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  • AutorenbildWalter Gasperi

En corps - Das Leben ein Tanz


Ob klassisches Ballett, Hip-Hop-Battle oder zeitgenössischer Tanz. – Mitreißend sind die Tanzszenen, nicht ganz mithalten kann damit in Cédric Klapischs Feelgood-Movie die Geschichte um eine junge Balletttänzerin, die sich nach einer Verletzung neu orientieren muss.


Cédric Klapisch fackelt nicht lange, sondern versetzt die Zuschauer*innen sofort mitten hinein in eine Aufführung des Balletts "La Bayadère" ("Die Tempeltänzerin"). Spürbar ist die Anspannung der jungen Tänzerin Elise (Marion Barbeau) vor ihrem Auftritt. Sicherheit scheint ihr ihr Tanzpartner und Freund Julien mit einem Kuss zu geben, doch wenig später beobachtet sie verstört, wie er eine andere Tänzerin küsst.


Enorme Sinnlichkeit entwickeln diese teils in Blau, teils in Rot getauchten Szenen hinter und auf der Bühne, auf der die Tänzer*innen in ihren weißen Tutus das Publikum im voll besetzten Pariser Théâtre du Châtelet begeistern. Auch Elise brilliert, die mit Marion Barbeau von der Primaballerina der Opéra de Paris gespielt wird. Umso größer ist der Schock und fast physisch spürbar ist der Schmerz, als plötzlich bei einem Sprung der Knöchel mit einem lauten Krachen bricht und sie mit Schmerz verzerrtem Blick auf der Bühne liegen bleibt.


Die Ärztin empfiehlt ihr dringend ein bis zwei Jahr Pause und eine Operation, doch für die 26-Jährige würde das vermutlich das Ende der Karriere bedeuten. Ihr Vater (Denis Podalydès) wiederum erklärt ihr, dass sie doch besser Ius hätte studieren sollen, kann man geistige Tätigkeiten normalerweise doch bis ins hohe Alter ausführen, während man bei körperlichen Tätigkeiten wie Sport oder Tanz so etwa ab 35 Jahren ein neues Leben beginnen müsse. Elise kontert, dass sie dann immerhin zwei Leben habe.


Um Klarheit über ihre Zukunft zu gewinnen, nimmt sie sich eine Auszeit. Sie begleitet ein befreundetes Paar mit dessen Food-Truck in die Bretagne, wo dieses in einem Landhaus, das die Besitzerin unterschiedlichsten Künstler*innen als Probenraum zur Verfügung stellt, fürs leibliche Wohl der Gäste sorgen soll. Wenn Elise dabei als Küchenhilfe mitarbeitet, kann Klapisch auch leidenschaftlich die Kunst des Kochens feiern.


Bald stellt sich nach einem Kammerorchester und einem Chor aber auch die zeitgenössische Tanzgruppe des israelischen Choreographen Hofesh Shechter ein. Von Shechter, der sich ebenso wie seine Tänzer*innen selbst spielt und auch für die Choreographie und die Musik des Films verantwortlich zeichnet, ermuntert, findet Elise hier nicht nur langsam eine neue tänzerische Heimat, sondern auch eine neue Liebe.


So steht am Ende den fulminanten Ballettszenen am Beginn eine mitreißende und feurige Aufführung zeitgenössischen Tanzes gegenüber. Wenn dabei an die Stelle des Tutu Alltagskleidung und als Aufführungsort an die Stelle des ehrwürdigen Pariser Théâtre du Châtelet La Grande Halle de la Villette tritt, dann wirft Klapisch auch die Frage auf, ob Ballett denn noch zeitgemäß sei.


Traditionelle Rollenbilder werden auch schon zuvor kurz hinterfragt, wenn eine Freundin Elises bei einem Fotoshooting den Fotografen beschimpft, als dieser das Model im Hochzeitskleid knieend vor dem Mann fotografieren will.


Doch diese gesellschaftlich relevanten Akzente bleiben Beiwerk, wie die Handlung überhaupt mit den furiosen Tanzszenen nicht mithalten kann. Auch wenn Marion Barbeau Elise mit großer Natürlichkeit und physischer Präsenz spielt, dient diese Figur in erster Linie doch dazu, dem Film eine Linie zu verleihen und die Tanzszenen in eine Handlung einzubetten.


Leichthändig erzählt Klapisch zwar von Elises Liebesnöten und Liebesfreuden ebenso wie von ihren Problemen mit ihrem Vater, von dem sie sich nicht geliebt fühlt, doch Gewicht gewinnen vor allem die Tanzszenen, zu denen auch noch ein fulminanter Hip-Hop-Battle auf einem Pariser Platz zählt.


Hier kann Klapisch, der schon 2010 mit "Aurélie Dupont, L´espace d´un instant" einen Dokumentarfilm über eine Balletttänzerin drehte, nicht nur dieser Leidenschaft frönen, sondern auch einen Eindruck von der Vielfalt des Tanzes vermitteln. Wie dabei in intensiven Szenen hautnah ein Rausch der Bewegungen entfesselt und die Beweglichkeit des menschlichen Körpers und damit auch Vitalität und Lebenslust gefeiert werden, das ist das Ereignis von "En corps".

En corps – Das Leben ein Tanz Frankreich / Belgien 2022 Regie: Cédric Klapisch mit: Marion Barbeau, Hofesh Shechter, Denis Podalydès, Muriel Robin, Pio Marmaï, François Civil, Souheila Yacoub, Mehdi Baki Länge: 117 min.


Läuft derzeit in den Kinos, z.B. im Kinok St. Gallen und im Skino Schaan.


Trailer zu "En corps - Das Leben ein Tanz"



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