Scott Z. Burns zeichnet die akribische Arbeit des Senatsmitarbeiter Daniel Jones nach, der 2009 den Auftrag erhielt, einen Bericht über die mit Folter verbundenen Verhörmethoden des CIA nach den Anschlägen von 9/11 zu erstellen. – Ein nüchterner, aber hochspannender Politthriller, der auch Einblicke in die pragmatischen politischen Mechanismen in den USA bietet.
Nachdem 2007 die New York Times ein Bericht über die Vernichtung von zahlreichen Bändern mit Aufzeichnungen von Folterungen durch die CIA veröffentlicht hatte, wollte die kalifornische Senatorin Dianne Feinstein (Annette Benning) der Sache auf den Grund gehen. Ein Untersuchungsausschuss wurde einberufen, für den Daniel Jones (Adam Driver) mit einem kleinen Team von Mitarbeitern einen Bericht über das Vorgehen der CIA bei der Terrorismusbekämpfung nach 9/11 erstellen sollte.
Weil die CIA jede Zusammenarbeit verweigerte, gestalteten sich die Ermittlungen schwierig und zogen sich über drei Jahre hin, bis Jones einen 7000-seitigen Bericht präsentieren konnte, in dem er nicht nur akribisch Einzelfälle nachzeichnete, sondern auch die Ineffektivität der Verhörmethoden aufzeigte. Daraus erstellte Jones eine 400-seitige Kurzfassung, deren Veröffentlichung aber gegen CIA und Weißes Haus erst erkämpft werden musste.
Die Fakten sind bekannt, daraus dennoch einen packenden Politthriller ist eine Kunst. Scott Z.. Burns, der sich bisher vor allem als Drehbuchautor für Steven Soderbergh („Contagion“, „Side Effects“, „The Laundromat“) einen Namen gemacht hat, konzentriert sich ganz auf die Arbeit des von Adam Driver zurückhaltend gespielten Dan Jones. Privatleben scheint dieser Mann nicht zu haben, nur zweimal sieht man ihn beim Joggen, nie in seiner Wohnung, sondern immer im kahlen fensterlosen Großraumbüro im Untergeschoss eines Gebäudes oder bei Besprechungen im Büro von Senatorin Feinstein.
Während eine Mitarbeiterin bald kündigt, verbeißt sich Jones zunehmend in dem Fall und man sieht, wie ihn die Recherchen und Erkenntnisse, aber auch die enormen Widerstände, auf die er stößt, zunehmend auch psychisch belasten.
Keine Wärme gibt es in diesem Film. Die kalten Blau- und Grautöne des Büros und der Anzüge betonen die Nüchternheit der Recherchen, während in den formal durch Überbelichtung und schmutzige Farben abgehobenen Rückblenden Einblick in die brutalen Foltermethoden des CIA mit Waterboarding, Schlafentzug mit Dauerlicht und Heavy-Metal-Musik, Scheinbegräbnis bis zu rektaler Rehydration geboten wird. – Schwer zu ertragen sind diese Szenen.
Aber es geht eben nicht nur um die Erstellung dieses Berichts und die Aufdeckung der Foltermethoden der CIA, die euphemistisch als „Enhanced Interrogation Techniques“ („verbesserte Befragungstechniken“) bezeichnet wurden, sondern auch um den Kampf für die Veröffentlichung, bei dem Einblick in die politischen Spiele in den USA geboten werden.
Während nämlich die Demokraten für die Veröffentlichung kämpfen, stellen sich die Republikaner dagegen und gleichzeitig zeigt sich auch, dass Präsident Obama umschwenkt, um als Gegenleistung von den Republikanern Unterstützung bei seinen Vorhaben zu erhalten.
Und wie zuletzt in „Official Secrets“ geht es schließlich auch hier um „Whistleblowing“ als Verrat oder heldenhaftes Verhalten. Auch Jones wird vor dieses Dilemma gestellt, wurde aber aufgrund der offiziellen Veröffentlichung einer Entscheidung enthoben.
Wie Jones akribisch recherchierte, so lebt auch das Kino-Regiedebüt von Scott Z. Burns von genauer Recherche, Fokussierung auf den Fakten und schnörkelloser Inszenierung, bei der durch treibende Musik immer wieder die Spannung gesteigert wird. In der Tradition klassischer investigativer Journalistenfilme wie Alan J. Pakulas Watergate-Klassiker „All the President´s Men“ oder zuletzt Steven Spielbergs „The Post“ steht „The Report“ damit.
Klar bezieht der Film dabei Stellung nicht nur gegen die menschenrechtswidrigen bestialischen Verhörmethoden und gegen die scheinbare Allmacht der CIA, die selbst die Untersuchungen des Senats ausspioniert, sondern auch gegen die Vertuschungsversuche und plädiert für lückenlose Aufdeckung und Information der Öffentlichkeit.
Bis in den Nachspann wird dabei Kritik an den politischen Praktiken geübt, wenn Inserts informieren, dass nach Veröffentlichung des an vielen Stellen geschwärzten Berichts niemand wegen der Folterungen angeklagt, sondern viele der Beteiligten sogar befördert wurden. – Ändern wird daran auch dieses starke und politisch engagierte Kinostück nichts, Missstände aufzudecken und bewusst zu machen und das Publikum damit aufzurütteln, ist aber kein kleines Verdienst.
Läuft derzeit im Kinok St. Gallen und im Skino Schaan
Trailer zu "The Report"
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