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AutorenbildWalter Gasperi

I am Greta


Nathan Grossman zeichnet den Weg der schwedischen Klimaaktivistin Greta Thunberg vom Beginn ihrer Klimastreiks 2018 bis zu ihrer Rede beim UN-Klimagipfel im September 2019 nach. – Nah dran an Greta ist der Film, aber dennoch bleibt sie seltsam fern, da Grossman es nicht gelang die Fülle an Material auch wirklich zu durchdringen.


Mit Bildern von der Atlantiküberquerung Greta Thunbergs im Sommer 2019 mit der Hochsee-Rennyacht "Malizia II" setzt "Greta" ein und die wogenden Wellen sollen wohl Metapher für den Sturm sein, den sie im Jahr zuvor als 15-Jährige mit ihrem Klimastreik weltweit ausgelöst hat. Seltsam in der Luft hängt aber dieser Einstieg, denn erst gut eine Stunde später kehrt Nathan Grossman zu dieser Szene zurück.


Chronologisch wird nach diesem Auftakt Gretas Weg nachgezeichnet. Auf eine rasante Abfolge von Statements von Klimaleugnern, die von Bildern von Waldbränden, Überschwemmungen, Stürmen und rauchenden Industrieschloten kontrastiert werden, folgt Gretas erster Klimastreik vor dem schwedischen Parlament Ende August 2018. Reagieren Passanten zunächst kaum darauf, so findet sich doch langsam eine zunehmend größere Zahl von Jugendlichen ein, die sich an Gretas Streik beteiligen.


In der markanten und einprägsamen Gegenüberstellung des zunächst allein vor dem großen Parlamentsgebäude sitzenden, nur 1,50 Meter großen Mädchens und der wachsenden Menge, macht Grossman eindrücklich bewusst, was ein Einzelner in Gang setzen kann. Immer wieder wird die Strahlkraft Gretas beschworen, wenn mehrfach emphatisch die sich weltweit ausbreitende "Fridays for Future"-Bewegung ins Bild gerückt wird.


Kontrast dazu sind Thunbergs Reden beim Klimagipfel in Kattowitz 2018, vor der EU in Brüssel oder im Europäischen Parlament in Straßburg. Ihrem Engagement stehen hier Lippenbekenntnisse der Politiker gegenüber. Gleichzeitig zeigt Grossman auch, wie sich die Öffentlichkeit gern mit Greta schmückt, jeder mit ihr ein Selfie machen möchte und sich Politiker vom französischen Präsidenten Emanuel Macron bis zu Papst Franziskus - wohl mehr aus Publicity-Gründen als aus echtem Interesse - mit ihr treffen.


So sehr die Fülle der Szenen aber einen Eindruck von Gretas dichtem Terminplan vermitteln, so wenig durchdringt Grossman das Material. Statt zu gestalten und zu verdichten, beschränkt er sich vielmehr darauf die Aufnahmen aneinanderzureihen. Auch mit den Bildern aus dem Privatleben Gretas kommt er seiner Protagonistin letztlich nicht näher. Wenig bringen speziell die privaten Videos der Thunbergs zur Kindheit Gretas, auch ihr Asperger-Syndrom wird mehr behauptet als wirklich erfahrbar.


Den Kontrast zwischen öffentlichen Auftritten und einem Teenager, der sich gerne um seine Hunde oder sein Pferd kümmert und auch einmal ausgelassen tanzt, wird zwar ebenso aufgezeigt, wie der Stress und die Krisen, die die vielen Termine und Reden auslösen, nur spüren lässt einem diese oberflächliche Szenenfolge leider nichts.


Auch die konsequente Fokussierung auf der Protagonistin und ihrer Perspektive verhindert den Aufbau von Vielschichtigkeit und Ambivalenzen, die diesem Dokumentarfilm Reibungen und Spannung verleihen hätten können. Weil Grossman, der zunächst nur einen Kurzfilm über Gretas Schulstreik drehen wollte, nur zahlreiche Eindrücke aneinanderreiht, aber nichts vertieft, funktioniert "Greta" weder als schillernder Porträtfilm noch als aufrüttelnder Dokumentarfilm über den Klimawandel. Statt haften zu bleiben und nachhaltig zu wirken, verpuffen so - mit wenigen Ausnahmen - Bilder und Szenen rasch.


Läuft derzeit in den Kinos - z.B. Metrokino Bregenz, Kinothek Lustenau, Kinok St. Gallen, Skino Schaan


Trailer zu "I am Greta"



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