Ein volles Programm bietet die Jubiläumsausgabe des Internationalen Filmfestivals Mannheim-Heidelberg (11.11. – 21.11. 2021), die parallel als Präsenz- und teilweise als Online-Veranstaltung stattfindet: 16 erste bis dritte Filme im Wettbewerb "On the Rise", 14 innovative Filme von renommierten Regisseuren in der Sektion "Pushing the Boundaries", dazu eine Retrospektive, ein Kinderfilmfest und Hommagen an Claude Lelouch sowie an die Produzentin Bettina Brokemper.
Eröffnet wird das heurige Internationale Filmfestival Mannheim-Heidelberg mit der ägyptisch-französisch-US-amerikanischen Koproduktion "You resemble me", in der Dina Amer anhand der Geschichte eines Mädchens, das von Zuhause flieht, aber sich dann zu verlieren droht, vom Traum nach einem selbstbestimmten Leben erzählt.
Für den mit insgesamt über 50.000 Euro dotierten Wettbewerb "On the Rise", für den nur erste bis dritte Filme zugelassen sind, wurden heuer 16 Filme ausgewählt. Das rumänische Sozialdrama "Crai Nou – Blue Moon", für das Alina Grigore heuer beim Filmfestival von San Sebastian mit dem Hauptpreis ausgezeichnet wurde, läuft hier ebenso wie "Il Buco", in dem Michelangelo Frammartino dialoglos eine süditalienische Höhlenexpedition der frühen 1960er Jahre nachstellt.
Fikret Reyhan wiederum zeichnet in "Catlak – Fractured" anhand einer Großfamilie ein vielschichtiges Porträt der Türkei, während der Japaner Kyoshi Sugita in "Haruharasan no uta- Haruhara-San´s Recorder" sich mit Verlust und Trauer auseinandersetzt. Der Franzose Hubert Viel erzählt in "Louloute" vom Ende kindlicher Unbekümmertheit und mehrere Filme aus unterschiedlichen Regionen rechnen mit patriarchalen Strukturen ab. Der Bogen spannt sich hier von Abdulla Mohammad Saads in Bangladesch spielendem "Rehana" über "Destello Bravio" der Spanierin Ainhoa Rodriguez und dem Blick Kaltrina Krasniqis auf die männerdominierte kosovarische Tradition in "Vera Andrron Detin – Sea" bis zur bulgarischen Gesellschaft in Mina Milevas und Vesela Kazakovas "Woman Do Cry".
Ein Thriller aus Uruguay findet sich hier mit Manuel Nieto Zas "El empleado y el patrón" ebenso wie mit Antoinette Boulats "Ma nuit" ein zartes Teenagerdrama. Der US-Amerikaner Skinner Myers wiederum lässt in "The Sleeping Negro" einen jungen Afroamerikaner in eine Existenzkrise stürzen, während die Argentinierin Agustina San Martín in "Matar a la bestia – To Kill a Beast" von weiblichem Begehren erzählt und der Brasilianer Rodrigo de Oliveira in "Os primeiros soldados – The First Fallen" von Geschlechtergrenzen und deren Überwindung.
Während diese Filmemacher*innen noch an ihrem Durchbruch arbeiten, kann man in der Sektion "Pushing the Boundaries" neue Filme renommierter Filmschaffender entdecken. Mit "Aheds Knie" läuft hier der neue Film des israelischen Berlinale-Siegers Nadav Lapid ("Synonymes") ebenso wie die vierte Regiearbeit von Mathieu Amalric, der in "Serre-moi fort – Für immer und ewig", das Publikum in einen Strudel an Rückblenden und Vorausblenden oder Imaginationen stürzt.
Gespannt sein darf man hier unter anderem auch auf Tilda Swinton in Apichatpong Weerasethakuls "Memoria", Céline Sciammas Kindergeschichte "Petite Maman" oder "Vortex", in dem Gaspar Noé mit Splitscreen vom Alltag eines 80-jährigen Ehepaars erzählt. Herausragend ist aber auch Andrea Arnolds Dokumentarfilm "Cow", in dem die Britin kompromisslos den Leidensweg einer Milchkuh schildert, und Stéphane Brizé präsentiert mit "Un autre monde" ein Sozialdrama über einen Top-Manager in einem moralischen Konflikt.
Die Retrospektive fokussiert mit 14 Filmen auf Wendepunkten und spannt dabei den Bogen mit Haskell Wexlers "Medium Cool" von 1968 über den deutschen Feminismus mit Ulla Stöckls "Neun Leben hat die Katze" bis zu Satayat Rays Blick auf die indische Gesellschaft in seinem Debüt "Pather Panchali".
Der französische Altmeister Claude Lelouch wird in der Sektion "Hommage" ebenso mit vier Filmen, darunter seinem Welthit "Un homme et une femme" gewürdigt wie die Produzentin Bettina Brokemper, zu deren Ehren Lars von Triers "Antichrist", Margarethe von Trottas "Hannah Arendt", Christoph Hochhäuslers "Falscher Bekenner" und Jan Bonnys umstrittenes "Wintermärchen" gezeigt werden.
Dazu kommt ein "Kinderfilmfest", in dem neben neuen Filmen wie der finnischen Produktion "Any Day Now" oder dem französischen Animationsfilm "Calamity" auch der Klassiker "The Black Stallion" wiederaufgeführt wird. Und anlässlich des Jubiläums wurden fünf Festivals von Jerusalem bis Burkina Faso eingeladen, einen Film für das Programm von Mannheim-Heidelberg vorzuschlagen und persönlich vorzustellen, während die Auszeichnung der Britin Andrea Arnold und des Franzosen Guillaume Nicloux mit dem Grand IFFMH Award von der Vorführung ihrer Filme "Fish Tank" beziehungsweise "Les confins du monde" begleitet wird.
Weitere Informationen zum Festival, inklusive das komplette Programm finden Sie hier.
Trailer des 70. Internationalen Filmfestivals Mannheim-Heidelberg
Comments