36 Jahre nach "Top Gun" kehrt Tom Cruise ins Cockpit eines Kampfjets zurück, vor allem aber soll er junge Elite-Piloten für ein Himmelfahrtskommando ausbilden: Die Handlung ist vor allem Füllmaterial zwischen den Flugszenen, doch diese bieten spektakuläre Action und auch nostalgische Reminiszenzen ans Original fehlen nicht.
Dass dem US-Verteidigungsministerium im Abspann gedankt wird, kann nicht verwundern, denn sichtlich hat dieses dieses Sequel wie schon 1986 den ersten Film unterstützt. Wie hier die Kampfjets und vor allem deren Piloten und ihre Flugkünste gefeiert werden, ist reine Werbung fürs Militär und passt ebenso perfekt in eine Zeit der Aufrüstung – auch wenn "Top Gun: Maverick" schon lange vor dem Ukraine-Krieg fertiggestellt wurde – wie vor 36 Jahren "Top Gun" zur reaktionären Reagan-Administration.
Gealtert ist Pete "Maverick" Mitchell (Tom Cruise) zwar mit den Jahren, dass er aber immer noch topfit ist, beweist er schon zum Auftakt mit einer rasanten Motorradfahrt durch die Mojave-Wüste zum Stützpunkt und mit einem anschließenden Testflug, bei dem er die Grenze von Mach 10 durchbricht. Doch weniger geht es letztlich um die Figur als vielmehr um deren Darsteller Tom Cruise, der sich hier präsentieren und beweisen kann.
Ein oft im amerikanischen Kino behandelter Konflikt findet sich auch hier mit dem Gegensatz von straffer militärischer Organisation mit exakten Befehlen und dem Individualisten Maverick, der sich um Autoritäten nicht schert und seinen eigenen Weg geht. Gleichzeitig steht Mitchell aber auch für eine vergangene Zeit, wenn gleich am Beginn ein Admiral (Ed Harris) kostspielige Flugtests einstellen will, da die Zukunft in unbemannten Drohnen liege.
Immer wieder spielt Regisseur Joseph Kosinski vor allem am Beginn mit Reminiszenzen an das Original von 1986, doch Maverick wird nicht in Pension geschickt, sondern an den Stützpunkt versetzt, wo er einst begann. Dort soll er nicht Kampfjets fliegen, sondern junge Elite-Piloten für ein Himmelfahrtskommando ausbilden: Namenlos mag der "Schurkenstaat" bleiben, in dem mittels Luftangriffs eine schwer gesicherte unterirdische Atomanlage zerstört werden soll, doch offensichtlich ist, dass es sich dabei um den Iran oder Nordkorea handeln muss.
Dass die alten Zeiten vorüber sind, wird auch deutlich, wenn sein alter Kontrahent Admiral Tom "Iceman" Kazansky (Val Kilmer) todkrank ist, und die Tochter seiner früheren Geliebten Penny (Jennifer Connolly) inzwischen ein Teenager ist. Vorhersehbar ist, dass hier die Beziehung neu aufflammen muss, während für menschlichen Konflikt bei der Pilotenausbildung sorgt, dass unter Mavericks Schützlingen mit Bradley "Rooster" Bradshaw (Miles Teller) auch der Sohn seines einst ums Leben gekommenen Freundes "Goose" ist.
In gewohnten Bahnen entwickelt sich die Handlung mit Flugtraining, bei dem es fast zu einem Unfall kommt, und am Computer simulierten Flugmanövern, die gleichwohl Spannung dadurch generieren, dass die Gefahr echt wirkt, und gruppendynamischen Prozessen. Bei einem Footballspiel am Strand von San Diego, mit dem die Volleyball-Szene aus dem Film von 1986 variiert und zitiert wird, dürfen die jungen Männer auch ihre durchtrainierten Oberkörper zeigen. Nicht nur hier wird ein machistisches Männlichkeitsbild gefeiert, das völlig aus der Zeit gefallen ist.
Wenig Profil gewinnen aber abgesehen von Maverick und Rooster die Figuren, einzig der Diversität dienen eine Frau und ein Afroamerikaner unter den Piloten. Jennifer Connolly spielt Penny zwar mit viel Gefühl, aber in erster Linie dient sie doch nur dazu, damit notdürftig auch eine Liebesgeschichte eingebaut werden kann.
Denn der Fokus liegt ganz klar auf Ausbildung und militärischem Einsatz. Natürlich legt sich auch hier Maverick mit seinem Vorgesetzten an, riskiert einen Rauswurf, allerdings nur damit bewiesen werden kann, dass es ohne ihn einfach nicht geht. Die persönlichen Konflikte und Beziehungen sind das Schmiermittel zwischen den spektakulären Flugszenen, die das Herz des Films sind.
Hochenergetisches Kino ist das von der Motorradfahrt am Beginn über einen kurzen Segeltörn bis zu den zentralen Flugszenen. Nie stehen dabei freilich die Maschinen im Zentrum, sondern immer der Mensch, der sie steuern und aus ihnen das Letzte herausholen muss. Ebenso altmodisch wie sympathisch ist dieser Actionfilm in der Betonung dieses Handwerks und des menschlichen Einsatzes.
Unterstützt von aufdonnernder Musik werden so pathetisch Leistungsfähigkeit, aber auch Opferbereitschaft und Freundschaft – und schließlich auch die Armee als Hort dieser Freundschaften und des Zusammenhalts gefeiert. – Sieht man über diese Verherrlichung des Militärs hinweg, bekommt man mit "Top Gun: Maverick" einen ganz klassischen und von Nostalgie durchzogenen Actionfilm geboten, der keine große Materialschlacht, kein Geballere und auch nicht zahlreiche Leichen benötigt, sondern mit Flugszenen und im Finale mit packenden Luftkämpfen, bei denen man als Zuschauer*in direkt im Cockpit zu sitzen glaubt, über 130 Minuten ebenso spannend wie nachwirkungsfrei unterhält.
Top Gun: Maverick USA 2022 Regie: Joseph Kosinski mit: Tom Cruise, Miles Teller, Jennifer Connelly, Val Kilmer, Jon Hamm Länge: 131 min.
Läuft derzeit in zahlreichen Kinos
Trailer zu "Top Gun: Maverick"
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