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  • AutorenbildWalter Gasperi

Matrix Resurrections


Ist die Welt real oder sind die Menschen nur Figuren in einem Computerspiel? – 18 Jahre nach Abschluss der "Matrix"-Trilogie greift Lana Wachowski diese Frage wieder auf: Spektakuläre Action, große Kinobilder, aber auch viele Reminiszenzen ans übermächtige Original und allzu lange Dialoge.


Die Zeitenwende zum 3. Jahrtausend und das Aufkommen des Internet waren Momente, die die Reflexion über die Realität im Film befeuerten. David Cronenberg setzte sich damit in "eXistenZ" (1999) ebenso auseinander wie Peter Weir in "Truman-Show" (1998), doch zum Kultfilm wurde "Matrix" (1999) der Wachowski-Geschwister. Mit spektakulärer Action verbunden mit Martial-Arts-Kämpfen und dem neu entwickelten Bullet Time-Effekt verpackten sie Platons Höhlengleichnis, angereichert mit zahlreichen weiteren mythologischen und biblischen Anspielungen in einen sensationell erfolgreichen Blockbuster. 2003 folgten mit "Matrix Reloaded" und "Matrix Revolutions" gleich zwei Fortsetzungen, enttäuschten aber sowohl Publikum als auch Kritik.


18 Jahre später greift die Transgender-Frau Lana Wachowski den Stoff wieder auf und knüpft direkt an die Trilogie an. Der Titel "Resurrections" kann so sowohl auf die Wiedererstehung des Films als auch auf die Figuren und ihren neu ausbrechenden Kampf gegen die Schöpfer der Matrix, die die Menschen in Abhängigkeit und Unfreiheit halten, verstanden werden.


Sichtlich gealtert ist Protagonist Thomas Anderson alias Neo (Keanu Reeves). Mit langen Haaren, ungepflegtem Bart und leerem Blick wirkt er psychisch schwer angeschlagen. Er ist zwar ein sehr erfolgreicher und preisgekrönter Game-Designer, doch über die Runden scheint er nur durch regelmäßige Sitzungen bei seinem Analytiker und zahlreiche Medikamente zu kommen.


Selbstreferentiell und selbstironisch beginnt der Film dabei, wenn das erfolgreichste Spiel Andersons "Matrix" ist, zu dem er schon drei Teile geschaffen hat, nun aber die Bosse von Warner Bros. einen vierten Teil fordern. Wenn geklagt wird, dass immer die gleiche Geschichte erzählt werde, soll das unübersehbar auch als Kritik an den zahlreichen Fortsetzungen und Remakes, die in Hollywood entstehen, gelesen werden.


Parallel zu diesem tristen Leben Andersons in der kühlen, aber perfekt ausgestatteten Bürowelt San Franciscos dringen die junge Bugs (Jessica Henwick) und eine verjüngte Version des Afroamerikaners Morpheus (Yahya Abdul-Mateen II) in diese Welt ein und wollen Anderson mit einer roten Pille die Augen für die Scheinwelt öffnen, in der er lebt, und ihn in die Freiheit führen.


Zeigt er zunächst wenig Interesse daran, ändert sich seine Meinung als er im Café, das mit dem Namen Simulatte schon auf die Scheinwelt verweist, Tiffany (Cary-Ann Moss) entdeckt, die ihn an seine einstige Geliebte Trinity erinnert. Immer stärker werden so auch seine Erinnerungen an seine einstige Rolle als Erlöser Neo und immer wieder zitiert Wachowski mit kurzen Flashbacks das Original, variiert aber auch immer wieder dortige Szenen und Dialoge.


Nostalgische Erinnerungen werden so geweckt und auch der Alterungsprozess der Schauspieler Keanu Reeves, der nur auf Präsenz setzt, aber ausdrucksmäßig wenig zu bieten hat, und Carey-Ann Moss wird betont, doch schwer lastet auf "Matrix Resurrections" die intensive Bezugnahme aufs Original. Denn wenig Neues wird auf der Handlungsebene geboten und die allzu langen Dialoge sind vielfach mehr pseudophilosophisch als wirklich Tiefe zu besitzen.


Ziemlich unübersichtlich macht den Film auch, der permanente Wechsel zwischen Matrix-Welt und der Kommandostelle der Widerstandskämpfer, in der die wahren Menschen im Dämmerzustand in Tanks liegen. Große Bildererfindungen gelingen Lana Wachowski, die den Film ohne ihre Schwester Lilly drehte, nicht nur mit den käferartigen Maschinen dieser Unterwelt zwar und auch die Action- und Kampfszenen sind durchaus auf der Höhe der Zeit, aber im Zentrum steht die ziemlich simple Liebesgeschichte zwischen Anderson und Tiffany / Trinity.


Nicht um einen Erlöser für die ganze Menschheit, sondern (nur) um die Befreiung der Geliebten aus ihrem Alltagstrott mit Mann und Kindern geht es und um die Frage, ob sie sich für dieses geordnete und sichere Leben in der Matrix oder aber für die Freiheit und damit auch die Verfolgung durch die Spielemacher entscheidet.


Da gibt es dann nicht nur eine spektakuläre Flucht auf dem Motorrad durch die Straßen von San Francisco, bei der auch Menschen als Bomben eingesetzt werden und von den Wolkenkratzern regnen, sondern auch die Rolle der Frau wird zeitgemäß in einem wiederum starkem Kinobild über dem Himmel der Stadt deutlich aufgewertet. – Sehen lassen kann sich das durchaus, lebt aber ganz vom Rückblick aufs Original und stößt im Gegensatz zu diesem nie Türen in die Zukunft auf.


Läuft derzeit in den Kinos


Trailer zu "Matrix Resurrections"



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