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  • AutorenbildWalter Gasperi

Flag Day


Eine erwachsene Tochter erinnert sich an ihre Beziehung zu ihrem einst bewunderten kleinkriminellen Vater, der stets große Versprechungen machte, Familie und Kinder dann aber immer wieder im Stich ließ. Sean Penns in den 1970er und 1980er Jahren spielendes melancholisches Drama, das mit dem Regisseur selbst und seiner Tochter Dylan Penn in den Hauptrollen stark besetzt ist, ist bei Plaion Pictures auf DVD und Blu-ray erschienen.


Wieder einmal steht am Beginn das Insert "nach einer wahren Geschichte", denn Sean Penn diente Jennifer Vogels autobiographische Vater-Tochter-Geschichte "Flim-Flam Man: The True Story of My Father's Counterfeit Life" als Grundlage für seine sechste Regiearbeit. Ausgehend von einer Verfolgungsjagd durch die Polizei über die Highways von Minnesota und einem Gespräch mit einer Polizistin im Jahr 1992 blickt die Tochter (Dylan Penn) im Film in mehreren Kapiteln auf die Beziehung zu ihrem Vater zurück.


Abgesehen von einer im Fernsehen laufenden Rede von Bill Clinton in der Gegenwartsebene wird jeder gesellschaftliche Kontext ausgespart. Der Fokus liegt ganz auf der Familiensituation und der Vater-Tochter-Beziehung. Mit Jennifers Voice-over, das mit den Worten "Mein Vater war für mich ein Prinz" einsetzt, ist auch die Erzählperspektive klar verankert.


Wenn sich die Rückblenden dabei vom "Sommer 1975", als Jennifer und ihr kleinerer Bruder noch Kinder waren, über "Mai 1981" und "Herbst 1985" bis 1992 spannen, ist damit auch einerseits eine langsame Desillusionierung des Vaterbilds, andererseits eine Entwicklung Jennifers zur selbstständigen Frau verbunden.


Schon früh zerbricht die Familie aufgrund Verschuldung des Vaters (Sean Penn), der stets große Träume, aber nie Erfolg hat. Wachsen ihm die Dinge über den Kopf, entzieht er sich immer wieder der Verantwortung und flieht. So bleiben die beiden Kinder bei der alkoholsüchtigen Mutter zurück, wollen aber bald zum Vater, der sie aber bald wieder im Stich lässt und wieder zur Mutter bringt.


Eindrücklich vermittelt Penn diese Zerrissenheit Jennifers zwischen Vater und Mutter, die Sehnsucht nach Geborgenheit, die sie auch als Teenager wieder von der Mutter zum Vater treibt, der aber wiederum bald darauf in die Kriminalität abgleitet.


Zu Hochstapelei und Betrügereien kommen dabei bald Banküberfall und Geldfälschung. Jeden Kontakt will Jennifer so abbrechen. Zwar droht sie in Obdachlosigkeit und Drogenkonsum abzugleiten, findet dann aber im Journalismus ihre Berufung. Vom Vater kann sie sich aber nicht gänzlich lösen, als sich dieser wieder meldet.


Mit grobkörnigen Bildern sowie zahlreichen Songs evoziert "Flag Day" atmosphärisch dicht die Stimmung der 1970er und 1980er Jahre. Nah dran ist Penn damit auch an den Filmen dieser Zeit und erzählt nicht nur bewegend eine Vater-Tochter-Geschichte, sondern auch vom amerikanischen Traum von Familie, eigenem Haus und beruflichem Erfolg sowie von dessen Scheitern.


Auch wenn sich Penn dabei ganz auf die dysfunktionale Familie konzentriert, baut er mit dem Flag Day, an dem jeweils am 14. Juni die amerikanische Flagge gefeiert wird und der gleichzeitig der Geburtstag des Vaters ist, einen scharfen Kontrast zum Leben der Protagonist*innen auf. Während nämlich einerseits in den Nationalfarben Blau, Rot und Weiß die Größe der USA in Paraden gefeiert wird, steht auf der anderen Seite das prekäre Leben von Jennifer und ihrer Familie.


Immer wieder erzeugt Penn dabei auch mit Montagesequenzen, in die kleinformatige Home-Videos des Vaters, aber auch Erinnerungen Jennifers an die Kindheit eingeschnitten werden, einen poetisch-melancholischen Fluss der Bilder. Andererseits ist "Flag Day" in der Schilderung der Vater-Tochter-Beziehung freilich auch nicht frei von Rührseligkeit.


Doch über diese Schwäche hilft das starke Spiel von Dylan Penn als Jennifer und ihres Vaters Sean, der auch keine Angst vor Hässlichkeit kennt, zumindest teilweise hinweg. Denn bestens harmonieren die beiden Hauptdarsteller*innen und tragen dieses zwar nicht perfekte, aber doch sehr menschliche und im Blick auf die Vater-Tochter-Beziehung universelle und zeitlose Drama.


An Sprachversionen verfügen die bei Plaion Pictures erschienene DVD und Blu-ray über die englische Original- und die deutsche Synchronfassung sowie über deutsche Untertitel. Als Extras gibt es ein etwa fünfminütiges, deutsch untertiteltes Interview mit Sean Penn, in dem er über die Entstehungsgeschichte des Films, das Zusammenspiel mit seiner Tochter, die Kameraarbeit und die Musik spricht, sowie den deutschen und englischen Trailer, eine Bildergalerie und eine Trailershow zu weiteren Filmen dieses Labels.


Trailer zu "Flag Day"


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