz auf den seit 1964 betreuten und ständig erweiterten eigenen Bestand beschränkt sich das Filmmuseum, da von fremden Archiven derzeit nur sehr schwer Filmkopien zu bekommen sind. Zu Tage brachte die Sichtung des Bestands aber auch, dass sich zu diesem Programm keine Filme von Frauen in der Sammlung befinden. So deckte die Kuratierung dieser Filmreihe nicht nur die Schätze des Filmmuseums, sondern auch eine Lücke auf, die zu schließen nun geplant ist.


Österreichisches Filmmuseum vom 19. Mai bis 15. August 2021


Trailer zu "Sullivan´s Travels"


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