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AutorenbildWalter Gasperi

Bravados


Gregory Peck jagt als Rancher die Männer, die scheinbar seine Frau vergewaltigt und ermordet haben. – Henry Kings 1958 entstandener, stringenter Western, der schon auf den Italo-Western vorausweist, ist bei Explosive Media (Vertrieb: Plaion Pictures) auf Blu-ray erschienen.


Henry King mag nicht so bekannt sein wie andere Regisseure des klassischen Hollywoods, gehört aber zweifellos zu dessen großen Meistern. 1896 geboren, drehte er seinen ersten Film schon 1915. 72 Jahre alt war er, als er 1958 "Bravados" drehte und konnte im Western-Genre schon auf Klassiker wie "Jesse James" (1939) und "The Gunfighter" ("Scharfschütze Jimmy Ringo", 1950), in dem ebenfalls Gregory Peck die Hauptrolle spielte, zurückblicken.


In "Bravados" erzählt King nach einem Drehbuch von Oscar-Preisträger Philip Yordan eine im Grunde simple Rachegeschichte. Die Konzentration und Stringenz freilich, mit der diese erzählt wird, beeindruckt noch heute ebenso wie die Farbdramaturgie und Leon Shamroys Cinemascope-Bilder, die zwischen weiten Landschaftstotalen und engen Innenszenen wechseln.


Die Verbissenheit, mit der der Rancher Jim Douglas (Gregory Peck) eine Bande von Verbrechern verfolgt, wird schon im Vorspann spürbar, wenn sein Ritt durch die blauschwarze Nacht in den Tag übergeht. Man spürt, dass dieser Mann, der in seiner dunklen Kleidung und seinem schwarzen Pferd wie ein Todesengel auftritt, sich durch nichts aufhalten lassen wird.


Von der Prärie kommt Douglas in eine Stadt, in der die Hinrichtung einer Gangsterbande vorbereitet wird. Der Fremde will zusehen, wie die Männer gehängt werden. Gelassen und langsam köchelnd entwickelt King die Handlung, wenn er unterschiedliche Dorfbewohner zeigt, der Henker eintrifft, Douglas der Rancherin Josefa (Joan Collins) begegnet, in die er einst verliebt war, in der Kirche eine Messe gefeiert wird, in der der Pfarrer die Gläubigen auffordert, für die zum Tode Verurteilten zu beten.


Viel Zeit lässt sich King, wirft Fragen von staatlicher Gerichtsbarkeit und Lynchjustiz auf, bis es zum schon lange erwarteten Ausbruch der Bande kommt. Douglas setzt sich an die Spitze der Verfolger, übernimmt deren Koordination. Nach und nach ergreift er einen Gangster nach dem anderen, konfrontiert sie jeweils mit einem Bild seiner Frau, doch die Gangster behaupten, sie noch nie zuvor gesehen zu haben.


Früh ist zwar klar, dass er aus persönlichen Gründen die Männer verfolgt, spät aber erst offenbart er sein Motiv. Auch des Musters eines klassischen Krimis bedient sich King, wenn man bald ahnen kann, dass Douglas, geblendet von seinem Verlangen nach Rache, falsch liegt und dennoch unerbittlich die vermeintlichen Mörder liquidiert, bis er selbst am Ende entsetzt seinen schrecklichen Irrtum erkennen muss.


In seinem Antihelden und der ausschließlichen Fokussierung auf dem Motiv der Rache sowie Lee van Cleef und Henry Silva in den Rollen der Verbrecher weist "Bravados" ebenso schon auf den Italo-Western voraus wie in der Härte und Kompromisslosigkeit einer Lasso- und Lynchszene sowie einer Vergewaltigung.


Brutal ist die Welt und akzentuiert wird dieser Pessimismus noch dadurch, dass der Film gegen Ende bei den nächtlichen Ritten von Douglas zum Schwarzweißfilm tendiert und damit formal wieder an den Anfang anknüpft. Spiegelbildlich zu Douglas selbst wird dabei aber auch gegen Ende einer der Verbrecher als liebender Ehemann und Vater einer Kleinfamilie präsentiert.


Andererseits zeigen sich hinter der Fassade eines Farmers, der scheinbar keiner Fliege etwas zuleide tun kann, Abgründe. – Der äußere Schein trügt so immer wieder und die Grenzen von Gut und Böse verschwimmen, denn auch Pecks Figur ist in seiner Verbohrtheit kaum ein Sympathieträger.


Doch bei allen Vorverweisen auf den Italo-Western trennt die religiöse Komponente, die "Bravados" durchzieht, diesen Film doch wieder von diesem Subgenre. Da stehen nämlich nicht nur die in goldgelb getauchten Kirchenszenen, die Erlösung und Glück versprechen, in Opposition zu den nächtlichen Außenszenen und Pecks dunkler Kleidung, sondern großes Gewicht verleiht King, der schon mit dem Lourdes-Film "The Song of Bernadette" (1943) ein religiöses Drama drehte, auch dem Priester. Mit seinem Plädoyer gegen Rache und für Vergebung fungiert er als moralische Instanz und bildet einen Gegenpol zur Raserei und dem aus Schmerz geborenen Hass von Douglas.


Auch wenn diese Figur ebenso wie die vom späteren "Denver Clan"-Biest Joan Collins gespielte Rancherin, mit der sich für Douglas schließlich ein Weg in eine glückliche Zukunft andeutet, der zentralen Rachegeschichte etwas an Durchschlagskraft nimmt, so bleibt dies insgesamt doch ein bildstarker, bewundernswert ruhig und sicher und bestechend entschlackt und konzentriert erzählter Western.


An Sprachversionen bietet die bei Explosive Media (Vertrieb: Plaion Pictures) erschienene Blu-ray die englische Original- und die deutsche Synchronfassung sowie englische und deutsche Untertitel. Die Extras beschränken sich auf den originalen Kinotrailer, diverse Poster zum Film und eine Bildergalerie.


Trailer zu "Bravados"



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