Peter Jacksons Verfilmungen von „Der Herr der Ringe“ und „Der Hobbit“ machten den britischen Autor J.R.R. Tolkien wieder allgemein bekannt. Dome Karukoski versucht in Kindheit und Jugend des Sprachwissenschaftlers die Wurzeln seiner literarischen Inspiration zu finden.
“In a hole in the ground there lived a hobbit.“ – Erst am Ende von Dome Karukoskis Biopic steht der erste Satz von J. R.R. Tolkiens 1937 erschienenem ersten Buch „The Hobbit“. Nicht am literarischen Werdegang und Erfolg Tolkiens ist Karukoski interessiert, sondern vielmehr wie der Brite auf seine fantastischen Geschichten kam.
Da der finnische Regisseur dabei wohl kaum auf verbürgte Fakten zurückgreifen kann, hat er wohlweislich auch auf das einleitende Insert „Nach wahren Begebenheiten“ verzichtet. Historisch verbürgt ist zwar zweifellos, dass Tolkien (Nicholas Hoult) im Ersten Weltkrieg im in der Schlacht an der Somme an der Westfront kämpfte, doch ob die dortigen Erfahrungen wirklich die Basis für die Gestaltung des dunklen Reichs Mordor waren, ist wohl spekulativ.
Zweifellos erschütternd evoziert Karukoski aber den Schrecken dieses Stellungskriegs in den Schützengräben und bildstark lässt er auch die Realität immer wieder in Visionen Tolkiens übergehen, in denen aus Feuerwerfern Drachen werden, sich aus dem Rauch Riesen erheben oder mächtige Reiter in Rüstung mit Lanzen über das Schlachtfeld preschen.
Scharnier des Films sind diese Szenen von der Weltkriegsfront, an der Tolkien, unterstützt von einem Soldaten, der bezeichnenderweise wie der Begleiter in "Der Herr der Ringe" Sam heißt, seinen Freund Geoffrey retten will. Von hier aus blendet „Tolkien“ zurück in die Kindheit, in der Karukoski mit dem grünen englischen Land ebenso schon das Vorbild für das idyllische Auenland wie in kindlichen Ritterspiele für die Kämpfe in seinem klassischen Fantasy-Roman sieht.
Aber auch die Mutter, die bald stirbt, scheint ihren Sohn mit abenteuerlichen Gute-Nacht-Geschichten inspiriert zu haben, ehe mit dem Eintritt in die King Edward´s School ein weiteres zentrales Element im Werk des Philologen ins Spiel. Ist er nämlich zuerst aufgrund seiner Armut ein Außenseiter, gewinnt er bald durch seine Intellektualität drei Freunde, mit denen er einen sich regelmäßig treffenden Bund bildet, der an „Der Club der toten Dichter“ erinnert. Wenn hier immer wieder von „Fellowship“ und „Gefährten“ gesprochen wird, ist das schon eine geradezu penetrante Anspielung auf den ersten Band von „Der Herr der Ring“, der eben diesen Titel trägt.
Bald kommt mit der Musikerin Edith Bratt (Lily Collins) auch die Liebe in Spiel, die ihm nicht nur bewusst macht, dass es bei Wörtern nicht nur um den Klang, sondern mehr noch um die Bedeutung, sondern mit ihrer Begeisterung für die Musik von Wagner und einem Besuch einer Aufführung von „Der Ring der Nibelungen“ auch als weitere Stichwortgeberin für Tolkiens Romane fungiert.
Etwas schematisch pendelt „Tolkien“ zwar zwischen den Szenen im Ersten Weltkrieg und dem beschaulichen Vorkriegsengland, ist aber durchaus solide inszeniert. Allein der Funke will nicht wirklich überspringen. Zu bieder und brav ist letztlich doch die Inszenierung und entwickelt kaum Kraft und Drive.
Zu blass bleiben auch die Figuren und zu wenig in die Psyche seines Protagonisten dringt Karukoski ein, beschränkt sich auf die recht plumpe Verknüpfung von Lebenserfahrungen mit Motiven in Tolkiens Romanen. – Haften bleiben so letztlich vor allem die Szenen vom Stellungskrieg, die drastisch die Gräuel bewusst machen – und die schweren Verluste und das Leid, das diese Schlachten - in diesem Fall für England - brachten.
Läuft derzeit im Cinema Dornbirn
Trailer zu "Tolkien"
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