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  • AutorenbildWalter Gasperi

Buffalo Bill und die Indianer


Der legendäre Westernheld als Schaumschläger und Frauenheld. – Bei Koch Films ist Robert Altmans 1976 entstandene, satirische Dekonstruktion des Westernhelden und des heldenhaften Genres in einem edlen Mediabook auf DVD und Blu-ray erschienen.


Von der US-Flagge, die zu Trompetenmusik gehisst wird, zoomt die Kamera langsam zurück und öffnet den Blick auf Indianer, die weiße Siedler angreifen und massakrieren. Doch je mehr sich das Bild weitet, desto klarer wird, dass dies nur eine Nachinszenierung und Show ist: Willkommen in "Buffalo Bill´s Wild West Show".


Nie wird der Film, für den Robert Altman Arthur L. Kopits Bühnenstück "Indianer" adaptierte, dieses in der Prärie von Wyoming gelegene Show-Ambiente verlassen. Aus dem Off kommentiert der Groschenroman-Autor Ned Buntline (Burt Lancaster) kritisch Buffalo Bill (Paul Newman), den er durch seine Romane zur Legende gemacht hat, obwohl Buffalo Bill selbst im Grunde nichts geleistet hat.


Aber Bill ist längst ungleich berühmter als Buntline, verdoppelt wird seine Präsenz geradezu immer wieder durch Gemälde von ihm im Hintergrund. Seinen "Schöpfer" hat er in den Hintergrund gedrängt. Nun bestimmt er das Geschehen, während der Autor in der Bar herumhängt. Die Schlacht am Little Big Horn soll in der Show nachgestellt werden, sogar Sitting Bull wird dafür als Darsteller engagiert, doch zwischen Bill und dem Häuptling der Sioux kommt es zu keiner Kommunikation. Zu verschieden sind ihre Welten und auch der US-Präsident, der die Show besucht, will die Bitte von Sitting Bull nicht einmal anhören.


Zwar ist diese Satire mehr als andere Filme Altmans, der ein Meister des polyphonen Erzählens war, auf Buffalo Bill zugeschnitten, aber auch hier verzichtet der 2006 verstorbene Amerikaner auf einen linearen Plot. Von Handlungszwängen befreit wechselt er zwischen Figuren und Situationen, zwischen Show und Bills Privatsphäre mit Alkohol und junger Opernsängerin, zwischen dem Star und dem Manager der Show (Joel Grey) und der Kunstschützin Annie Oakley (Geraldine Chaplin).


Wie zuvor mit "M.A.S.H." den Kriegsfilm, mit "The Long Goodbye" den Detektivfilm und auch schon mit "McCabe and Mrs. Miller" den Western dekonstruiert Altman auch hier das amerikanischste aller Filmgenres und entlarvt den legendären Westernhelden als Großmaul. Dekonstruiert wird damit aber nicht nur das Bild Buffalo Bills, das seit der Stummfilmzeit in zahlreichen Filmen geprägt wurde – am nachhaltigsten wohl in William A. Wellmans "Buffalo Bill" (1944) - , sondern Altman lässt auch die Hauptdarsteller Paul Newman und Burt Lancaster lustvoll ironisch mit ihrem in klassischen Western wie "Vera Cruz", "Gunfight at the O.K. Corral" oder "Hombre" geschaffenen Image brechen.


Gleichzeitig ist "Buffalo Bill und die Indianer" aber auch ein Film über die Entstehung des Showbusiness, über dessen Geschichtsklitterung und Lügen, über Wichtigtuer und den leeren Schein der Darbietungen. Indirekt ist das damit auch ein Film über Hollywood, aber den echten Biss und die Dichte anderer Filme Altmans wie beispielsweise des grandiosen "Nashville" erreicht diese Satire nicht.


Einerseits fehlt dazu eine echte Identifikationsfigur, denn auch Buffalo Bill wird nicht richtig fassbar, andererseits tendiert der 1976 bei der Berlinale mit dem Goldenen Bären ausgezeichnete Film wie das Showbusiness selbst zu Wiederholungen, sodass sich Längen einstellen.


An Sprachversionen bieten die bei Koch Films in einem edlen Mediabook erschienene DVD und Blu-ray die englische Original- und die deutsche Synchronfassung sowie Untertitel in diesen beiden Sprachen. Die Extras umfassen ein kurzes Making of, eine Bildergalerie, einen Teaser und den originalen Trailer sowie ein Booklet mit einem informativen Text von Mike Sigel zur Entstehung von Altmans Film und von Anna S. Ullmann und Daniel Wagner zum historischen Hintergrund und Altmans Umgang damit.


Trailer zu "Buffalo Bill und die Indianer"


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